Stullenstapel mit gezupftem Sauerbraten
28. Dezember 2020
Maria und Josef mussten sich aufgrund einer kaiserlichen Anordnung auf den Weg zur Volkszählung machen. Maria wusste, dass sie während der Reise ihr Kind zur Welt bringen würde. Eine solche Aussicht würde die verwöhnten Zeitgenossen, die heute „querdenken“ oder ähnlich abwegigen Gedankengespinsten aufsitzen, völlig überfordern. Man denke sich ein Neugeborenes in einem zugigen Unterstand, gehüllt in Gegenstände aus der Altkleidersammlung. Man stelle sich Alte und Siechende vor, gnadenlos auf die Reise zu Fuß geschickt, unterstützt lediglich von weisen Hirten und Engeln, die vom himmlischen „Licht“ erleuchtet wurden und Glauben und Zuversicht an eine wohlwollende Zukunft verbreiten.
Dieses Narrativ ist es, das uns zeigt, dass wir auch im Erleben einer Pandemie längst noch nicht am Ende der Zivilisation angelangt sind. Unsere Zivilisation und Gemeinschaft wird vielmehr von denjenigen Menschen gefährdet, die nicht in der Lage sind, ein Quäntchen Rücksicht zu nehmen, und auf Teufel komm heraus „Schlupflöcher“ zum Shoppen suchen und auf der „Flucht gegen die Langeweile“ sind. Sträflich agierende Irre, die aus Übermut und Ignoranz Krankheit und Tod für sich selbst und andere in Kauf nehmen. Die sagen, es sei „ihre“ Sache, welches Risiko sie auf sich nähmen, und die dann unter Umständen die Intensivbetten belegen und Krankenhaus-Personal an die Grenzen bringen. Unverantwortliche, deren Weg gesäumt ist von Opfern.
Coronadaten
Stand der Pandemie zum 28. Dezember 2020: rund 81 Millionen Infizierte und 1,77 Millionen Tote weltweit (Quelle: Johns Hopkins University).
Ruhe vor dem Sturm
Einige Menschen sagten mir, dass sie sich auf Ruhe an Weihnachten gefreut hatten. Einmal nicht herum hektisieren, nicht Berge von Lebensmitteln einkaufen, nicht planen müssen, was aufgetischt werden soll. Ein Freund erzählte mir, er freue sich sehr darauf, einmal eine Gans nur für die fünfköpfige Familie zu schmoren, während sie im Ofen gart, mit den Kindern spazieren zu gehen, Spiele zu spielen und schöne Filme zu schauen. So habe ich mir Weihnachten immer vorgestellt, wenige Male ist uns die Umsetzung gelungen. Dieser Zwang, in einen Sog gezogen zu werden, hat mich nie glücklich gemacht. Ich feiere gerne, doch nicht gezwungenerweise zu verordneten Anlässen. Ein solch verordneter Anlass ist für mich immer schon der Jahreswechsel gewesen. Ich kann Silvester nicht leiden. Ich mag mir nicht die Zeit mit Fondue vertreiben, bis die verhassten Böller, die ohnehin schon seit Nachmittag abgefackelt werden, in ihr dissonantes Crescendo übergehen. Ich habe es noch nie laut gemocht, der Gestank und der Schmutz am nächsten Morgen gehen mir gegen den Strich. Ich bin ein Mensch der leisen Töne und der Beschaulichkeit.
Knalleffekte
Auf die Straße gehen, während mir Raketen und Böller um die Ohren pfeifen, war nie mein Ding. Seit ich als Kind mit ansehen musste, wie dem Onkel die Böllertüte vor der Brust explodierte, weil ein wenig Zigarrenglut heruntergerieselt war, sah ich ein Risiko im Laien-Feuerwerk. Nichts gegen eine schöne, professionelle Inszenierung, die weniger kracht, jedoch umso bezaubernder aussieht. Der Abend war damals verdorben, weil die zu Weihnachten geschenkte Oberbekleidung des Onkels angekokelt war. Die Tante hat noch am nächsten Morgen geschmollt.
Viele Jahre später ließen wir uns auf eine Silvesterparty bei Freunden ein, und diese endete ebenso unschön, nämlich mit dem Notarzt. Auch hier war die Tüte mit dem Knallkörper-Vorrat unmittelbar vor einem Gesicht in die Luft gegangen und der Böllerfreund konnte vorübergehend nichts sehen, hatte die Haare und Brauen versengt und eine mandarinengroße Beule vor der Stirn. Patent von Natur aus versorgte ihn der Liebste notfallmäßig im Bad. Was die Menschen an dem Krach finden, hat sich mir nie erschlossen.
Der leise Gang ins neue Jahr
Wir bleiben Silvester zu Hause, machen uns eine Flasche Crémant auf und richten uns etwas Leckeres zu essen. Ohne Mühe, gut vorzubereiten und so, dass man sich darauf freuen kann. Ein langer Abend in unserem gemütlichen Haus mit vielen Kerzen und schöner Musik. Wie könnten wir das neue Jahr besser begrüßen! Gerne stoßen wir auf das an, was da noch kommt!: „Wenn ich so an all das denk' Will ich, dass es jetzt beginnt!“ (Max Giesinger und Lotte, es lebe schöne Pop-Musik!)
Was jetzt beginnt, das weiß man nicht. Jeder hat seine Hoffnungen, und das ist gut so. Mögen viele Wünsche in Erfüllung gehen. Mögen die zu futternden Stullen des kommenden Jahres Körper und Gemüt leicht zugänglich und förderlich sein, frohen Erwartungen den Weg bereiten. Mögen uns Berge von Stullen gemeinsam Freude bescheren. Verschlingen wir Stapel davon und umarmen wir uns währenddessen. Viele Tipps habe ich für den Grundbaukasten eines „Stullenstapels“ schon einmal bereitgestellt.
Mein Lieblingsbaukasten
Den Baukasten kann man beliebig ausbauen. Gekochte Eier in Scheiben geben Milde. Eine hauchdünn gehobelte Salatgurke schenkt Knackigkeit, eingelegte Paprika oder Tomaten bringen zusätzlich Umami. Wer Käse liebt, legt Räucherkäse zwischen die Schichten oder aber in feine Scheiben geschnittenen Manouri. Statt dem gezupften Sauerbraten ist jeder andere Bratenrest willkommen, auch Ente, Gans oder sonstiges Geflügel sowie Räucherfisch können den Stapel schmücken. Und wer partout keine Bratenreste hat, der nimmt Roastbeef-Aufschnitt oder Pastete her. Ein jeder soll das neue Jahr mit der Stulle seines Geschmacks willkommen heißen. Ich wünsche allen, dass 2021 bereichernd ist!
Auf jedes Stolpern, jedes Scheitern.
Es bringt uns alles ein Stück weiter zu uns,
auf das, was da noch kommt.
Auf das, was da noch kommt.
Auf Euphorie und alles Leichte,
Hoff', das wird lange noch so bleiben für uns.
Auf das, was da noch kommt.
- Brot mit Knoblauchbutter bestreichen.
- Vor dem Stapeln mit der Paprikacreme bestreichen.
- Spinat verlesen, Dressing rühren.
- Spinat durch die Marinade ziehen.
- Zerzupftes Fleisch mit Gewürzen vermengen. Nach Belieben Kräuter oder Kapern dazugeben.
- Brot abwechselnd mit Fleischmasse, Spinat, Tomaten und Pilzen stapeln.
Das Brot dünn mit Knoblauchbutter bestreichen. Das verhindert, dass die Brotscheiben aufweichen. Vor dem Stapeln mit der Paprikacreme bestreichen. Spinat verlesen, aus Essig, Öl, Salz, Pfeffer und Zucker ein Dressing rühren. Spinat vor dem Belegen durch die Marinade ziehen. Zerzupftes Fleisch mit Senf, Mayo evtl. etwas Salz und Pfeffer vermengen. Nach Belieben Kräuter oder Kapern dazugeben. Brot abwechselnd mit Fleischmasse, Spinat, Tomaten und Pilzen stapeln.
(Zutaten für 4 Dreifachdecker)
Menge | Zutat |
---|---|
12 Scheiben |
Hauchdünn aufgeschnittenes Brot |
2 EL |
Knoblauchbutter |
Ca. 3 bis 4 Hand voll |
Rest von mürbem Sauerbraten (zerzupft) |
2 gute Hand voll |
Babyspinat-Blätter (oder Blutampfer) |
6 bis 8 |
Steinchampignons (in dünnen Blättchen) |
6 bis 8 mittelgroße |
Kirschtomaten (in Scheiben) |
Frische Kräuter |
z. B. Koriander (vor dem Servieren fein hacken) |
4 gehäufte EL |
Mayonnaise (beste Qualität) |
4 gehäufte EL |
Ajvar |
1 TL |
Dijonsenf |
1 EL |
körniger süßer Senf |
1 EL |
milder Weißweinessig |
1 EL |
Olivenöl |
|
Salz, Pfeffer, Zucker |