Tomaten-Brot-Suppe
7. April 2019
Reports wie der „Freizeitmonitor“ der „Stiftung für Zukunftsfragen“ oder der „Ernährungsreport“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft beschäftigen sich mit den Freizeit- und Ernährungsgewohnheiten der Deutschen. Was fangen sie an mit ihren durchschnittlich sieben Stunden Freizeit am Tag? Seit vielen Jahren in Folge steht das „Fernsehen“ als liebste Freizeitbeschäftigung an erster Stelle. Für die sechs häufigsten Beschäftigungen wird ein technisches Gerät benötigt. Neben Fernseher, Radio und MP3-Player, eine Basis fürs Surfen im Netz und, ganz wichtig, stationäre oder mobile Telefone. Eine skurrile Einlage: In den Sechzigerjahren lag „Aus dem Fenster schauen“ auf einem der ersten Plätze. Jugendliche „Fernseher“ bedienen sich eher der Mediatheken und sind zeitversetzt und mobil mit ihren Smartphones unterwegs. Das Faulenzen und Garnichtstun, zu Neudeutsch „Chillen“, kommt mehr und mehr zu kurz. Man trifft sich seltener mit Freunden, stattdessen wird telefoniert, gechattet oder das gesprochene Wort wird komplett eingestellt und man schickt eine „WhatsApp“. Viele Menschen beklagen nun dieses „virtuelle Alleinsein“ und sind seiner überdrüssig. Sie möchten gerne mehr Zeit mit Freunden verbringen und „in echt“ ihren Spaß miteinander haben. „Wie wär’s mal wieder mit 'nem Bierchen?“
Der Wunsch nach Langsamkeit
Studien haben herausgefunden, dass es eine gewaltige Diskrepanz gibt zwischen dem, was Menschen gerne tun möchten, und dem, was sie tatsächlich tun. Im Grunde wollen viele ihr Leben entschleunigen, entkomplizieren, „runter takten.“ Sie schaffen es nicht, weil sie sich von „den Medien“ bedrängt, überflutet und gar plattgemacht fühlen. Nicht mehr die Vernunft steuert das Handeln, sondern der Drang nach allgegenwärtiger Präsenz hat das Ruder übernommen. Man kann nicht mehr anders, weil man es nicht schafft, diejenigen Geräte auf „stumm“ zu schalten, die klüger und dosiert genutzt äußerst gewinnbringend sein können. Das Gefühl von Unaufschiebbarkeit wird unheilvoll genährt durch vermeintliche Dringlichkeit und Wichtigkeit. Das Sortieren unterbleibt, es wird überreagiert. Eine Flut von Ereignissen übermannt die Menschen und Freizeit fühlt sich immer knapper an. „Meine Freizeit wird immer stressiger. Dauernd will einer was von mir. Ununterbrochen muss ich Entscheidungen treffen!“ In der Tat können bis zu 20.000 zu treffende Entscheidungen pro Tag nerven.
Reize, die reizen
Entsetzlich ist, dass viele der Geplagten selbst ihre Freizeitaktivitäten, die eigentlich zum Entspannen und sich Freuen beitragen sollten, danach ausrichten, was gerade angesagt ist und was sich gut posten lässt. Man will schließlich im Netz eine gute Figur abgeben. Sein Profil schärfen, am Image basteln. Das ist wichtig in Zeiten von „Social Media“. Die Akzeptanz der Gemeinschaft ist alles: Daumen hoch! Schon wieder fieser Stress! Kaum einer bringt noch die Geduld auf, sich mehr als eine Stunde mit ein und derselben Sache zu beschäftigen. Schon muss ein neuer Reiz her. Hätte man nicht die ungezählten „Selfies“, wäre das Erlebte schnell vergessen. Ach ja: Die Schnappschüsse sollten ordentlich sortiert und abgelegt sein. Das kostet Extrazeit!😟 So und nicht anders erleben es täglich tausende Menschen. Das klingt furchterregend, ist aber nicht hoffnungslos. Man kann sich aus diesem Kreislauf befreien, wenn man sich entscheidet, was man aufgreift und was man besser aussortiert! Was man tut, erledigt man bewusst und in Ruhe, denn die wünschen sich immer mehr Menschen. „Endlich Schluss mit dem ständigen Gebimmel!“
Es war im Tomatenjahr
Dies ist ein Foodblog und kein Portal für Lebenshilfe, jedoch kann Kochen eine Art von Lebenshilfe sein. Der gestresste Leser lasse sich doch einmal auf folgendes Szenario ein. Sie und er schlendern am Samstag Arm in Arm über den Markt und kaufen, wonach der Sinn steht. Gehen noch einen gepflegten Latte trinken und machen es sich dann in der heimischen Küche gemütlich. Spintisieren wir weiter: Der Markt quoll über von Tomaten, denn es ist ein Tomatenjahr. Beste Bedingungen durch wenig Nass von oben und viel Sonne lassen sie im Übermaß reifen. Leuchtend rot lachen sie einen an. Nicht ganz so regelmäßig gewachsene Früchte, oder solche, die einen kleinen Fleck haben, bekommt man für kleines Geld und nimmt sie mit! Was man mit so vielen Tomaten soll? Ganz einfach: Man weckt sie ein. Macht sich unter anderem würziges Sugo oder gepickelte Kirschtomaten. Dazu läuft das Radio im Hintergrund: „Alexa, ich möchte Radio Swiss Jazz hören!“. Es wird entspannt geplaudert und in schönstem Einklang gewerkelt. Ist es schon Nachmittag, darf es ein Gläschen Weißer sein. Besser geht es nicht, und man kann auf diese Weise dann im Winter immer mal ein wenig Sommer in die Küche zaubern. Von Urlaub und Sonne träumen. Das ist viel schöner als Fernsehen!
Das Beste an dieser Geschichte ist, dass sie sich genauso zugetragen hat. Reichlich Sugo gibt es noch im Keller. Der Sinn steht mir nach Tomaten mit einem üppigen und raffinierten Auftritt. Lieben wir im Sommer jede Art von Tomaten-Brot-Salat, gibt es heute eine Tomaten-Brot-Suppe. Eigentlich ein Resteessen mit eher bäuerlichem Charakter. Tomaten, weiße Bohnen, Mozzarella, Basilikum und Pinienkerne sind bei mir als Zutaten gesetzt. Sie treten heute unterschiedlich gewandet auf: Im Suppenteller dürfen sich auf fruchtigem Kirschtomaten-Bohnen-Gemüse kleine Kugeln vom Büffelmozzarella betten und von unten ganz zart schmelzen. Das Brot ertrinkt nicht in der Suppe, sondern sitzt keck auf dem Tellerrand. Vom Liebsten in genau der passenden Krümmung gebacken, kommt es als bumerangähnliches Crostini mit charaktervoller Bohnencrème und einem kleinen Salat aus Kirschtomaten und dem restlichen Mozzarella daher. Bevor mein Bumerang wegfliegt, landet er auf direktem Weg im Mund. So was von lecker, so was von sommergefühlig und so was von stimmungssteigernd! Bitte nachkochen! Und nächsten Sommer feinste Früchte hamstern und Vorräte anlegen!
Die Suppe
- Wurzelgemüse und Staudensellerie fein würfeln. Zwiebel und Knoblauch fein hacken.
- Zusammen in Olivenöl leicht Farbe nehmen lassen, Tomatenmark und Zucker hinzufügen, karamellisieren.
- Mit Wermut und Weißwein ablöschen, kurz einkochen lassen.
- Stückige Tomaten einfüllen, salzen.
- Lorbeerblätter, Wacholderbeeren, Ingwerscheiben, Zitronenschale und Basilikumstiele hinzufügen. Köcheln.
- Aromaten herausfischen und Sugo fein mixen. Mit Chilisalz und Pfeffer abschmecken.
Die Einlagen
- Datteltomaten halbieren. In Auflaufform setzen. Knoblauch in Scheiben schneiden, darüber geben.
- Zuckern, Olivenöl darüber träufeln, Rosmarinzweige zerzupfen und mit Basilikumblättchen gleichmäßig darauf verteilen.
- Im Backofen antrocknen lassen. Ofentür ein wenig offenlassen. Abkühlen lassen und Häutchen abziehen.
- Mit den abgetropften Bohnen und verbliebener Flüssigkeit in einen Topf geben und warmhalten.
- Vor dem Servieren mit Olivenöl, Balsamico, Chilisalz und Pfeffer abschmecken.
- Mozzarella abtropfen lassen. Halbieren und beiseitestellen.
- Kirschtomaten überbrühen. Haut abziehen. Beiseitestellen.
Die Crostini
- Bohnen mit Brühe und Knoblauch sämig aufmixen.
- Kartoffeln grob zerdrücken. Dazugeben. Erneut durchmixen.
- Mayonnaise untermixen und mit Chilisalz und Zitronenabrieb sowie Zitronensaft würzen. Kaltstellen.
- Mini-Mozzarella vierteln. Tomaten in feine Scheiben schneiden. Chilischote in feine Ringe schneiden. Schalotte fein schneiden.
- Aus Essig, Olivenöl, Schalotte, Salz, Pfeffer und Zucker ein Dressing rühren.
- Tomaten, Chili und Mozzarella kurz darin marinieren.
Die Brötchen
- Mehl in eine Schüssel sieben. In der Mitte Hefe hinein bröckeln. lauwarmes Wasser und Zucker dazugeben. Abgedeckt gehen lassen.
- Salz, Wasser, Olivenöl und Rosmarin hinzufügen und kräftig kneten. Nochmals gehen lassen. Durchkneten.
- Brötchen formen. Backofen vorheizen. Brötchen backen.
Die Suppe
Für meine Suppe nehme ich 400 ml selbst gemachten, bereits fertigen Sugo aus dem Vorrat. Ansonsten nimmt man eine Dose stückige Tomaten oder Kirschtomaten aus der Dose von guter Qualität und bereitet den Sugo so zu:
Für die Suppe die Wurzelgemüse, den Staudensellerie fein würfeln. Zwiebel und Knoblauch fein hacken. Zusammen im Olivenöl leicht Farbe nehmen lassen, Tomatenmark und Zucker hinzufügen, karamellisieren. Mit Wermut und Weißwein ablöschen, kurz einkochen lassen. Stückige Tomaten einfüllen. Dose halb mit Wasser füllen, dazugeben, salzen. Lorbeerblätter, Wacholderbeeren, Ingwerscheiben, mehrere Stücke Zitronenschale (nur das gelbe davon), und die Basilikumstiele (Blätter für die Crostini aufheben) hinzufügen. Eine Stunde mit leicht geöffnetem Topfdeckel leise köcheln. Aromaten herausfischen und den Sugo mit dem Zauberstab fein mixen. Wer möchte, kann die Suppe auch noch durch ein Sieb passieren, dann wird sie edler. Mit Chilisalz und Pfeffer abschmecken.
Die Einlagen
Für die Einlage die Datteltomaten halbieren. In eine Auflaufform geben. Knoblauch in Scheiben schneiden, darüber geben. Leicht zuckern, etwas Olivenöl darüber träufeln, die Rosmarinzweige zerzupfen und mit den Basilikumblättchen möglichst gleichmäßig darauf verteilen. Bei 100 °C Umluft im Backofen maximal 1 Stunde leicht antrocknen lassen. Sie sollen zum Schluss etwas schrumpelig aussehen und ca. ⅓ ihrer Flüssigkeit verloren haben, damit sie aromatischer werden. Die Ofentür ein wenig offenlassen, damit der Dampf abziehen kann. Zwischendurch einmal wenden. Abkühlen lassen und die Häutchen abziehen. Mit den abgetropften Bohnen und der verbliebenen Flüssigkeit aus der Auflaufform in einen kleinen Topf geben und warmhalten. Vor dem Servieren mit Olivenöl, Balsamico, Chilisalz und Pfeffer abschmecken.
Mozzarella abtropfen lassen. Halbieren und beiseitestellen.
Die Kirschtomaten kurz mit kochendem Wasser überbrühen. Mit einem scharfen Schälmesser oder einem anderen kleinen Messer vorsichtig um den Stiel herum einritzen. Haut abziehen. Beiseitestellen.
Die Crostini
Die Bohnen mit etwas Brühe und in Scheiben geschnittenem Knoblauch in einen Mixbecher geben. Sämig aufmixen, darauf achten, dass es nicht zu flüssig wird. Die Kartoffeln mit einer Gabel grob zerdrücken. Dazugeben. Mit noch etwas Brühe erneut durchmixen. Das Püree kommt als Aufstrich auf das geröstete Brot, es soll also nicht wegfließen. Mayonnaise untermixen und mit Chilisalz und Zitronenabrieb sowie etwas Zitronensaft würzen. Kaltstellen.
Restlichen Mini-Mozzarella vierteln. Tomaten in feine Scheiben schneiden. Von der Chilischote die gewünschte Menge in feine Ringe schneiden. Schalotte fein schneiden. Aus Essig, der Hälfte Olivenöl, Schalotte, Salz, Pfeffer und etwas Zucker ein Dressing rühren. Tomaten, Chili und restlichen Mozzarella kurz darin marinieren.
Brot in längliche Scheiben schneiden und in restlichem Olivenöl in der Pfanne kräftig anrösten.
Das Anrichten
Die gerösteten Brotscheiben mit der Bohnencrème bestreichen. Tomaten-Mozzarella-Salat darauf verteilen. Mit Pinienkernen, Basilikumblättchen und Parmesanspänen dekorieren.
Servierring in einen angewärmten Suppenteller setzen. Das sehr warme Datteltomaten-Bohnen-Gemüse einfüllen und die halbierten Mozzarella-Kugeln sofort aufsetzen. Sie sollen von unten zart schmelzen und leicht cremig werden. Die heiße Suppe darum herumgeben. Die Kirschtomaten einsetzen. Den Ring vorsichtig abziehen. Das Crostini auf den Tellerrand setzen.
Wer die Brötchen selbst backen und eventuell auch etwas verrückt ist und sich einen Bumerang formen möchte, kann es mit folgendem Rezept versuchen.
Die Brötchen
Das Mehl in eine Schüssel sieben. In der Mitte eine kleine Mulde formen und die Hefe hinein bröckeln. Etwas lauwarmes Wasser und eine Prise Zucker dazugeben. Etwas Mehl darüber streuen und abgedeckt eine halbe Stunde gehen lassen. Salz, Wasser, Olivenöl und Rosmarin hinzufügen und kräftig kneten, bis ein geschmeidiger Teig entstanden ist. Nochmals abgedeckt an einem warmen Ort gehen lassen, bis er sich beinahe verdoppelt hat. Durchkneten, dabei so viel Luft wie möglich einarbeiten. Brötchen nach Wunsch formen. Den Backofen auf 250 °C Ober- und Unterhitze vorheizen. Ein Ofenblech auf den Boden des Backofens schieben und eine gute Tasse Wasser darin verzischen lassen. Durch den entstehenden Dampf werden die Brötchen knuspriger. Die Brötchen in 12 bis 15 Minuten knusprig backen.
Die Suppe
(Zutaten für 2 Portionen, 4 Portionen als Vorspeisen)
Menge | Zutat |
---|---|
Dose (400 ml) |
stückige Tomaten |
1 mitteldicke |
Möhre |
1 Schnitz |
Knollensellerie |
3 bis 4 Stiele |
Staudensellerie |
1 mittelgroße |
weiße Zwiebel |
1 Zehe |
Knoblauch |
2 EL |
Olivenöl |
2 TL |
Tomatenmark |
4 cl |
Noilly Prat |
100 ml |
trockener Weißwein |
2 frische |
Lorbeerblätter |
6 bis 8 |
Wacholderbeeren |
6 Scheiben |
Ingwer (mit Schale, ca. 2 mm dick) |
1 |
Bio-Zitrone |
8 bis 10 Stiele |
Basilikum |
|
Chilisalz, Pfeffer, Zucker |
Die Einlagen
Menge | Zutat |
---|---|
1 Becher |
Mini-Mozzarella (vorzugsweise Büffelmozzarella) davon 6 Kugeln für die Crostini aufheben) |
2 Hand voll |
Datteltomaten (evtl. Farben gemischt) |
2 Zehen |
Knoblauch |
Mehrere Zweige |
Rosmarin |
Einige Blättchen |
Basilikum |
2 EL |
mildes Olivenöl |
12 bis 14 |
Kirschtomaten (mit Stielansatz) |
⅓ Dose |
weiße Bohnen (Rest für Crostini-Aufstrich, s. u.) |
2 EL |
Pinienkerne (geröstet) |
1 bis 2 EL |
mildes Olivenöl |
1 Schluck |
alter Balsamico |
|
Chilisalz, Pfeffer, Zucker |
Die Crostini
Menge | Zutat |
---|---|
1 |
längliches Krusti oder Baguette (Rezept zum Selberbacken s. u.) |
|
Erster Belag: Bohnencrème |
⅔ Dose |
Weiße Bohnen (s. o.) |
1 mittelgroße |
mehlige Kartoffel (am Vortag gekocht) |
1 EL |
Mayonnaise (beste Qualität) |
Ca. 1 Tasse |
Gemüsebrühe |
1 Zehe |
Knoblauch |
1 |
Bio-Zitrone |
|
Chilisalz |
|
Zweiter Belag: Tomaten-Mozzarella-Salat |
1 Hand voll |
bunte Datteltomaten |
1 |
Chilischote (entkernt) |
2 EL |
Pinienkerne (geröstet) |
Einige Kügelchen |
Mini-Mozzarella |
Einige |
Basilikumblätter |
Einige Späne |
Parmesan |
1 EL |
milder Weißweinessig |
4 EL |
Olivenöl |
1 |
Schalotte (fein geschnitten) |
|
Salz, Pfeffer, Zucker |
Die Brötchen
(4 ca. 30 cm lange Stangen)
Menge | Zutat |
---|---|
500 g |
Dinkelmehl |
¾ Würfel |
Hefe |
11 g |
Salz |
5 EL |
Olivenöl |
250 ml |
Wasser |
1 Zweig |
Rosmarin (Nädelchen fein gehackt) |
|
Zucker |