Spargelküchlein mit Kerbel-Spinat und Orangen-Hollandaise

Spargelküchlein mit Kerbel-Spinat und Orangen-Hollandaise

18. Juni 2016

Nachdem ich den Beginn der Spargelsaison kaum abwarten konnte, habe ich uns in diesem Jahr beinahe „überspargelt“. Es gab die schmackhaften Stangen in den unterschiedlichsten Versionen. Ob als Süppchen, Salat oder klassisch. Überbacken in Grün und Weiß mit Kirschtomaten und Oliven. In Form von Törtchen mit Spargel-Panna-cotta, Spargelflammkuchen, Spargelrisotto und noch so einiges. Langsam wäre es nun also mit dem Spargel gut gewesen. Doch ein allerletztes Rezept musste ausprobiert werden.

Spargel-Frikadellen von Sternekoch Jörg Sackmann aus dem Nordschwarzwald sind mir über den Weg gelaufen. Zwar hatte ich schon von Spargelpastete und Spargel-Grillwurst gehört. Spargelbuletten hingegen schienen mir nicht so aufwändig und Sackmanns Rezepturen habe ich schon oft ausprobiert und war stets überrascht und zufrieden. Er versteht die hohe Kunst aller Spitzenköche, aus einfachen, aber guten Zutaten das Besondere zu erschaffen. Vor einigen Jahren haben wir im „Hotel Sackmann“ in Baiersbronn ein wunderschönes Wochenende verbracht, und wurden bestens umsorgt. Das Frühstück bestand aus soliden regionalen Zutaten, die Brotauswahl ließ keine Wünsche offen.

Markisen, die provozieren

So gestärkt wanderten wir durchs malerische Murgtal und krabbelten auf den Schliffkopf. Ein besonderes Erlebnis, diese Landschaft ist mit nichts vergleichbar! Die Vegetation im Nationalpark, die nach der harschen Rodung durch Orkan „Lothar“ im Dezember 1999 inzwischen die komplett abrasierten Wälder überwuchs, erinnerte mich an eine Mischung aus Buschland, Steppe und Heide. Sehr ungewöhnlich in der Kombination, nicht ohne Charme, für mich jedoch – das Ausmaß der Zerstörung und die wie Streichhölzer umgeknickten Baumstümpfe noch vor Augen – deprimierend. Alles andere als deprimierend verlief unsere Einkehr im auf äußerstem Gipfel thronenden Panorama-Restaurant des Hotels Schliffkopf. Wir speisten gut und genossen einen grandiosen Ausblick. Ein unterhaltsames Intermezzo bot sich uns zudem, weil aufgrund eines intensiven Sonnenstandes bei gleichzeitigen Böen, die rundum verlaufenden Markisen permanent ein- und ausfuhren. Das Personal eilte genervt hin und her, um per Handbetrieb eine Ruhigstellung der sich unermüdlich ein- und ausrollenden Stoffbahnen zu erreichen. Wir waren nicht nur gut bewirtet, sondern auch gut unterhalten 🤣!

Ein Küchlein zum Andenken

Am Abend, zurück im Sackmannschen Restaurant, ging es deutlich entspannter zu, wir speisten in komfortabler Umgebung vorzüglich und fielen müde und glücklich in die Kissen. Wieder zuhause stieß ich dann auf diese Rezeptur für zarte Spargelküchlein. In schöner Erinnerung schwelgend und beflügelt von dem Gedanken, demnächst erneut nach Baiersbronn, einem Mekka für Gourmets, zu reisen, eilte ich – angespornt von kulinarischem Ehrgeiz – gen Küche. Beim nächsten Besuch in dem ansonsten recht unspektakulären Örtchen würden wir uns dann auf eine noch anspruchsvollere Challenge einlassen und im „Bareiss“ und in der „Schwarzwaldstube“ vorbeischauen.

Schliffkopfregion (Nordschwarzwald)
Region am Schliffkopf (Nordschwarzwald)

Spargel in der Kastenform

Frikadellen haben für mich etwas Rustikales in ihrer Natur, das schien mir zum eleganten Spargelgemüse nicht zu passen. Daher inspizierte ich die Regale mit meinen Backformen. Ich habe nicht wenige davon, meine Lieblingsformen stammen von der Firma Lakeland und sind von hervorragender, solider Qualität. Ich entschied mich für die Backform mit rechteckigen Mulden und herausnehmbaren Böden. Diese an kleine „Briketts“ erinnernden Förmchen finde ich ganz hinreißend. Sie würden mein feines Spargelbrät bestens in Form bringen! Saftiger Stangenspargel und schmeichelnd-fruchtige Orangen-Hollandaise, würden es abrunden. Und einen weiteren Begleiter würde ich ihm mit auf den Weg geben.

Junger Spinat ist aus sich heraus schon eine Delikatesse, wenn man behutsam mit ihm umgeht. Nur sehr kurz in der Pfanne zusammenfallen lassen, ein Hauch von Knoblauch, eventuell nur die Pfanne damit ausgerieben, parfümiert ihn zart und der Kerbel mit seinem leicht ätherischen, pfeffrigen Aroma unterstützt ihn vorzüglich. Salz, Pfeffer und Muskat kitzeln sein fein bitteres, etwas erdiges Aroma heraus. Ein Faden goldenen Olivenöls, von den italienischen Freunden wohl klingend „Filo d‘ olio“ genannt, finalisiert ihn zur kleinen Sensation.

San-Marzano-Farbe kommt ins Spiel

Um noch etwas mehr Farbe ins Spiel zu bringen, habe ich längliche Scheiben von San-Marzano-Tomaten mit etwas Puderzucker bestreut und mit meinem Bunsenbrenner traktiert, bis sie schöne Karamellspuren bekommen haben, denn etwas Farbe als Grundlage, würde den vornehm blassen Küchlein gut zu Gesicht stehen. Auf diese besonderen Tomaten hatte ich mich gefreut und erwartete eine Glanzleistung von ihnen. Groß war die Enttäuschung über den faden, wässrigen Geschmack! Hat es denn dort unten am Vesuv auch die ganze Zeit geregnet? Jetzt weiß ich: Ich war unwissend!

Tomaten ohne Blendlaterne

Die beste Zeit für San-Marzano-Tomaten ist nämlich nicht im Juni, sondern beginnt im Juli und endet im Oktober. Etwas nicht zu wissen, ist verzeihlich, dazu zu lernen stets von Vorteil! Die Fachverkäuferinnen beim örtlichen Obst- und Gemüse-Spezialisten, dessen Preise „goldene Schwänzchen“ haben, sollten das jedoch gewusst haben. Besser noch, sollten in einem solchen Delikatessen-Laden die Waren nur in der Auslage angeboten werden, wenn sie ihren optimalen Geschmack entwickelt haben. Ich beschließe, mich umzuorientieren! Ich kaufe hiesige Tomaten im Sommer auf dem Markt, wo ich sie vorher verkosten darf. Und die sonngereiften San Marzanos aus Kampanien ordere ich mir in der Dose. „Benvenuto“, Tomate du Köstliche! „Addio“ Gemüsehändler, du Blender!

Die Spargelküchlein

  1. Spargel putzen und in feine Scheiben schneiden.
  2. Schalotte würfeln. Schalotten und Spargel in Olivenöl anschwitzen. Mit Zucker bestreuen und leicht karamellisieren lassen. Mit Wermut ablöschen und offen köcheln lassen Mit Chilisalz würzen. Auskühlen lassen.
  3. Klein geschnittenes Toastbrot in Milch einweichen.
  4. Die Hähnchenbrust muss sehr gut durchgekühlt sein. Dazu in Würfelchen schneiden und mit Sahne im Cutter in den Kühler geben.
  5. Eine glatten Farce mixen. Nach und nach Brotwürfel sowie Eier untermischen.
  6. Zuletzt Spargel mit Schalotten sowie Kerbel und Abrieb der Zitrone unterheben und abwürzen.
  7. Backförmchen mit Olivenöl auspinseln und die Masse einfüllen. Küchlein vor dem Backen nochmal mit etwas Olivenöl bepinseln. Ca. 35 – 40 Minuten backen.

Das Gemüse

  1. Spargel putzen und in einer großen Pfanne knapp mit Wasser bedeckt aufsetzen. Mit Salz, Zucker, Butter und 2 Scheiben Zitrone aromatisieren. Aufkochen lassen und abgedeckt auf der abgeschalteten Platte ziehen lassen.
  2. Spinat verlesen, waschen und abtropfen lassen.
  3. Schalotten und Chilischote klein würfeln und in Olivenöl anschwitzen. Spinat dazugeben und zusammenfallen lassen. Gehackte Pistazien dazugeben. Mit Salz, Pfeffer und Muskat und Olivenöl abschmecken.

Die Orangen-Hollandaise

  1. 2 Eier (komplett) mit Weißwein und Orangensaft in einem Töpfchen schaumig schlagen. Eine Prise Salz dazugeben.
  2. So lange schlagen, bis die Masse dicklich wird.
  3. Nach und nach kalte Butter dazugeben und weiter schlagen.
  4. Zum Schluss Orangenabrieb (nach Geschmack), sowie Pfeffer und gegebenenfalls Salz würzen.

Als Garnitur Schinkenscheiben der Länge nach teilen, in eine große Pfanne geben, mit Backpapier belegen und beschweren. Auf kleiner Hitze knusprig braten.

Die Spargelküchlein

Die Zubereitung habe ich nach meiner Façon umgesetzt. Den Spargel putzen und in feine Scheiben schneiden. Die Schalotte würfeln. Schalotten und den Spargel in 2 EL Olivenöl anschwitzen. Mit Zucker bestreuen und leicht karamellisieren lassen. Mit dem Wermut ablöschen und offen köcheln lassen, damit möglichst viel Feuchtigkeit aus dem Spargel verdampfen kann. Dabei eine Pfanne mit etwas größerem Durchmesser nehmen, damit es schneller geht. Der Spargel soll nicht verkochen. Mit Chilisalz würzen und zum Auskühlen beiseite stellen.

Das klein geschnittene Toastbrot kurz in der erwärmten Milch einweichen. Die Hähnchenbrust muss sehr gut durchgekühlt sein. Dazu schneide ich sie zunächst in Würfelchen und gebe sie mit der Sahne in den Kühler. Und zwar bereits im Cutter, so dass dieser auch noch durchkühlen kann. Dann alles flott zu einer glatten Farce mixen. Nach und nach die ausgedrückten Brotwürfel sowie die Eier untermischen. Zuletzt den Spargel mit den Schalotten sowie den verlesenen Kerbel und Abrieb von der Zitrone unterheben und alles beherzt abwürzen.

Die Backförmchen mit Olivenöl auspinseln und die Masse einfüllen. Ruhig bis zum oberen Rand. Die Küchlein gehen beim Backen noch in die Höhe, was dann sehr appetitlich aussieht. Die Küchlein vor dem Backen nochmal mit etwas Olivenöl bepinseln, damit sie schön saftig bleiben. Dann bei 180 Grad Ober- und Unterhitze ab in den Backofen. Sie brauchen ca. 35 – 40 Minuten. Zum Ende hin üppig mit flüssiger Nussbutter bestreichen. Das gibt einen extra Geschmackskick.

Das Gemüse

Den Spargel putzen und in einer ausreichend großen Pfanne knapp mit Wasser bedeckt aufsetzen. Mit Salz, Zucker, Butter und 2 Scheiben von der Zitrone aromatisieren. Einmal aufkochen lassen und abgedeckt auf der abgeschalteten Platte ziehen lassen. Den Gargrad kann jeder für sich entscheiden. Ich mag Spargel nicht al dente. Mir schmeckt er am besten, wenn er genau auf den Punkt gegart ist.

Den Spinat verlesen, waschen und gut abtropfen lassen. Schalotten und Chilischote klein würfeln und in dem Olivenöl anschwitzen, ohne dass sie Farbe nehmen. Den Spinat dazugeben und sanft zusammenfallen lassen. Die gehackten Pistazien dazugeben. Dann mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken und noch einen Schuss von dem fruchtigen Olivenöl untermischen. Die Gemüse warm halten.

Die Orangen-Hollandaise

Für Hollandaise gibt es ja unzählige Rezepturen. Unsere geht kinderleicht und ist uns noch nie misslungen. Man gibt 2 Eier (komplett) mit dem Weißwein und dem Orangensaft in ein Töpfchen und beginnt, sie auf leichter Hitze schaumig zu schlagen. Dabei schon eine Prise Salz dazugeben. Man schlägt nun so lange, bis die Eier anfangen, dicklich zu werden. Nun kommt nach und nach die kalte Butter dazu, und es wird immer weitergeschlagen. In Ruhe arbeiten, bis eine schöne schaumige Hollandaise entstanden ist. Dann mit Orangenabrieb (nach Geschmack), sowie Pfeffer und gegebenenfalls noch etwas Salz würzen. Erstaunlicherweise fällt diese Sauce auch nicht zusammen, wenn sie schon eine ganze Weile gestanden hat.

Als Garnitur habe ich Segel aus Parmaschinken hergestellt. Die Schinkenscheiben der Länge nach teilen, in eine große Pfanne geben, mit Backpapier belegen und eine weitere Pfanne zum Beschweren daraufstellen. Auf kleiner Hitze geduldig abwarten, bis knusprige Segel entstanden sind.

(Für 2 Personen)

Die Küchlein

Menge Zutat
300 g Spargel (grün und weiß)
1 Prise Zucker
5 EL Olivenöl
3 Schalotten
½ Bund Kerbel
100 ml Milch
80 g Laugenstange (hier: Toastbrot)
500 g Putenbrust (hier: Hähnchenbrust)
50 ml Sahne
2 Eier
  Piment d’Espelette (hier: Chilisalz)
   
 

Außerdem von mir hinzugefügt:

1 Bio Zitrone
  Pfeffer
4 cl Noilly Prat
2 bis 3 EL Nussbutter (flüssig)

Das Gemüse

Menge Zutat
10 Stangen weißer Spargel (beste Qualität)
2 EL Butter
1 Bio Zitrone
1 Zucker
  Salz
600 g junger Blattspinat
½ Bund Kerbel
2 Schalotten
2 EL Olivenöl
2 EL fruchtiges, mildes Olivenöl
1 rote Chilischote (Menge nach Bedarf)
2 EL gehackte Pistazien
  Muskat
  Salz
  Pfeffer

Die Organgen-Hollandaise

Menge Zutat
1 Bio Orange
2 EL Weißwein
4 EL Orangensaft
100 g Butter (kalt, in kleinen Würfeln)
2 Eier
  Salz
  Zucker
  Pfeffer

Tipp

Beim Aufschlagen der Hollandaise: Haltet euch an der Kochstelle ein oder zwei Eiswürfel parat. Falls ihr merkt, dass ihr doch etwas zu viel Hitze erwischt habt und die Hollandaise zu gerinnen droht, schnell von der Flamme ziehen, einen Eiswürfel hineingeben und weiter rühren. So kann man es wieder richten, und es dürfte eigentlich nichts verrutschen!

Diese Seite wurde zuletzt am 04.06.2020 um 11:56 Uhr aktualisiert.

Zurück

Copyright 2015 - 2024 FoodLady Jutta Hehn. Alle Inhalte dieses Webangebots, insbesondere Texte, Fotografien und Grafiken, sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, bei Jutta Hehn. Bitte fragen Sie mich, falls Sie die Inhalte dieses Internetangebotes verwenden möchten.