Schweineküchlein mit Trüffelbrie und Schwarzwurzel
20. Dezember 2020
Ich erstelle eine Liste und kaufe online. Dann vorbeifahren, sich ausweisen, kontaktlos bezahlen, einladen und ab in die Küche! Fleischküchlein mit einer Füllung aus Trüffelbrie, schmelzender und aromatischer geht es kaum. Eine edle Kreation, die zu jedem Festtag passt und die Seele garantiert wärmt! Dazu ein aromatischer Jus aus Schalotten, Balsamico und Steinpilzen, der verleiht Küchlein, Koch und Gästen Flügel. Wären die gefüllten Buletten weihnachtliche Engel, würden sie über den Tellern schweben und goldenen Sternenstaub hinter sich zurücklassen. Die Schwarzwurzeln schmurgeln in Nussbutter und das Kartoffelpüree erhält durch eine beherzte Zugabe von frisch geriebenem Meerrettich einen scharfen Dreh. Was für ein kulinarischer Hammer und durchaus gut vorzubereiten! Ein Gericht, wie geschaffen auch für „Nicht-Festtage“ und nicht ganz einfache Zeiten.
Ohne Rechnung mit Wirt
Am Weihnachtsfeiertag hatten wir uns eingebucht, in eines der ersten Häuser am Platze. Leider ist nun daraus nichts geworden. Der zweite Lockdown war da, auch weil zu viele Menschen versuchten, sich an den Regeln vorbei zu mogeln. Eine Milchmädchenrechnung, denn Corona lässt sich nicht überlisten und die Fallzahlen sind erneut mit rasanter Wucht nach oben geschnellt. In einem Monat so viele Coronatote wie den ganzen Sommer lang.
Woher der Begriff „Milchmädchenrechnung“ kommt? Eine Magd will Milch verkaufen und malt sich unterdessen aus, was sie mit dem Erlös so alles anstellen würde. Sie gerät in unwirkliche Vorstellungen, gibt sich Träumereien hin, strauchelt letztendlich und verschüttet die Milch. Passender könnte die Herleitung trügerischer Illusion kaum sein, außer dass es bei der verschütteten Milch allein nicht bleibt. Die würde versickern oder trocknen. Die Folgen der Corona-Ignoranz aber müssen andere ausbaden, die es sich nicht aussuchen konnten. Ich schreibe mir auf die Fahnen, im „Senf“ stets leicht, locker und launig zu bleiben. Es fällt mir jedoch bisweilen schwer, weil ich zwischenzeitlich, ob unnötigen Leichtsinns anderer, zu Groll neige.
Handeln auf veschiedenen Ebenen
Die Politiker können nicht anders, als zu handeln, denn „Stillstand ist der Tod“ (Danke Herbert!):
Genug ist zu wenig - oder es wird so, wie es war.
Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders.
Der erste Stein fehlt in der Mauer,
der Durchbruch ist nah,
kein Ersatz - Deine Droge bist Du, bist Du!
Kann man es nicht einmal für kurze Zeit mit sich selbst aufnehmen, sich selbst als Droge genug sein, im Privaten handeln? Hieltet ihr doch eure Füße endlich still, bald wäre der Spuk vorüber! Schwer zu begreifen? Nein! Schwer umzusetzen? Nein! Dass es funktioniert, haben uns andere schon längst bewiesen! Locker will ich bleiben. Ich sage also nicht „Fresse!“, sondern „Chillen!“ 😣.
Umsicht statt Umluft
Der Liebste und ich sind uns, was selten der Fall ist, nicht einig. Das mag daran liegen, dass er mehr der Wissenschaftler ist, der gedanklich mit Inzidenz hantiert, und ich eher diejenige bin, die unter anderem mit den Gastronomen leidet. Die Restaurantbetreiber, die wir besuchten, haben alles getan, was zur Sicherheit der Gäste möglich war. Wir waren zwischenzeitlich bei Harald Rüssel im Sternerestaurant mit Belüftungsanlage. Kein Umwirbeln, wie man es von Klimaanlagen kennt, sondern ein Absaugen verbrauchter und ein Zuführen frischer Luft. Ebenso haben wir es erlebt bei Christian Bau in Perl und bei Michael Schanz in Piesport an der Mosel. In allen Sterne-Restaurants haben wir uns absolut sicher gefühlt, sonst wären wir nicht angereist.
Der Rausch im Kaufhaus
Nun sind alle diese Restaurants geschlossen, während Feierwütige bei uns ums Eck an Glühweinständen kräftig tankten und dann nicht nur alles vergaßen, sondern vom Alkohol beflügelt, rasend mit ihren Autos davon preschten. Sie haben es dem Virus so richtig gezeigt. Sie gefallen sich in den Glauben, die Situation im Griff zu haben. Ich beobachtete es mit eigenen Augen und habe nicht schlecht über den Wahnsinn auf brüchigem Fundament gestaunt. Zwei Tage vor Weihnachten musste ich in die Stadt und beobachtete, wie Straßen und Parkplätze proppenvoll waren. Im Vorbereich des Einkaufszentrums suchte ich die Apotheke und traute meinen Augen nicht, als ich auf überbordend beladene Einkaufswagen mit eng an eng schiebende Menschen traf. Security-Kräfte, muskelbepackt und in Warnwesten waren in Position, jedoch anders als im Frühjahrs-Lockdown schienen zum Beispiel die Wagen mitnichten abgezählt und standen überbordend in ihren Warteboxen. Nein, nicht alles auf Anfang, eher alles – mittlerweile – gewohnt.
Tunnelblick mit Aussicht
Nichts ist jedoch wie gewohnt. Einen Todesfall haben wir zwischenzeitlich zu beklagen, eine schwer erkrankte liebe Person liegt im Krankenhaus und darf nicht besucht werden. Die Eltern konnten wir zu Weihnachten nicht sehen, so wie es vielen anderen auch ging. Genauer gesagt hattenwir uns gegen den Kontakt entschieden, weil wir das Risiko nicht eingehen wollten. Nichte und Neffen bekamen eine liebevoll gepackte Tüte in den Garten-Unterstand. Wir feierten die Feiertage allein, jedoch entspannt. Nach Weihnachten begann dann das große Impfen, und wir sehen darin das Licht am Ende des Tunnels. Zumindest das Funkeln eines Lichtleins, sei es auch noch so klein und taumelnd. Ich glaube daran, dass es nicht erlöschen wird, vertraue der Heil bringenden Wirkung der Impfstoffe und koche bis dahin etwas Tröstliches!
Ich frage mich, ob es eine naive Herangehensweise ist, sich über schwere Zeiten hinwegzuretten, indem man sich etwas Gutes kocht. Nein, das ist es nicht, denn oft im Leben sind es simple Methoden, die Körper uns Seele stärken. Das Handeln ist es einerseits, dass einen vom Kopfkino wegführt. Augenschmaus, Duft und schließlich Wohlgeschmack sind – wenn man es so will – Drogen, die verlässlich wirken, ohne zu schaden. Ich bin der Meinung, dass Kochen Leben retten kann, so oder so. Wer zwischendurch Entspannung an der frischen Natur sucht, ein gutes Gläschen trinkt und eventuell in der Küche schöne Musik oder ein interessantes Hörspiel konsumiert, der ist auf gutem Wege, dem „C“ die Stirn zu bieten, ohne es zu unterschätzen. Einen Toast bringe ich aus auf die Zeit „danach“!
Die Hackküchlein
- Brot in Würfel schneiden, mit lauwarmer Milch einweichen.
- Schalotten fein würfeln und in Butter glasig werden lassen.
- Pilze ausdrücken, fein hacken, zur Masse geben.
- Kerbel mit Stielen fein hacken. Schalotten Kerbel untermischen.
- Alles mit Brot, Hackfleisch, Senf, Eiern und restlichen Zutaten vermengen, abschmecken. Probeklößchen braten.
- Bällchen mit Trüffelbrie füllen und braten.
Die Schwarzwurzeln
- Schwarzwurzeln schälen, in Milch mit Zitronensaft einlegen. Stifte in gleiche Länge schneiden, in ofenfeste Form legen.
- Zerlassene Butter darüber träufeln, Thymian darüber verteilen. Im Ofen garen, immer wieder wenden.
- Mit Nussbutter servieren.
Die Balsamico-Schalotten
- Schalotten, fein gewürfelt in Butter anschwitzen.
- Restliche Schalotten schälen, so achteln, dass sie am Strunk zusammen halten.
- Tomatenmark und Zucker hinzufügen, karamellisieren. Portwein und Balsamico angießen, um ein Drittel einkochen.
- Restliche Schalotten im Sud garen. Herausheben, Sud nochmal einkochen und mit der Stärke binden.
- Schalotten-Segmente wieder in den Sud geben und erwärmen.
Das Kartoffelpüree
- Kartoffeln in Schale kochen, ausdampfen lassen. Leicht abgekühlt pellen und durch die Kartoffelpresse drücken.
- Mit Butter, Milch, Crème fraîche, Senf und Meerrettich verrühren. Würzen.
Die Hackküchlein
Das Brot in 1 cm große Würfel schneiden, mit soviel lauwarmer Milch einweichen, dass es durchzieht, aber nicht breiig wird. Schalotten fein würfeln und in der Butter glasig werden lassen. Pilze ausdrücken, fein hacken, zur Masse geben. Kerbel mit Stielen fein hacken. Schalotten von der Hitze nehmen und Kerbel untermischen. In einer Schüssel mit Brot, Hackfleisch, Senf, Eiern und restlichen Zutaten vermengen, abschmecken. Ein Probeklößchen anbraten, gegebenenfalls nachwürzen.
Eine Hand voll Teigmasse, ca. 80 g abwiegen. Die Hälfte in der flachen Hand plattieren, ein Kaffeelöffel großes Stück Trüffelbrie in die Mitte legen, mit der anderen Hälfte Hack belegen und zu einem flachen, gut verschlossenen Küchlein formen.
Die Schwarzwurzeln
Schwarzwurzeln schälen, dabei Handschuhe benutzen, weil die Milch der Wurzeln die Hände braun verfärbt. Die geputzten Wurzeln in Milch mit Zitronensaft einlegen, damit sie nicht anlaufen. Stifte in möglichst gleicher Länge schneiden und diese in eine ofenfeste Form einlegen. Zerlassene Butter darüber träufeln, Thymian am Stiel darüber verteilen. Bei 160 °C Ober- und Unterhitze mindestens 30 Minuten garen, dabei immer wieder wenden. Wenn sie den gewünschten Gargrad erreicht haben, warmhalten und mit der Nussbutter servieren. Schön sieht es aus, wenn die Schwarzwurzel-Stifte akkurat in Reih und Glied liegen.
Die Balsamico-Schalotten
4 Schalotten, fein gewürfelt in der Butter anschwitzen. Restliche Schalotten schälen und so achteln oder vierteln, dass sie am Strunk noch zusammen haften bleiben. Tomatenmark und Zucker hinzufügen, karamellisieren lassen. Portwein und Balsamico angießen, um ein Drittel einkochen lassen. Restliche Schalotten im Sud garen lassen, bis sie nach Belieben weich geworden sind. Mit der Schaumkelle herausheben, Sud nochmal etwas einkochen lassen und mit der Stärke binden. Schalotten-Segmente wieder in den Sud geben und erwärmen.
Das Kartoffelpüree
Die Kartoffeln in der Schale kochen, in dem heißen Topf auf der ausgeschalteten Herdplatte gut ausdampfen lassen. Leicht abgekühlt pellen und durch die Kartoffelpresse drücken. Am besten zweimal, einmal durch die grobe, beim zweiten Mal durch die feine Scheibe geben. Mit Butter, Milch, Crème fraîche, Senf und Meerrettich mit dem Schneebesen verrühren. Würzen. Die Konsistenz des Pürees wählen, wie man es möchte. Ich mag in diesem Fall eine sehr cremige Zubereitung, auch „Mousseline“ genannt. Mit den Panko-Butter-Bröseln unschlagbar!
Die Hack-Küchlein
(Zutaten für 6 bis 8 Portionen)
Menge | Zutat |
---|---|
800 g |
Schweinenacken (gewolft) |
300 g |
Sauerteigbrot (nicht mehr frisch) |
150 g |
Briekäse mit Trüffel |
3 |
Schalotten |
1 Hand voll |
getrocknete Steinpilze (30 Minuten eingeweicht) |
½ Bund |
Kerbel (ersatzweise Petersilie) |
2 |
Eier |
1 Tasse |
Milch |
2 TL |
Dijon-Senf |
2 EL |
Butter |
|
Salz, Pfeffer, Muskat |
Die Schwarzwurzeln
(Für 2 Portionen)
Menge | Zutat |
---|---|
1 Bund |
Schwarzwurzeln |
½ l |
Milch |
1 |
Bio-Zitrone |
½ Bund |
Thymian |
300 g |
braune Butter |
|
Salz, Pfeffer, Zucker |
Die Balsamico-Schalotten
(Für 2 Portionen)
Menge | Zutat |
---|---|
400 g |
Schalotten |
2 EL |
Muscovado-Rohrzucker |
400 ml |
Fleischfond (z. B. vom Rind) |
100 ml |
dunkler Portwein |
1 EL |
Tomatenmark |
1 EL |
Zucker |
4 – 6 EL |
Aceto balsamico |
1 EL |
schwarzes Johannisbeergelee |
2 Zweige |
Thymian |
1 frisches |
Lorbeerblatt |
2 EL |
Butter |
1 TL |
Speisestärke (aufgelöst) |
Das Kartoffelpüree
(Für 2 Portionen)
Menge | Zutat |
---|---|
4 mittelgroße |
Kartoffeln (vorwiegend festkochend) |
4 EL |
Butter (besser noch: braune Butter) |
2 EL |
Panko-Brösel (oder grobe Semmel-Brösel) |
½ Tasse |
vollfette Milch |
1 EL |
Crème fraîche |
1 TL |
Dijon-Senf |
1 TL |
frisch geriebener Meerrettich (ersatzweise aus dem Glas) |
|
Salz, Pfeffer, Muskat |