Schweinebäckchen auf Sellerie-Kartoffelstampf
11. März 2024
Ich stromere schon eine ganze Weile durch die Welt der Restaurants, die mir entweder einfach so in den Blick geraten, sich mir in den Weg stellen oder die ich mir gezielt aussuche. Wer meinen Blog liest, weiß das. Ich betone es an dieser Stelle dennoch, denn mich hat es vor einigen Wochen schwer verwundert, dass mir bis dato keine geschmorten Schweinebäckchen über den Weg gelaufen waren. Anders als die gräuliche Beilage auf der früher von der Nachkriegsgeneration so geliebten Schlachtplatte waren sie jetzt ein Augenschmaus. Außen dunkel geschmort, innen rosa und schmelzend zart. Die gehaltvolle, seidig glänzende Bratensauce duftete gar köstlich und zeigte mir, wie breit die Aromenvielfalt des schweinischen Kauwerkzeugs doch sein kann.
Bäckchen für Best Ager
In einem seit vielen Jahren favorisierten gehobenen Landgasthaus standen die Bäckchen eines Tages als Empfehlung auf der Karte. Ich wollte sie unbedingt probieren, doch zu meiner großen Enttäuschung waren sie bereits in der Mittagsstunde aus. Dann müssen sie also lecker sein, dachte ich, denn gut situierte – bei geschmacklichen Fragen manchmal kritische – Klientel aus dem Segment der „Best Ager“ war hier als Stammkundschaft vertreten. Ich fragte beim Küchenchef nach, wie ich dennoch in den Genuss solcher Bäckchen kommen könne, bevor ich einst ein „Best Ager“ sein würde. Er bot mir an, mich anrufen zu lassen, wenn er das nächste Mal plane, sie auf die Karte zu setzen. Ich erfuhr, dass man sie auch als angesehener Chefkoch beim Metzger des Vertrauens im Voraus bestellen muss. Der Anruf erreichte mich unterdessen und bescherte große Vorfreude. Die Erwartung wurde später mehr als erfüllt!
Kein Kurz-Gebratenes – nur ein erster Schritt
Es ist wichtig, die Bäckchen geruhsam zu schmoren und sie nicht zu hetzen. Das würde schließlich zu keinem gemütlichen Schwein ruhiger und entspannter Herkunft passen, schon gar nicht „postum“. Und Wertschätzung gilt bis in den Bräter hinein. Während die Bäckchen schmoren und es in der Küche vielversprechend duftet, wird es dem erwartungsfrohen Esser möglicherweise klar, welch ein Unterschied sich hier im Vergleich mit einem unbarmherzig heißen und kurz gebratenem Edelstück ergibt. Ich möchte keinem seinen Genuss verleiden, doch war ich nie ein Steak- oder Filetesser. Ich bin der „Schmortyp“, für den allein schon die Schmorzeit an sich ein großer Teil des Genusses ist.
Geduld am Herd ist goldeswert
Meine erste Begegnung mit dem herrlich zarten Schweinebäckchen hatte meinen Gaumen so gekitzelt und meinen Erkundungsdrang derart angespornt, dass ich mir Schweinebäckchen in die heimische Küche orderte. Der Metzger meines Vertrauens staunte zunächst, weiß allerdings, dass ich in der Küche und für den Foodblog keine Mühe scheue. Viele würden mittlerweile den Zeitaufwand für Schmorgerichte meiden, meinte er. Ich bin allerdings der Meinung, dass man Zeit investieren muss, wenn etwas Köstliches auf den Teller kommen soll. Im Grunde hält sich der Aufwand bei Schmorgerichten in Grenzen. Es kommt darauf an, sich und dem Bräter Zeit und damit auch Anerkennung zu schenken. Geschmortem mit viel Kollagen in der Faser kann im Backofen nicht wirklich viel passieren, wenn man die Temperatur moderat hält und ab zu einen Blick unter den Topfdeckel spendiert. Etwas zu lange geschmort ist das von Sehnen durchwachsene Fleisch kaum zu verderben. Ist es hingegen zu wenig durch, und man muss die eigenen Kaumuskeln arg strapazieren, wird sich das Vergnügen in Grenzen halten.
Sanfte Hitze in der Küche
Der Liebste hat nun ein famoses Gerät in den Haushalt geholt, das uns restlos begeistert. Wir sind auf „Slow Cooking“ aufmerksam geworden, das es in den USA bereits seit vielen Jahren gibt. Der Slow-Cooker ist – vereinfacht beschrieben – ein elektrisch zu beheizender Korpus, in dessen Innerem ein Keramik-Topf seine Bestimmung gefunden hat. Mit wenig Energie ist es möglich, Fleisch oder Gemüse bei gleichbleibender, nicht zu hoher Temperatur schonend zu garen. Zartes Fleisch, das nur wenig Aufmerksamkeit während des Garprozesses über mehrere Stunden benötigt, ist garantiert. Kochfeld und Backofen bleiben frei und stehen für andere kulinarische Aktivitäten zur Verfügung. Meine Begeisterung treibt mich dazu, weitere Möglichkeiten des Kochgerätes zu preisen. Wir bereiten regelmäßig unsere Kraftbrühe darin zu. Huhn, Rindfleisch und Gemüse sieden gemütlich und bringen uns ein prächtiges Ergebnis. Die Gesundheit sagt „prost“ und dankt es. Wer Gerüche in der Küche scheut, findet in dem Cooker einen Freund, der ihm die Köstlichkeiten auch im Freien zubereitet. Lediglich vor Regen muss er geschützt sein.
Im Falle „meiner“ 😉 Schweinebäckchen war das Verfahren wie folgt: Die Bäckchen in heißem Butterschmalz rundherum kräftig anbraten. Dann in den Cooker umsetzen und behutsam weich garen. Die Bäckchen danach separieren, die entstandene Sauce passieren und in der Sauteuse um ca. ein Drittel reduzieren. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, gibt ein wenig Stärke leichten Stand und kalte Butter spendiert Glanz. Ich entschied mich als solide Grundlage und (Sockel für die Bäckchen) für cremigen Sellerie-Kartoffelstampf und Vichy-Karotten. Zwei nicht kapriziöse Beilagen, die „einfach“ köstlich sind. Und weil Möhren mit Erbsen gut verbandelt sind, gab es einen knackigen Erbsen-Schoten-Salat dazu. Voilà: ein relativ kostengünstiges Gericht mit Suchtpotenzial.
Die Schweinebäckchen und die Sauce
- Bäckchen in Butterschmalz anbraten.
- Gewürfelte Gemüse anschwitzen.
- Mit Brühe und Aromaten in den Slow-Cooker geben.
- Köcheln lassen, bis die Bäckchen gar sind.
- Sauce passieren, binden, nochmals abschmecken und montieren.
Der Sellerie-Kartoffelstampf
- Kartoffeln und Sellerie garen.
- Kartoffeln stampfen, Sellerie mit Brühe und Milch mixen.
- Kartoffeln und Sellerie mit Sauerrahm, Butter und Meerrettich verrühren und würzen.
Die Vichy-Möhren
- Möhren in gleichmäßige Scheiben schneiden.
- Schalotten in Butter anschwitzen.
- Möhren hinzufügen und etwas Mineralwasser hinzufügen.
- Auf den gewünschten Gargrad bringen und würzen.
- Kräuter unterheben.
Die Erbsenschoten
- Erbsenschoten in feine Streifen schneiden.
- Blanchieren und abschrecken.
- Dressing rühren und Schoten darin marinieren.
- Mit gehackten Kräutern und Sesam servieren.
Die Schweinebäckchen und die Sauce
(Inspiriert von Spitzenköchin Antonina Müller)
Zwiebeln und Knoblauch fein schneiden. Sellerie und Möhren mittelfein würfeln. Bäckchen (falls das nicht beim Metzger erfolgt ist) parieren und dann abwaschen. Bäckchen salzen, pfeffern und in Butterschmalz in einer Edelstahlpfanne scharf anbraten. Aus der Pfanne nehmen, beiseitestellen. Im Bratfett Zwiebeln, Knoblauch, Sellerie und Karotten anrösten. Tomatenmark und Dattelsirup hinzufügen, kurz karamellisieren lassen. Mit den Bäckchen in den Slow-Cooker umsetzen. Rotwein, Portwein und Rinderbrühe angießen. Zitronengras, Lorbeerblätter, Zimt, Sternanis, Sojasauce und Pfefferkörner hinzufügen. Im Slow-Cooker ca. 4 bis 5 Stunden leise garziehen lassen. Wenn die Bäckchen zart und weich sind, entnehmen, beiseitestellen und warmhalten. Sauce durch ein Sieb passieren, in einem Topf ohne Deckel um ein Drittel reduzieren. Nochmals abschmecken. Mit etwas Speisestärke abbinden. Dann mit der kalten Butter montieren. Bäckchen wieder einsetzen. Nicht mehr köcheln lassen.
Der Sellerie-Kartoffelstampf
Die Kartoffeln mit etwas Brühe dämpfen. Stampfen (nicht mixen, damit sie nicht kleistrig werden). Den Sellerie in grobe Stücke schneiden. Mit wenig Brühe garen. Mit der angewärmten Milch mixen. Sellerie mit den gestampften Kartoffeln, Sauerrahm, Butter und Meerrettich kräftig verrühren. Dabei mit der Zugabe von Flüssigkeit Schritt für Schritt vorgehen, damit der Kartoffelstampf nicht zu breiig wird. Mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Bis zum Servieren warmhalten.
Die Vichy-Möhren
Die Möhren putzen und in gleichmäßige, eher dünne Scheiben schneiden. Schalotten fein hacken und in der Butter ohne Farbe anschwitzen. Karottenscheiben hinzufügen, salzen und kurz immer wieder wenden. Wenn sie beginnen, im eigenen Saft zu schmurgeln, einen guten Schluck Mineralwasser hinzufügen. Deckel auflegen und garen. Zum Schluss (bei Bedarf) eine kleine Prise Zucker und etwas Pfeffer aus der Mühle hinzufügen. Petersilie und Basilikum unterheben.
Die Erbsenschoten
Die Erbsenschoten längs schräg in feine Streifen schneiden. In reichlich gesalzenem Wasser kurz blanchieren. In kurzen Abständen eine Garprobe machen. Die Schoten sollen noch knackig sein. In kaltem Wasser abschrecken, abtropfen lassen. Aus den angegebenen Zutaten ein Dressing rühren. Schoten darin marinieren lassen. Ca. 5 Minuten vor dem Servieren Kräuter unterheben. Unmittelbar vor dem Servieren Sesam über die Schoten streuen.
Zutaten für 4 bis 6 Personen
Die Schweinebäckchen und die Sauce
Menge | Zutat |
---|---|
8 |
Schweinebäckchen (à ca. 150 g) |
2 Zehen |
Knoblauch |
¼ |
Knollensellerie |
4 mittelgroße |
Möhren |
2 EL |
Butterschmalz |
2 EL |
Tomatenmark |
2 EL |
Dattelsirup |
250 ml |
Rotwein |
250 ml |
Portwein |
400 ml |
Rinderfond |
2 Stangen |
Zitronengras (Mit Messerrücken angedrückt) |
1 Daumen großes Stück |
Ingwer (in Scheiben) |
3 |
frische Lorbeerblätter |
2 |
Sternanis |
½ Stange |
Zimt |
½ EL |
Pfefferkörner |
400 ml |
dunkle Sojasauce |
1 bis 2 TL |
Speisestärke (in Wasser aufgelöst) |
100 g |
kalte Butter (in Würfeln) |
Der Sellerie-Kartoffelstampf
Menge | Zutat |
---|---|
6 mittelgroße |
mehlige Kartoffeln |
½ mittelgroßer |
Knollensellerie |
1 Tasse |
Hühnerbrühe (ersatzweise Gemüsebrühe) |
1 Tasse |
Milch |
2 EL |
Sauerrahm |
1 EL |
geriebener Meerrettich (Glas) |
2 EL |
Butter |
|
Salz, Pfeffer, Muskat |
Die Vichy-Möhren
Menge | Zutat |
---|---|
1 Bund |
Möhren |
2 bis 3 mittelgroße |
Schalotten |
80 bis 100 g |
Butter |
1 guter Schluck |
Mineralwasser |
½ Bund |
Petersilie (ohne Stiele, fein gehackt) |
Einige Blättchen |
Basilikum (fein gehackt) |
|
Zucker, Salz, Pfeffer (weiß, aus der Mühle) |
Die Erbsenschoten
Menge | Zutat |
---|---|
2 Hand voll |
Erbsenschoten |
1 EL |
gerösteter Sesam |
2 EL |
fein gehackte Petersilie |
½ EL |
fein gehackter Estragon |
1 Schuss |
helle Sojasauce |
1 kleiner Schuss |
geröstetes Sesamöl |
|
Salz, Pfeffer, Blütenhonig, Condimento Bianco |