Schlemmerfilet à la Bordelaise

Schlemmerfilet à la Bordelaise

1. Juni 2020

Man kann über das Corona-Virus klagen, sich die Haare raufen, schlechte Laune oder Depressionen bekommen. Man kann die Zeit jedoch auch nutzen und zum Beispiel viel mehr Sport an der frischen Luft treiben, Italienisch lernen oder Bilderalben anschauen und sich an Schönes erinnern. Etwa an Urlaube und fantastische Restaurantbesuche – „ach, selige Zeiten!“ – oder man tröstet sich mit dem Gedanken an die Zeit „danach“ und kocht sich ein aufmunterndes Seelenessen, das an alte Zeiten erinnert und von innen heraus entspannt und glücklich macht!

Freitags gab es bei uns zuhause Fisch. Vorausgesetzt, der fahrende Fischhändler hatte am Donnerstag ansprechende, frische Ware im Angebot. Meine Oma hat jeden Tag für Alle gekocht, und sie konnte sehr gut kochen. Viele Münder hat sie in langen Jahren an ihrem großen Küchentisch sattbekommen. Und nicht nur einfach satt, sondern auch zutiefst zufrieden. Gemeinsam haben wir gegessen und erzählt, was uns umtrieb, was wir erlebt, was wir vorhatten. Jeder war immer auf dem aktuellen Stand. Die Oma hat zeitlebens gerne geplaudert, „gesproocht“, wie man im Saarland sagt. Bis kurz vor ihrem fünfundneunzigsten Geburtstag hat sie gekocht und das mit viel Elan, wenn auch nur noch für überschaubare Anzahl Gäste. Sogar Frikadellen oder Leberknödel standen auf dem Speiseplan und gar an Fasching „Faasenachtskiechelcher“, das sind kleine „Berliner“, mit Pflaumenmus gefüllt. Die Arbeit in der Küche war ihr nicht zu viel, auch wenn es beschwerlicher für sie wurde. Zuletzt sah man sie dabei oft auf einem Stuhl am Küchentisch schnippeln oder vor dem Herd sitzen, denn das Atmen fiel ihr schwer.

Gute Laune – auch ohne Ponyhof

Die Oma, die wusste, das Leben zu nehmen, obwohl es weiß Gott kein „Ponyhof“ für sie war. Das jedoch hatte sie, im Gegensatz zu den offensichtlich verwöhnten „Corona“-Auflagen-Geplagten ringsum, die sich derzeit in Weinerlichkeit, Hässlichkeiten oder gar Verschwörungstheorien flüchten, auch nie erwartet. Das ist wohl der große Unterschied und der Grund dafür, dass sie ihr Schicksal ohne Blessuren überstanden hat. Zumindest hatten wir diesen Eindruck von ihr, weil sie sehr oft lachte, immer gut gelaunt und adrett zurechtgemacht war. Stets beteuerte sie, dass sie trotz allem ein sehr schönes Leben gehabt habe. Sie nahm sich selbst nicht so wichtig, und gab uns die Bitte mit auf den Weg, doch um Himmelswillen nicht um ihretwegen Tränen zu vergießen, wenn sie eines Tages die Augen schließen würde. Dieser Bitte konnten wir jedoch, als der Tag gekommen war, nicht nachkommen, denn die Lücke, die sich auftat, war groß!

Hefezopf

„Was kommt, das kommt“

Manchmal sinnierte sie, die auf dem Laufenden zum Weltgeschehen war, darüber, was uns Junge wohl noch so erwarten würde. Sie dachte dabei sicherlich nicht an „Corona“, hatte es jedoch in der Kindheit erlebt, wie vier von neun Geschwistern an Scharlach und Diphtherie gestorben sind. Verlor später zwei der Brüder im Krieg, den Mann früh am Herztod, hat Krebs überstanden, einen Sohn sich abwenden und einen noch jungen Enkel an einer unheilbaren Krankheit siechen sehen. Die Liste könnte man noch um einiges verlängern. Ich habe es immer bewundert, dass die Oma, wenn sie das alles erzählte, niemals verbittert, niemals wehklagend war. Sie hat das, was das Leben beschert hat, angenommen. Hat getrauert, wenn es etwas zu betrauern gab, und dann die Dinge mit sich ausgemacht, und sich berappelt. „Was kommt, das kommt“ war ihre Devise, jedoch verband sie diese keineswegs mit ergebenem Fatalismus. An dem Tag, als sie fast überhaupt nicht mehr atmen konnte, stieg sie ermattet jedoch erhobenen Hauptes die drei Stufen vor der Haustür hinab und stieg in den Krankenwagen. Sie sagte „Was sein muss, muss sein.“ In der Nacht schlief sie ein, denn jegliche „unterstützende“ Maßnahmen mittels medizinischer Geräte hatte sie beizeiten ausgeschlossen.

Zuckereierzöpfe und Spargelröllchen

Weil die Oma gutes Essen liebte, hat es sich manifestiert, dass wir bei all den Leibgerichten, die wir nun ohne sie verspeisen, stets an sie denken. An Ostern backte sie, so lange ich denken kann, amtliche Hefezöpfe, die sie üppig mit bunten Zuckereiern garnierte und kleinere Zopf-Nester, in die sie ein gefärbtes Osterei steckte. Dieses luftige Gebäck hat mir, den anderen Enkelkindern und schließlich den Urenkeln stets das Fest versüßt. Sie liebte gefüllte Eier und Spargelröllchen, die sie auch noch an ihrem letzten Geburtstag hergerichtet hat. Wir haben Waldmeister gesucht und Bowle daraus gemacht, Bärlauch und Maiglöckchen nachhause getragen, ohne uns um Verwechslung zu sorgen. Die Oma kannte sich bestens aus mit den Kräutern und Früchten von Wald und Feld! Wir haben es mittlerweile zu einem schönen Brauch gemacht, „ihre“ Speisen zum Osterbrunch mit der Familie zu servieren, um uns dann gemeinsam an sie zu erinnern.

Fischfilet à la Bordelaise

Nun ist es nicht so, dass es bei uns strikt jeden Freitag Fisch auf dem Speiseplan steht, wenn es aber das „Fischfilet à la Bordelaise“ gibt, dann ist die Oma wieder lebendig. Seit „Käpt‘n Iglo“ die gefrorenen Fischblöcke erfunden und wir endlich eine Tiefkühltruhe hatten, tischte sie dieses praktische Gericht immer wieder gerne auf, wenn es an frischem Fisch mangelte.

Freitags feiner Fisch

Ich bereite uns das überbackene Fischfilet frisch zu. Wenn ich dazu Rahmkartöffelchen und „Pfennigsalat“ serviere, dann höre ich die Oma eine glockenhelle Tonleiter lachen. Pfennigsalat ist ein köstlicher Salat aus exakt auf den Punkt gekochten Karottenscheibchen, in einem Zwiebel-Sauerrahm-Dressing gut durchgezogen, vor dem Servieren mit frisch geernteter, fein gehackter Petersilie angereichert. Köstlich und kulinarisch von Karotten-Rohkost, die ich auch schätze, Lichtjahre entfernt!

Von „Resilienz“ wird heute viel gesprochen, der psychischen Widerstandsfähigkeit und der Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und für die persönliche Entwicklung zu nutzen. Mit solch modernen Themen war die Oma nicht bewandert, aber sie lebte intuitiv danach. Leider können wir sie nun nicht mehr fragen, was sie über die Corona-Herausforderung gedacht hätte. Ich bin mir sicher, sie hätte die Situation im Angesicht ihrer Lebenserfahrung jedoch nicht überdramatisiert. Es ist die Relativität des Erlebten, die eine angemessene, gesunde Einschätzung hervorbringt. Das fehlt in diesen Zeiten vielen Menschen, weil sie – das würde die Oma sagen – verwöhnt und verzärtelt sind!

Der Möhrensalat

  1. Möhren schälen, blanchieren, abschrecken.
  2. Schalotten fein würfeln, in Essig ziehen lassen.
  3. Mit allen anderen Zutaten zu einem Dressing verrühren, Möhren durchziehen lassen.
  4. Vor dem Servieren fein gehackte Petersilie unterheben.

Die Rahmkartoffeln

  1. Kartoffeln schälen, in Spalten schneiden, bis kurz vor al dente garen.
  2. Butter aufschäumen, mit Mehl bestäuben. Kurz bräunen lassen.
  3. Mit der Flüssigkeit glatt rühren, köcheln lassen.
  4. Kartoffeln hinzufügen und zu Ende garen. Immer wieder umrühren.
  5. Vor dem Servieren Schnittlauchröllchen unterheben.

Das Fischfilet

  1. Fischfilets abwaschen, trocken tupfen.
  2. Zwiebeln und Knoblauch glasig dünsten, abkühlen lassen.
  3. Butter, Olivenöl und Salz cremig aufschlagen.
  4. Eigelb, Schalotten, Kräuter, Senf und Zitronenabrieb unterrühren.
  5. Pankobrösel hinzufügen, mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  6. Masse auf Fisch verteilen und andrücken.
  7. Goldbraun überbacken.
Das Fischfilet ist innen glänzend und saftig, die Kruste obendrauf buttrig und knusprig. Sanfte, cremige Béchamelkartoffeln und spritziger Möhrensalat sind die perfekte Ergänzung. Ein Gedicht, abgerundet von charaktervoller Bärlauchpesto!

Der Möhrensalat

Die Möhren schälen und mit der Mandoline in 2 bis 3 mm dünne Scheiben hobeln. Ausreichend gesalzenes Wasser aufkochen, Möhren hineingeben, das Wasser noch einmal aufwallen lassen, Topf beiseiteziehen, Möhren ca. 1 Minute darin ziehen lassen. Gargrad überprüfen, sie sollen leicht über al dente sein. Abgießen, kalt abschrecken, abtropfen lassen.

Die Schalotten fein würfeln und in dem Apfelessig eine viertel Stunde ziehen lassen, so werden sie milder. Mit Öl, Honig und Sauerrahm ein Dressing rühren, die Rippen der Lorbeerblätter einmal knicken und hinzufügen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Möhren mindestens 2 Stunden im Dressing ziehen lassen. Vor dem Servieren Lorbeerblätter entfernen, Petersilie fein hacken und unterheben.

Die Rahmkartoffeln

Kartoffeln schälen und in Spalten schneiden. Gesalzenes Wasser aufkochen, Kartoffeln 6 bis 8 Minuten darin köcheln, bis sie noch nicht ganz al dente sind. Abgießen, etwas von dem Kochwasser auffangen. Butter in einer Kasserolle aufschäumen, Mehl hineinstäuben und kurz etwas Farbe nehmen lassen. Mit Kochwasser glatt rühren, Sahne, Milch und Lorbeerblätter hinzufügen, ca. 15 Minuten leicht sämig einköcheln, salzen und pfeffern. Kartoffeln hinzufügen und auf kleinster Flamme ziehen lassen, bis sie den gewünschten Gargrad erreicht haben. Immer wieder umrühren, damit sie nicht ansetzen. Mit Muskat abschmecken, die Lorbeerblätter entfernen. Wenn die Soße zu dicklich sein sollte, noch etwas Milch angießen. Kurz vor dem Servieren Crème fraîche einrühren, den Schnittlauch in feinste Röllchen schneiden und unterheben.

Das Fischfilet

Fischfilets abwaschen und auf Küchenkrepp trocknen. Verwendet man TK-Fisch, diesen im Kühlschrank behutsam auftauen lassen und dann ebenso verfahren. Fisch salzen und pfeffern, mit einigen Spritzern Zitronensaft beträufeln.

Backofen auf 200 °C Ober-/Unterhitze aufheizen. Zwiebeln und Knoblauch in Olivenöl glasig dünsten, abkühlen lassen. Butter, Olivenöl und Salz ca. 5 Minuten lang cremig aufschlagen. Das Eigelb unterrühren. Danach Schalotten, Kräuter, Senf und etwas Zitronenabrieb unterrühren. Zuletzt Panko-Brösel hinzufügen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Fischfilets in ein leicht gebuttertes flaches Eisenpfännchen oder Auflaufförmchen setzen und üppig mit der Bröselmasse belegen und andrücken. Beim Belegen hilft ein „Schlesinger“ dabei, die Masse gleichmäßig zu verteilen und gerade Kanten zu erhalten (ein ausreichend großer Spachtel tut es auch). Maximal eine Viertelstunde überbacken. Dabei in den letzten 5 Minuten über das Geschehen wachen, die Brösel-Kruste soll goldbraun, aber nicht zu dunkel sein.

Fisch mit einigen Béchamel-Kartoffeln umlegen, die restlichen Kartoffeln und den Möhrensalat separat reichen, damit sich jeder bedienen kann.

Tipp: Zu diesem ausgewogenen, feinen Gericht passt hervorragend eine charaktervolle Bärlauchpesto. Hier gibt es das Rezept dazu.

Für 2 Personen

Der Möhrensalat

Menge Zutat

500 g

Bundmöhren

2

frische Lorbeerblätter

2

Schalotten

2 EL

Apfelessig

2 EL

Sonnenblumenöl

1 guter Spritzer

Honig

2 EL

Sauerrahm

1 EL

Mayonnaise

Einige Stiele

Petersilie

 

Salz, Pfeffer

Die Rahmkartoffeln

Menge Zutat

6 mittelgroße (ca. 500g)

Kartoffeln (vorwiegend festkochend)

2

frische Lorbeerblätter

1 geh. EL

Butter

1 geh. EL

Mehl

100 ml

Sahne

100 ml

Milch

2 TL

Crème fraîche

Etwas

Kartoffelkochwasser

1 Bund

Schnittlauch

 

Salz, Pfeffer, Muskat

Das Fischfilet

Menge Zutat

350 bis 400 g

Fischfilet (z. B. Seelachs oder Kabeljau)

2 TL

Dijon-Senf

1 mittelgroße

Zwiebel (fein geschnitten)

1

Knoblauchzehe (fein geschnitten)

60 g

Butter

1 Schuss

Olivenöl

1

Eigelb

60 g

Panko-Brösel (oder grob geriebenes, trockenes Brötchen)

1

Bio-Zitrone

1 EL

frische Thymianblättchen (abgezupft)

1 EL

frische Estragonblättchen (fein geschnitten)

8 bis 10 Stiele

glatte Petersilie (fein geschnitten)

 

Salz, Pfeffer

Diese Seite wurde zuletzt am 31.05.2020 um 19:45 Uhr aktualisiert.

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