Rinderrouladen mit Kerbel-Spinat und Kartoffel-Senf-Stampf

Rinderrouladen mit Kerbel-Spinat und Kartoffel-Senf-Stampf

24. September 2016

Es gibt Werte in meinem Leben, bei deren Pflege ich kompromisslos bin. Nicht stur. Vielmehr ist es so, dass ich mit viel Gefühl an Dingen hänge, die mir lieb und teuer sind. Vor allem an Lieblingsgerichten aus der Kindheit. Die müssen genau so schmecken, wie sie immer geschmeckt haben. So gerne ich auch experimentiere, siegt bei diesen Gerichten die Tradition.

Die wohligen Gefühle, die aufkommen, wenn ich an Sauerbraten, Schweinebraten mit Kruste oder aber Rinderrouladen denke, sind durch nichts zu ersetzen und eigentlich kaum zu beschreiben.

Diese Gerichte kommen bei uns immer mal wieder auf den Tisch und sind jedes Mal etwas Besonderes. Wir Kinder durften uns früher im Wechsel für den Sonntag ein Lieblingsgericht wünschen. Oder an den Feiertagen. An Weihnachten lieber Gans oder Pute? Da kam schon Mitte der Woche Freude auf. Am Samstag wurden mehrere Kuchen gebacken, und am Sonntag gab es den Sonntagsbraten. Oder eine Rinderbrust mit Meerrettich. Oder Grillhähnchen. Oder ein schönes Schnitzel. Beides als Krönung mit knusprigen Pommes und unbedingt Gurkensalat mit saurer Sahne und Dill. Die Knödel nicht zu vergessen, die meine Mutter in großen Mengen herstellte. Leberknödel, Gefüllte Kartoffelknödel, Semmelknödel, Schneebällchen. Immer etwas ganz Besonderes. Herrlich!

Wobei ich jetzt nicht den Eindruck erwecken möchte, dass wir in Saus und Braus gelebt hätten. Meistens ist es bei dem einen Fleischgericht in der Woche geblieben. Sicher gab es unter der Woche auch einmal Frikadellen oder Bratwürste. Aber der Sonntagsbraten war einzigartig. Meine Mutter hatte zwar das Geld nicht im Übermaß, war jedoch eine kluge Hauswirtschafterin. Das halbe Schwein bekamen wir günstig von einem Bauern, der dafür aus unserem Haushalt mit Essensresten für sein Tierfutter versorgt wurde. Wenn sich die Gelegenheit bot, haben wir bei einem anderen Bauern aus dem Bliesgau einen halben Jungbullen geordert. Gemetzgert haben die Großeltern. Es wurde eingekocht, eingefroren und „gewurstelt“ auf Teufel komm raus. Ich kann euch sagen, das war alles sehr aufregend. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich so aufwachsen konnte!

Das letzte Zipfelchen der jeweiligen Tiere wurde verwertet. Kein Tröpfchen Speckfett oder Schmalz verkam. Was wir Kinder nicht mochten, waren die Innereien. Bis allerhöchstens auf die Leber. Bitte kein Hirn und keine Lunge! Und die „Extremitäten“: Füßchen, Schwänzchen, Schnäuzchen, Öhrchen. Oder ganz schlimm vom Rindvieh: Zunge und Kutteln. Boah Alter! Ich mochte diese Teile nicht essen und mag sie noch heute nicht. Jedoch finde ich es gut, dass man sich mittlerweile wieder daran erinnert, dass man praktisch alle Teile vom Tier verwerten kann.

 

Sommerwiese

Eine der schönsten Erinnerungen ist diejenige, dass es am Sonntag immer mehrere Salate zur Auswahl gab. Wir waren Selbstversorger mit einem großen Garten und hatten daher immer Einiges an Gemüsen und Salaten zur Auswahl. Aus Knollensellerie gab es stets eine gekochte Version und eine rohe. Ich konnte mich nie entscheiden, welche besser geschmeckt hat, und kann es bis heute nicht. Dieser Duft, der am Samstagnachmittag durchs Haus stieg, wenn die Sellerieknolle vorgekocht wurde. Und zwar im Ganzen. So bleibt das Aroma in der Knolle, und Schale und Grün geben zusätzlich Aromen ab. Diese Mühe macht sich heute kaum noch einer.

Andererseits der rohe, fein geraspelte Sellerie mit einem Äpfelchen und Schalotten-Sahne-Sauce. Am besten schon samstags angemacht, damit er schön durchziehen konnte. Nicht anders ergeht es mir – auch heute noch – mit Karottensalat. Der gekochte mit Zwiebelchen und viel Petersilie ist mit mindestens genau so lieb wie der rohe, ebenfalls mit Apfelraspeln und ein wenig saurer Sahne. Wenn noch ein paar geröstete Körnchen, z. B. Sonnenblumenkerne hinzukommen, schadet es auch nicht. Oder feinster Blumenkohlsalat. Ebenso Schneidebohnensalat. Rote Bete. So könnte ich jetzt weitermachen, bis so ziemlich alles aufgezählt wäre, was außer Obst und Beeren in unserem Garten wuchs.

Jetzt habe ich mich einmal mehr von meinen Erinnerungen hinreißen lassen. Zurück in die Gegenwart. Kaum, dass es zwei Tage nicht ganz so heiß war, musste etwas Deftiges auf den Teller. Und zwar Rinderrouladen. Schön klassisch gefüllt mit Räucherspeck, Zwiebel, Sellerie und Möhren. Dann ganz langsam geschmurgelt, um eine schöne dunkle Soße zu bekommen.

Dazu sollte es jungen Blattspinat geben, ein klassisches Bouillongemüse und einen Kartoffel-Sellerie-Stampf mit „Moutarde à l’Ancienne“, groben französischen Senf. Ich kann euch sagen, dass ich an diesem Tag im siebenten Kulinarik-Himmel war. Solche Geschenke muss man sich von Zeit zu Zeit einmal machen!

Die Rinder-Rouladen

  1. Lauch halbieren und grüne Blattanteile kurz blanchieren und abschrecken.
  2. Möhren in Stifte schneiden, Gurken in längliche Scheiben oder in Stifte schneiden. Zwiebel in Ringe hobeln.
  3. Rouladenscheiben salzen und pfeffern. Mit Senf bestreichen. Mit Lauch belegen. Speckscheiben darüber verteilen. Möhren und Gürkchen platzieren und alles aufrollen.
  4. Suppengrün würfeln.
  5. Rouladen in heißem Butterschmalz anbraten. Herausnehmen und beiseite stellen.
  6. Wurzelgemüse anschwitzen, mit Tomatenmark karamellisieren und mit Portwein ablöschen.
  7. Rouladen zurück in den Bräter auf die Gemüse setzen und mit Rinderfond angießen.
  8. Rouladen zugedeckt auf kleiner Flamme langsam schmoren.
  9. Bratenfond mit einem Teil der Wurzelgemüse aufmixen und durchpassieren. Jus hinzugeben, mit Stärke abbinden und kurz aufkochen lassen.

Der Kartoffelstampf

  1. Kartoffeln in der Schale kochen und noch heiß pellen. Zerstampfen. Warme Milch angießen.
  2. Senf, Salz, Muskat und Nussbutter hinzugeben und vermengen.

Das Bouillongemüse

  1. Alle Gemüse gleichmäßig klein würfeln und in Rinderfond garen.
  2. Lorbeerblatt und Liebstöckel entfernen. Mit Stärke leicht binden. Salzen und pfeffern.

Der Kerbelspinat

  1. Schalotten fein würfeln und in Olivenöl glasig anschwitzen.
  2. Spinat in den Topf geben und zusammenfallen lassen. Knoblauch und Ingwer nach Geschmack hinein reiben.
  3. Kerbel hacken und unterheben. Würzen.
  4. Restliches Olivenöl und Pinienkerne unterheben.

Die Rinder-Rouladen

Den Lauch halbieren und die grünen Blattanteile kurz blanchieren und abschrecken. Auf Küchenkrepp „trocken legen". Möhren in ungefähr kleinfingerdicke Stifte schneiden, Gurken in längliche Scheiben oder ebenfalls in Stifte schneiden. Die Zwiebel in feine Ringe hobeln. Nun die Rouladenscheiben salzen und pfeffern. Üppig mit Senf bestreichen. Mit dem Lauch belegen. Die Speckscheiben darüber verteilen. Möhren und Gürkchen platzieren und alles aufrollen und mit Rouladen-Nadeln zu spießen.

Die Gemüse vom Suppengrün würfeln. Etwas Petersilienwurzel kann an dieser Stelle nicht schaden. Die Rouladen mit der Schnittstelle nach unten in heißem Butterschmalz anbraten. Herausnehmen und beiseite stellen. Wer nur ganz wenig Fett mag, entnimmt einen Teil von dem Butterschmalz aus dem Bräter. Nun das vorbereitete Wurzelgemüse anschwitzen, mit dem Tomatenmark karamellisieren lassen und mit dem Portwein ablöschen. Die Rouladen zurück in den Bräter auf die Gemüse setzen und mit Rinderfond angießen. Sie sollen fast bedeckt sein. Salzen und pfeffern. Glücklich, wer selbstgemachten Rinderfond hat. Meistens lasse ich mir vom Metzger einige Suppenknochen geben und mache mir die Mühe, Fond selber herzustellen. Es tut aber auch ein gekaufter Fond von guter Qualität.

Die Rouladen zugedeckt auf kleiner Flamme langsam schmoren. Ab und zu die Flüssigkeitsmenge kontrollieren und gegebenenfalls etwas Fond nachgießen. Nach 2 ½ bis 3 Stunden sind sie herrlich mürbe. Entnehmen und warm stellen. Den Bratenfond mit einem Teil der Wurzelgemüse aufmixen und durch ein Sieb passieren. Den Jus hinzugeben, mit der Stärke abbinden und noch einmal kurz aufkochen lassen. Durch das Abbinden mit Stärke – mit der Menge aufpassen – erhält die Sauce einen ansprechenden Glanz.

Der Kartoffelstampf

Die Kartoffeln in der Schale kochen und noch heiß pellen. Mit dem Kartoffelstampfer nicht ganz so fein zerstampfen. Die warme Milch angießen. Möglicherweise braucht man nur einen Teil der Milch. Hier kommt es darauf an, wie die persönlichen Vorlieben zur Konsistenz sind. Da ich in diesem Fall Nocken abdrehen wollte, darf der Stampf natürlich nicht zu flüssig sein. Den Senf, eine Prise Salz, eine kräftige Prise Muskat und die Nussbutter hinzugeben und vermengen.

Das Bouillongemüse

Alle Gemüse gleichmäßig klein würfeln und in dem Rinderfond garen. Lorbeerblatt und Liebstöckel entfernen. Mit wenig Stärke leicht binden. Salzen und pfeffern.

Der Kerbelspinat

Die Schalotten fein würfeln und in etwas Olivenöl glasig anschwitzen. Den gewaschenen Spinat in den Topf geben und zusammenfallen lassen. Das geht ganz schnell. Knoblauch und Ingwer nach Geschmack hinein reiben. Den Kerbel hacken und unterheben. Wer Kerbel nicht mag, kann auch Blattpetersilie mit etwas Basilikum hernehmen. Mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Restliches Olivenöl und 2 EL Pinienkerne unterheben.

Die Rouladen anschneiden, so dass sich ein schönes Schnittbild ergibt. Nun alles dekorativ anrichten. Von dem Kartoffelstampf mit zwei Esslöffeln Nocken abstecken. Zwei Löffel Bouillongemüse und ein Häufchen Spinat neben die Rouladen setzen. Etwas Sauce angießen und den Spinat mit den restlichen Pinienkernen garnieren.

Die Rinderrouladen

(für 6 Portionen)

Menge Zutat
6 Rouladenscheiben aus der Oberschale
12 Scheiben leicht geräucherter Speck
1 Stange Lauch
2 mittelgroße Möhren

6 bis 8 mittelgroße

Essig-Gürkchen
2 mittelgroße weiße Zwiebeln
2 Bund Suppengrün
4 EL Dijonsenf
2 bis 3 EL Butterschmalz
2 EL Tomatenmark
8 cl Roter Portwein
1 Liter Rinderfond
2 EL Rinderjus
2 TL Speisestärke (aufgelöst)
  Salz
  Pfeffer

Der Kartoffelstampf

(für 2 Portionen)

Menge Zutat
4 mittelgroße mehlig kochende Kartoffeln
1 Tasse Milch
2 EL Nussbutter
2 EL Grobkörnigen Senf (z.B. von Maille)
  Salz
  Muskat

Das Bouillongemüse

Menge Zutat
1 kleiner Kohlrabi
2 mittelgroße Möhren
2 dicke Scheiben Knollensellerie
2 mittelgroße Kartoffeln (vorwiegend festkochend)
½ Tasse Rinderfond
1 frisches Lorbeerblatt
2 Stiele Liebstöckel (ersatzweise wenig Selleriegrün)
½ TL Speisestärke (aufgelöst)
  Salz
  Pfeffer

Der Kerbelspinat

Menge Zutat
500 g junger Blattspinat

2

Schalotten
½ Bund Kerbel
1 Knoblauchzehe
1 Stück Ingwer

3 bis 4 EL

Mildes Olivenöl
3 EL geröstete Pinienkerne
  Salz
  Pfeffer
  Muskat

Diese Seite wurde zuletzt am 07.12.2019 um 15:57 Uhr aktualisiert.

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