Pastilla von Kaninchen und Brennnessel
28. März 2021
Eier hat man schon in der Antike hartgekocht und gefärbt, denn weil man sie während der Fastenzeit nicht essen durfte, musste eine Kennzeichnung des Alters her! Am Ostersonntag sodann wurden sie aufgetischt, und die Gäste hatten die Wahl zwischen jüngeren und älteren Exemplaren 😉!Der Osterhase verteilt unter den Menschen die Eier, weil sie Zeichen der Fruchtbarkeit sind und der Menschheit Hoffnung und Auftrieb bescheren sollen. Das Ei ist das Symbol für Leben schlechthin. Schmökert man in der Geschichte des Osterhasen, findet man einige abstruse Auslegungen. Unter anderem auch die, dass rot gefärbte Eier die Auferstehung Christi symbolisierten. Wie auch immer, der eierspendende Hase hat sich bis heute durchgesetzt. Nicht mehr nur geschichtlich beauftragt, wird er seit Jahrzehnten zur Kinderbelustigung eingesetzt. Belustigung kann als Zeitvertreib stehen und erbauend sein, und das ist gesund!
Newtons Gesetz im praktischen Einsatz
Für mich war das Betrachten meines Osternestes, das ich mit großem Ernst gebaut hatte, stets eine große Freude. Der Osterhase füllte mein Nest mit gefärbten Eiern und Schoko- und Zuckergussexemplaren. Es fand sich in den Nestern auch stets ein weiteres Geschenk. Ein Spielzeug zunächst, später meist ein Buch für die „Leseratte“. Ich erinnere mich an ein Netz mit drei federnden, tennisgroßen Bällen. „Dreiball“ war in Mode, das Jonglieren oder das Bespielen von Wänden, auch das gegenseitige Beschicken wollten geübt sein. Unermüdlich übte ich mich an der hohen Gartenmauer, doch die zurückprallenden Bällchen wollten sich nicht von mir bändigen lassen und folgten regelmäßig der Schwerkraft an meinen Händen vorbei.
Das Koordinieren im Geiste war schon immer meine Disziplin, die Extremitäten hingegen, bekam ich häufig nicht in den Griff. Noch heute fällt einer von mehreren Gegenständen in meinen Händen senkrecht zu Boden. Der Garagenöffner ist regelmäßig mit dabei, das Handy jedoch war auch schon betroffen! Ich konstatiere dann stets halblaut: „War doch klar!“ 😝!
Am Pfad der Tugend
Weihnachten war natürlich das Hauptfest des Jahres, immer. Aber Ostern kam im Ranking unmittelbar danach. Die Vorbereitung war intensiv, vor allen Dingen im Jahr der Erstkommunion. Der Kommunionunterricht brachte mir Ostern und die Leidensgeschichte Jesu näher. Obwohl ich nicht grundkatholisch erzogen war, erzürnten mein kindliches, zartes Gemüt die Verräter und Schlächter, die dem langhaarigen, von mir bewunderten Mann aus Galiläa die Lanze in die Flanken rammten.
Gedanken vom Kreuzweg
Ich war schon von jeher sehr empfindsam und auch begeisterungsfähig, in jede Richtung. Den in Blei gegossenen Kreuzweg in den Seitenschiffen unserer Kirche hatte ich bislang nicht wahrgenommen. Pfarrer Mansion jedoch war ein Geschichtenerzähler und Prediger vor dem Herrn und seine Auslegungen und verbalen Bebilderungen zogen mich, szenisch, wie er sie aufbereitet hatte, in ihren Bann. Abends lag ich im Bett und haderte mit der Schlechtigkeit und Verwerflichkeit der Menschen. Verfiel den Gedanken an den einen reinen Menschen, der sein Leben für den Rest der Menschen geopfert hatte. Fromm wollte ich werden und mich dieses Opfers würdig zeigen. Fromm bin ich nicht geworden, doch achtsam und nachdenklich. Ich habe gelernt, dankbar zu sein für die Möglichkeiten, die das Leben mir bietet. Ob es nur von österlichem Gedankenanregungen kam, lasse ich im Raum stehen, jedoch blieb die idealisierende Exegese nicht ohne Wirkung.
Meditation an der Teppichstange
Nicht ohne Wirkung blieben die österlichen Dekorationen und Geschenke-Rituale. Und den mentalen Auseinandersetzungen Spielerisches und Leichtes – gewissermaßen Alltagstaugliches – entgegenzusetzen, entspricht einem gesunden Ausgleich. Mit dem Osterputz begann es. Alle Schränke und Vitrinen wurden leergeräumt und samt Inhalt gründlichst gereinigt. Teppiche wurden auf die „Teppichstange“ gehängt, auch Polsterkissen wurden ins Freie befördert und alles kräftig verdroschen, um den Winterstaub zu vertreiben. Mit dem Klopfer bewaffnet und einem Staubtuch auf den Haaren, gab ich alles! Ostern und der „Osterputz“ waren somit auch ein Sinnbild des Frühlings, des neuen, kommenden Jahresabschnitts, den man reinlich einläuten wollte. Und natürlich wurde etwas Besonderes auf den Tisch gezaubert, denn alles andere ist im Saarland, beeinflusst durch die französischen Nachbarn, undenkbar. Die Großmutter buk stets eine gigantische Buttercreme-Torte mit vielen Schichten, oben belegt mit kunterbunten Zuckereiern. Ein einziges Mal nur habe ich mich ohne Maß und Ziel an ihr versündigt und sodann dafür gesorgt, dass die Mutter das Bett des nächtens frisch beziehen musste. Ab da begegnete ich der Torte mit Lust jedoch auch mit Respekt! Meiner heutigen „Pastilla“, die ebenfalls eine Torte, jedoch eine deftige ist, begegne ich ebenfalls mit Respekt.
Ein Hammer aus Nordafrika
Es fällt mir nicht ganz leicht, ein Kaninchen zu verarbeiten, zu viele Kindheitserinnerungen plagen mich. Wir hatten, wie alle in der Nachbarschaft, bewohnte Kaninchenställe im Hof. Wahrscheinlich so selbstverständlich, wie man im „Pott“ Tauben hält. Irgendwann wurden die zarten, tausendmal gestreichelten Mümmler dann beiseitegenommen und landeten im Schmortopf. Jahrzehnte habe ich einen Bogen um Kaninchen (aus dem Schmortopf) gemacht. Nun allerdings bot mir eine Bio-Bäuerin unter besten Bedingungen aufgezogene Langohren an, ich überwand mich und griff zu. Ich habe köstliche Pralinen vom Kaninchen mit Lauchpüree und Buttermöhren daraus gerollt und frittiert, die Karkassen geröstet und mit viel Schmorgemüse zu einem Süppchen verarbeitet und schließlich aus dem gezupften Fleisch die Pastete hergestellt. Halb aus Fleisch, halb aus mit Rosinen und Aprikosen geköcheltem Brennnessel-Spinat. Eingepackt in super-knusprigen Filoteig, bestäubt mir Puderzucker und Zimt. Dazu ein erfrischender Dip aus Sauerrahm und Aprikosen-Chutney. Abgefahren? Ja! Tradition in Nordafrika, Megahammer in meiner Rezeptsammlung!
Die Füllung aus konfiertem Kaninchen
- Zerteiltes Kaninchen in Würzöl legen und ca. 2 Stunden konfieren.
- Fleisch zerzupfen und einen Teil mit Sahne pürieren.
- Mit gehackter Petersilie und allen anderen Zutaten vermengen und würzen.
Die Füllung aus Brennnessel-Salat
- Spinat und Brennnesseln verlesen.
- Schalotten und Knoblauch schneiden.
- Alles in Butter anschwitzen.
- Aprikosen schneiden.
- Crème fraîche mit Eiern mixen.
- Alle Zutaten (siehe Tabelle) vermengen und würzen.
- Form buttern, mit Filoteig auslegen.
- Kaninchenfüllung hineingeben, mit Filoteig abdecken.
- Spinatfüllung darauf verteilen, mit Filoteig abdecken.
- Buttern und goldbraun backen.
- Auskühlen lassen und mit Zimt-Puderzuckermischung bestreuen.
Der Dip
- Eingeweichte Aprikosen und Schalotten anschwitzen, mit Zucker karamellisieren.
- Ablöschen, einkochen, mit Speisestärke binden.
- Joghurt-Sauerrahmmasse in Gläschen füllen.
- Aprikosen-Crème darauf verteilen. Kalt stellen.
- Eventuell vor dem Servieren mit Mandeln toppen.
Die Füllung aus konfiertem Kaninchen
(Anregung aus essen&trinken 8/2017)
Das Kaninchen vom Fachmann zerteilen lassen. Kräftig salzen und pfeffern. Die beiden Öle mit Zimt, Knoblauch, Lorbeer und Thymian in eine passende Pfanne geben und das Fleisch nebeneinander darin verteilen. Das gesamte Fleisch sollte vom Öl bedeckt sein. Die Fleischteile bei 100 C° ungefähr 2 Stunden „konfieren“ (bei kleiner Hitze sanft garen). Nach einer Stunde wenden. Nach zwei Stunden hineinpiken und schauen, ob sich das Fleisch vom Knochen lösen lässt. Die Garzeit variiert nach Größe der Teile und nach der Beschaffenheit des Fleisches. Daher ist es von Vorteil, diesen Arbeitsschritt bereits am Vortag zu erledigen, damit kein Stress aufkommt, wenn man ein Stündchen länger braucht! Das Fleisch aus dem Öl nehmen, abtupfen und so weit abkühlen lassen, dass man es zum Abzupfen anfassen kann. Eine Hand voll Fleisch fein hacken, in eine Schale geben, gut durchkühlen und dann mit der Sahne fein pürieren. Petersilienblätter abzupfen und fein schneiden. Eigelb, Ei, Käse, Ingwer und geröstete Mandelstifte sowie Pistazien mit dem gezupften und pürierten Fleisch mischen, mit Salz, Pfeffer, Paprikapulver und Zitronenabrieb würzen.
Hinweis 2: Die Pastilla kann man, wie in diesem Fall, als großen Kuchen backen, jedoch ist es auch gebräuchlich, Handteller große, kleine Pasteten herzustellen. Vor allen Dingen, wenn sie auf einem Festtags-Buffet verwendet werden. Oft streut man dann auf den Boden zunächst geröstete, gemahlene Mandeln oder Nüsse, damit er nicht durchweicht.
Die Füllung aus Brennnessel-Spinat
Spinat und Brennnesseln verlesen. Schalotten und Knoblauch fein schneiden. In der Butter anschwitzen, Blattgemüse hinzufügen und zusammenfallen lassen. Beiseitestellen. Kräuter fein hacken. Aprikosen fein schneiden. Crème fraîche mit den Eiern mixen und mit allen anderen Zutaten vermengen. Mit Zitronenabrieb, Salz, Pfeffer und Muskat abwürzen.
Zur Fertigstellung
Eine Springform mit Butter bepinseln. Mehrere Ecken Filoteig leicht überlappend auf Formboden und ein Stück weit über den Rand hinaushängend verteilen, dazwischen immer wieder mit Butter bepinseln. Letzten Endes sollten zwei bis drei Teigschichten übereinander liegen, damit der Boden stabil ist. Die Kaninchenmischung in der Form verteilen, mit zwei Lagen Filoteig bedecken. Auch diese Blätter mit Butter bepinseln. Brennnessel-Spinatmischung darauf verteilen, die überlappenden Blattteile nach innen klappen und mit zwei weiteren Teigschichten verschließen. Abschließend nochmals mit Butter bepinseln. Ränder mit einem Spatel andrücken.
Je nach Größe des Gebäcks (siehe Hinweis unten) im vorgeheizten Ofen bei 200 °C Ober- und Unterhitze auf der zweiten Schiene mindestens 20, eher 30 Minuten backen. Wenn die Pastilla sehr viel und feuchte Füllung hat, wählt man die Backzeit großzügig, damit die Masse am Ende durchgestockt ist. Es empfiehlt sich, wenn man noch nicht so viel Erfahrung mit dem Garen hat, ab Minute 30 alle 10 Minuten die „Stäbchenprobe“ zu machen. Das bedeutet: einen kleinen Holzspieß oder Zahnstocher in das Innere der Tarte stecken und schauen, ob daran noch klebrige, nicht gare Masse hängt. Der Teig soll goldbraun werden. Damit er bei längerer Backzeit nicht zu dunkel wird, zunächst die Form mit Alufolie abdecken. Gegen Ende der Backzeit den Bräunungsgrad im Auge behalten.
Die Pastilla zum Auskühlen auf ein Kuchengitter ziehen. Mit dem Zimt-Puderzucker bestreuen. Wer es besonders festlich und schön gestalten möchte, fertigt sich eine Papierschablone, passend nach Anlass, an, so dass ein schöner optischer Eindruck geschaffen wird. Zu Ostern könnte das beispielsweise ein angedeuteter Hase sein. Die Pastilla schmeckt am besten lauwarm. Dazu passt ein knackig-grüner Salat. Im Frühjahr zum Beispiel junger Kopfsalat mit Joghurt-Schnittlauch-Dressing.
Der Dip
Schalotten in Öl anschwitzen, Aprikosen hinzufügen. Mit Zucker leicht karamellisieren, mit Wein, Essig und Brühe ablöschen. Um ein Drittel reduzieren. Mit Speisestärke einköcheln lassen, Rosmarin hinzufügen, abwürzen.
Joghurt und Sauerrahm verrühren, Salzen, Pfeffern und mit Limettenabrieb, Limettensaft und fein gewürfelter Chili würzen. Joghurt in kleine Gläser füllen, Aprikosen-Crème darauf füllen, dekorativ einige Rosmarinnadeln hinzufügen. Wer möchte toppt das Ganze vor dem Servieren mit gerösteten Mandelstiften. Unbedingt kalt stellen.
(Zutaten für 6 Portionen)
Die Füllung aus konfiertem Kaninchen
Menge | Zutat |
---|---|
700 ml |
mildes Olivenöl |
500 ml |
Maiskeimöl |
1 |
Kaninchen (aus artgerechter Aufzucht, ca. 1.300 bis 1.500 g) |
1 Stange |
Zimt (vorzugsweise Ceylon-Zimt) |
3 Zehen |
Knoblauch |
3 |
frische Lorbeerblätter |
8 Stiele |
Thymian |
6 bis 8 Stiele |
glatte Petersilie |
1 |
Eier |
1 |
Eigelb |
150 ml |
Sahne |
80 g |
Parmesan (frisch gerieben) |
40 g |
Mandelstifte (geröstet, gehackt) |
1 Hand voll |
Pistazien (geröstet, gehackt) |
1 Daumen großes Stück |
Ingwer (gerieben) |
½ TL |
Paprika edelsüß |
1 |
Bio-Zitrone |
|
Chilisalz, Pfeffer |
Die Füllung aus Brennnessel-Spinat
Menge | Zutat |
---|---|
200 bis 250 g |
junger Blattspinat |
2 Hand voll |
junge Brennnessel-Triebe (vorbestellen oder besser noch, früh morgens selbst sammeln) |
2 |
Schalotten |
2 |
Knoblauchzehen |
2 EL |
Butter |
½ Bund |
Koriander (mit Stielen) |
Einige Stiele |
Blattpetersilie (mit Stielen) |
2 EL |
Sultaninen (30 Minuten in warmem Wasser eingeweicht, abgetropft) |
10 bis 12 |
Soft-Aprikosen |
2 EL |
Crème fraîche |
2 |
Eier |
1 |
Bio-Zitrone (s. o.) |
|
Salz, Pfeffer, Muskat |
Zur Fertigstellung
Menge | Zutat |
---|---|
1 Packung |
Filoteig (vorzugsweise Dreiecke) |
½ Packung |
Butter (zerlassen, lauwarm) |
2 EL |
Puderzucker-Zimt-Mischung |
Der Dip
Menge | Zutat |
---|---|
1 Becher |
Griechischer Joghurt |
1 bis 2 EL |
Sauerrahm |
1 Hand voll |
Soft-Aprikosen (fein gewürfelt, eingeweicht) |
1 |
Bio-Limette |
1 |
rote Chilischote (fein gewürfelt) |
2 |
Schalotten |
2 EL |
Rapsöl |
2 EL |
milder Weißweinessig |
½ Tasse |
Geflügelbrühe |
2 TL |
Zucker |
½ TL |
Speisestärke (aufgelöst) |
Einige |
Rosmarinnadeln |
|
Salz, Pfeffer |