Kohlrabi Kaltschale

6. Juli 2025
Die „überirdische (!) Kohlrübe“ trägt ihren Namen ursächlich, weil sie anders als zahlreiche Verwandte ihrer Rübenfamilie, nicht als Spross im Schutz der dunklen Erdkrume wächst. Mut steckt in ihr, sie reckt den „Kopf“ ambitioniert gen Himmel und gedeiht am Sonnenlicht. Sie ist etwas Besonderes. Kohlrabi ist im wahren Wortsinn eine Rübe vom Kohl, also ein mit Nährstoffen befüllter Kraftspeicher. Das klingt kulinarisch uncharmant, trumpft jedoch mit unschlagbarem Inhalt.
Keine Luftnummer
Da Kohlrabi nicht wie andere Rüben in, sondern über der Erde wächst, wird er auch „Luftkohl“ genannt. Und anders als bei anderen Kohlsorten, z. B. Weiß-, Rot- oder Spitzkohl werden nicht hauptsächlich deren Blätter verwendet. Die Kugel mit ihrem zart-weißen Innenleben hat es vielen von uns angetan, und auch ich stehe vorbehaltlos zum knackigen „Oberrübchen“. Viele Namen wurden für sie vergeben, und sie ist äußerst wandlungsfähig! Heute findet sie sich stylish auf Speisekarten als Carpaccio und man stapelt gerne „Offene Lasagne-Türmchen“ aus ihr, in der Absicht Nudelblätter und somit Kohlehydrate zu sparen. Von zu Hause kenne ich das „Kohlräbchen“ geraspelt als Salat mit reichlich Sauerrahm, traditionell begleitet von Liebstöckel. Als cremiges Süppchen oder Gemüse mit Petersilien-Béchamel ist es beliebt und überdauert bis heute. Wohlfühlgedanken der Kindheitsküche kommen bei mir auf.

Über Farben und Werte
In den Gärten von Eltern und Großeltern wuchsen die hellgrünen sowie die ansehnlichen blau-violetten Kugeln. Geschmacklich unterscheiden sie sich für meinen Gaumen nicht wesentlich. Jedoch führt die Expertise aus, die Violetten seien widerstandsfähiger gegen Feinde aller Art und würden auch seltener bei Hitze aufplatzen. Vom Kleinen aufs Große übertragen, vermag die äußere Schönheit der Blau-Violetten womöglich nichts Abschließendes über die inneren Werte auszusagen, wie es nun einmal mit Hüllen ist. So ein „Caulis (Kohl) Rapum (Rübe)“ hat demnach beinahe menschliche Züge ...
Auf gute Nachbarschaft
Meine gedanklichen Exkursionen zum Wesen des Kohlrabi in Bezug auf den Begriff „menschlich“ nehmen Fahrt auf. Im Sinn von „zwischenmenschlich“ ist beispielsweise eine gute Nachbarschaft unschätzbar. Was hat das mit dem Kohlrabi zu tun? Es steht sicherlich nicht allein in der Macht einer Kohlrabikugel, eine gute Nachbarschaft zu manifestieren 🤔! Der makellose Kohlrabi für das heutige Süppchen bildet zumindest einen soliden Grundstein und wichtigen Beitrag. Er stammt aus dem Hochbeet der Nachbarin, der ich auch aus vielen anderen Gründen Wertschätzung entgegenbringe! Setzlinge, Pflanzerde und Düngung: alles Bio. Gepflegt mit Liebe. Sie versorgt uns den Sommer über mit prallen Gurken aus ihrem kleinen Treibhaus, Fenchel und verschiedenen Salatsorten. Wir wissen das sehr zu schätzen, der Kohlrabi eher nicht, denn er ist heikel mit seinen Nachbarn und meidet eigentlich Gurke und Fenchel! Es kommt wohl auch beim Gemüse auf das „Wie“ im Umgang miteinander an! Die Pflanzen im Hochbeet der Nachbarin kommen allerdings offensichtlich friedlich miteinander aus.
Heiße Meldungen
Es wurde heiß in diesem Juni 2025. Wie man hört, ist es der heißeste Juni „Allerzeiten“. Seit Tagen übertreffen sich Moderatoren der Radiosender darin, ultimative Hitzeerlebnisse von Hörerinnen und Hörern ins Studio zu holen. Die Informationsfülle macht wuschig, gerade bei Hitze! Da kocht die Fantasie gerne einmal ihr eigenes Süppchen 🫨.
Während einer weiteren Hitze-Rekord-Meldung steuere ich meine wohltuend temperierte Küche an. Ich werde ein beschwichtigendes, kühles Süppchen kochen! Der Radiomoderator im Hintergrund holt derweil wieder zur derzeitigen „Hitze“ so richtig aus. Es geht um die Temperaturen in Dachwohnungen und darum, ob man sich in Wasser getränkte Kleidung anziehen oder sich Wasser über den Kopf schütten soll. Oder noch besser: sich fortwährend mit Wasser besprühen? Dazu noch ein rasender Ventilator?
Während ich mir die schöne Kohlrabiknolle betrachte, denke ich: Macht das alles gleichzeitig! Ich schalte schließlich den Sender aus. Gute Entscheidung, bevor sich meine Emotionen sehr verbindlich auf reale Hitze-Lebensgefahr einpegeln 🥲!

Fast am Nullpunkt
Da alle Zutaten, die in der „Bowl“ ihre Verbindung finden, vor dem Servieren schon einmal auf Temperatur gebracht wurden, fragt man sich womöglich, warum sie später kühl serviert werden. Das hat den einfachen Grund, dass ich Kohlrabi nicht ausschließlich als Rohkost bevorzuge. Im gegarten Zustand entwickelt er, wie auch Spargel oder Brokkoli mehr den typischen Eigengeschmack. Und wenn Kohlsorten kurz gegart und dann in Eiswasser abgeschreckt werden, verlieren sie den von vielen Menschen ungeliebten schweflig-kohligen Geruch. So kommen sie nicht mehr „oll“ des Weges, sondern überraschend erfrischend. Und kühl serviert erspart die kühle Bowl das Besprenkeln und Ventilatorsausen (siehe oben) 😊.
Es ist ein spritziger, gesunder und kühlender Sommergenuss, den ich kulinarisch hervorbringen werde. Figur und Gesundheit kommen mit viel Vitamin C und Mineralien in Bestform. Die eigene „Kontur“ bleibt tipp-topp. Mineralstoffe wie Kalium, Kalzium, Magnesium und Folsäure fluten den Körper mit frischer Kraft als Widerstand gegen sommerliche „Hitze“. Etwas Gin und Prosecco versprühen gute Laune. Ran also an die lebensrettende Kohlrabi-Kaltschale. Ich bin entschlossen, mein Wohlfühl-Level zu halten. Ich verspeise meine Suppe samt Einlage und empfehle diese allen: Pimp Your Body!
- Kohlrabihälften mit Kugelausstecher auspulen.
- Kohlrabihälften und Kohlrabikugeln nicht zu weich blanchieren.
- Kohlrabihälften und Kugeln angrillen, bis sie Bratspuren haben.
- Kartoffelwürfel in Brühe garen. Mit etwas Kohlrabi und Crème fraîche pürieren. Kühlen.
- Suppe vor dem Servieren mit Gin und Prosecco aufmixen.
- Gurke und Avocado kugelig ausstechen. Marinieren, kühlen.
- Kohlrabiblätter und Rucola fein schneiden. Marinieren.
- Kohlrabicrème und mit Kugeln befüllte Kohlrabihälften in Bowls füllen.
- Mit Kohlrabigrün und Rukolablättchen garnieren.
Kohlrabi quer halbieren. Das Innere mittels eines Kugelausstechers (Ø 2 cm) auspulen. Kohlrabihälften und Kugeln in reichlich gesalzenem Wasser 2 bis 4 Minuten (nach Geschmack) blanchieren. Kalt abschrecken, abtropfen lassen. Die Kohlrabihälften (auf der Schnittfläche) und die ausgestochenen Kugeln auf dem Kontaktgrill oder in einer Grillpfanne mit Butter bepinselt einige Minuten schmoren, bis sie leicht goldene Farbe genommen haben. Nicht zu lange garen. Sie sollen nicht mehr roh schmecken, jedoch auch nicht weich übergart sein. Mit Gefühl und nach persönlichem Geschmack vorgehen!
Kartoffel grob würfeln und in Gemüsebrühe weich garen. Mit einer guten Hand voll Kohlrabikugeln, Crème fraîche, Limettensaft und Muskat pürieren und kalt stellen. Vor dem Servieren Prosecco und Gin hinzufügen. Schaumig aufmixen.
Gurken und Avocado mit einem etwas kleineren Kugelausstecher (Avocado ca. Ø 1,5 cm, Gurke etwas kleiner) ausstechen. Avocado mit Limettensaft beträufeln. Beide Gemüse kühlen. Aus Skyr und Joghurt, Salz, Zucker, Limettensaft und Öl ein Dressing rühren. Ca. 30 Minuten vor dem Servieren Kohlrabi, Gurken und Avocado-Kugeln darin marinieren. Dabei kühlen. Vor dem Servieren noch etwas Limettenabrieb hinzufügen und final abschmecken.
Die frischen Kohlrabiblätter übereinander stapeln, quer stramm aufrollen und in sehr feine Streifen schneiden. Für 30 Minuten in Eiswasser legen. So bleiben sie in ihrer Struktur fest. Auf Küchenkrepp trocken tupfen. Kohlrabiblätter und junge, zarte Rucolablättchen (ansonsten die feste Blattrippe längs entfernen) mit fein geschnittenem Frühlingslauch kurz durch das Dressing heben. Als Topping auf die gefüllten Kohlrabihälften aufsetzen. Wer möchte, bestreut das Ganze mit grob gehackten Macadamianüssen.
(Für 2 Portionen)
Menge | Zutat |
---|---|
2 |
junge Kohlrabi (mit Blättchen) |
1 Tasse |
Geflügel- oder Gemüsebrühe |
Eine Hand voll |
junge Rucola-Blättchen |
2 Stangen |
Frühlingslauch |
2 mitteldicke |
Kartoffeln (vorwiegend festkochend) |
2 EL |
Nussbutter |
1 |
Bio-Gurke |
1 |
Avocado (nicht zu reif) |
1 |
Bio-Limette |
150 ml |
Skyr |
150 ml |
griechischer Joghurt (10 % Fett) |
100 ml |
Crème fraîche |
2 bis 4 cl |
Gin |
100 ml |
Prosecco (oder Crémant), eisgekühlt |
2 bis 4 Spritzer |
heller Tabasco (nach Geschmack) |
|
Chilisalz, Pfeffer, Muskat |
Salatdressing |
1 EL Condimento Bianco, 2 bis 3 EL mildes Olivenöl, 1 TL Senf, Salz, Pfeffer, Zucker |