Königsberger Klopse

9. Februar 2025
Königsberger Klopse haben eine lange Tradition. Historisch betrachtet sind sie zwar eher jung, sahen sich jedoch im Laufe der Zeit mancherlei Befassungen und Experimenten ausgesetzt. Zunächst musste das Fleisch zerkleinert werden, was man anfangs mittels eines Wiegemessers bewältigte. Der Anwender fasst das gerundete Schneidegerät an zwei seitlich nach oben angeordneten Griffen an, was einen Vorteil für nicht ganz so geübte Köche mit sich bringt, da die direkte Annäherung von Fingerkuppen und Messerklinge vermieden wird. Der versierte Kochende zieht an dieser Stelle die Augenbrauen nach oben und greift für den Fall, dass das Fleisch geschnitten und nicht gewolft werden soll, wie bis heute bei Tatar üblich, souverän zum handgeschmiedeten, gnadenlos geschärften Kochmesser. Ein solches Messer ist eine Anschaffung fürs Leben und schneidet auf Ewigkeit alles, was ihm unter die Klinge kommt.
Draisine und Fleischwolf – alles dreht sich
Für jede Art von „Gehacktem“ war es ein Segen, dass Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn Anfang des 19. Jahrhunderts den Fleischwolf erfunden hat. Nun eröffneten sich durch die praktische und effektive Art, Fleisch zu „wolfen“, kulinarische Möglichkeiten, die über das Zerkleinern von Fleisch hinausgingen. Man denke nur an den widerspenstigen Grünkohl, der während der Wintermonate gefügig gemacht werden konnte. So fein wurden die Fasern, dass nach ausgiebigem Kochen selbst zahnlose Esser, ob sehr jung oder eher betagt, von dem zwar unschön anzuschauenden, doch sehr gesunden Brei profitieren konnten. Mit dem „Drehwolf“ kam der Königsberger Klops so richtig in Fahrt, besser gesagt ins Rollen. Er avancierte in den folgenden Jahren zum kulinarischen Kulturgut und zum Klassiker der deutschen Hausmannsküche.

Kalb und Konsorten
Kalb wird bis heute in Rezepturen als obligatorischer Bestandteil von „Original Königsberger Klopsen“ gesehen, doch ist Kalbfleisch zum einen ein hochpreisiges Produkt, zum anderen ist man darauf gekommen, dass sehr zurückhaltend schmeckendes Kalbfleisch nicht in jedermanns Augen geschmacklich der ultimative Hauptgewinn ist. Viele schätzen den kraftvolleren Charakter von Schweine- und Rindfleisch im Klößchen. So findet sich heute in den meisten Rezepturen gemischtes Fleisch von Kalb und Schwein oder auch Schwein und Rind wieder. Ich verwende für Klößchen in buttriger Sahnesauce auch gerne Geflügel oder weißen Fisch, denn auch diese Klößchen bleiben äußerst saftig und passen sich gefügig den Aromen der Béchamel an. Wer mag, kann darüber hier lesen.
Salzhering
Hat man dem zurückhaltenden Fleisch der „original Königsberger“ zum Zweck des Geschmacksliftings – heute „Umami“ – ursprünglich gehackten Salzhering hinzugefügt, kamen zur Zeit der prosperierenden Hafenstädte Ostpreußens statt dem eher derben Hering die feineren Sardellen zum Einsatz. Auch Kapern und Zitronen vom Mittelmeer wurden herangeschippert und ebenfalls verwendet. Die Hardcore-Klopse-Anhängerschaft besteht auf dem Einsatz von Kapern im Sößchen und Sardellen im Klößchen 😉. Ob es ein Schlückchen Wein zum Veredeln sein darf, darüber gibt es durchaus verhaltene Reaktionen.

Der Teil als Ganzes
Mit den „Königsbergern“ verhält es sich nicht anders, als mit allen Klassikern: Man will sie verbessern und in die „heutige Zeit“ transferieren. Sie modernisieren. Oder pimpen. Oder gar in ihre Einzelbestandteile zerlegen, „dekonstruieren“. Sie in „2.0-Aufmachung“ präsentieren.
Etwas zu verbessern, das ist mein Ding. Nicht nur in der Küche, sondern auch im richtigen Leben bin ich passionierter Optimierer. Doch bin ich keineswegs getrieben, meine Grenzen zwanghaft auszudehnen und notorisch zu überschreiten. Wer jedoch in dem, was er tut kompromisslos nach „oben“, an die Spitze strebt, muss das tun. Er muss Dagewesenes und somit auch sich selbst permanent übertreffen. Ich habe mich über eine kapriziöse Einlassung des von mir sehr geschätzten Sterne- und Starkochs Tim Raue amüsiert:
Der Geschmack dieses Gerichts steht und fällt mit der Qualität der fruchtigen Riesling-Spätlese, die Sie für die Sauce verwenden. Sie muss reif und von dichter Aromatik sein und Restsüße haben. Idealerweise kaufen Sie zwei Flaschen und trinken eine davon zum Essen. Servieren Sie das Gericht in einer Schüssel und decken Sie Saucenlöffel und Gabel dazu ein. Bei diesem Rezept sollen Sie richtig schlemmen – eigentlich untypisch für uns Preußen.
Kein dicker Klops
Meine Königsberger Klopse sind nicht gnadenlos verfeinert, die Rezeptur ist nicht überpointiert, und sie lassen dennoch nichts zu wünschen übrig. Geschmeidig, zart und charaktervoll sind sie und beglücken Gaumen und Seele. Die Sauce ist cremig, sahnig und kapernsäuerlich. Der „obligate“ Bete-Salat ist mit Apfel und Radieschen leicht gepimpt und rundet die Komposition erfrischend ab. Gebratene Steinpilze verleihen ihr Extraklasse.
Anstatt einen „dicken Klops“ zu landen und damit Anstoß bei Zeitgenossen zu erregen, sollten Menschen an Herd und Töpfen mit lockerer Hand putzige Klößchen produzieren. Denn meditatives Rollen beruhigt den Geist, erdet die Gedanken und hält den Rollenden in der Spur eines sinnstiftenden Lebens.
Die Klößchen
- Schalotten anschwitzen.
- Toastbrot mit Milch einweichen.
- Hackfleisch und Brät mit den weiteren Zutaten vermengen.
- Klößchen formen.
- In Salzwasser garziehen lassen.
Die Béchamelsauce
- Butter und Mehl aufschäumen.
- Mit Brühe, Milch und Sahne unter Rühren köcheln.
- Mit Schmand, Kapern und Kapernwasser verfeinern.
- Würzen, Konsistenz überprüfen, abschmecken.
Der Rote-Bete-Apfel-Salat
- Bete fein Würfeln.
- Aus Apfel und Radieschen Kugeln ausstechen.
- Salatdressing anrühren.
- Bete, Apfel und Radieschen 2 Stunden marinieren.
- Mit Blutampfer servieren.
Die Kümmel-Kartoffeln
- Kartoffeln kochen, sofort pellen.
- Am nächsten Tag in Butter mit Kümmel golden braten.
- Mit Nussbutter überglänzen.
Die gebratenen Pilze
- Pilze in Scheiben schneiden.
- In Butter und Olivenöl anbraten.
Die Klößchen
Schalotten fein schneiden, in 1 EL Butter ohne Farbe anschwitzen. Toastbrot entrinden, sehr fein würfeln und zu den Schalotten in die Pfanne geben. Kurz mitdünsten, mit Milch angießen. Die Milch nach und nach in kleinen Dosen verwenden, damit das Brot nur leicht durchfeuchtet wird. Die Brotwürfel nehmen den Geschmack der in Butter gedünsteten Schalotten an.
Hackfleisch, Brät, abgekühlte Schalotten-Brotwürfel und Ei in eine Schüssel geben. Mit Senf, Zitronenabrieb, fein zerdrückten Sardellen, Chilisalz (verleiht ganz leichte Schärfe), Pfeffer und Muskat vermengen. So lange mit den Händen walken, bis die Masse geschmeidig ist. Dabei die Mischung mehrmals kräftig verwirbeln, bis sie saftig glänzt.
Klößchen mit einem Löffel oder Eisportionierer abstechen (40 bis 50 g, je nach Wunsch) und mit feuchten Händen rund formen. Zwischendurch von einer Hand in die andere werfen, so wird der Teig fluffig. Feuchte Hände sind wichtig, damit die Oberfläche der Klößchen so glatt wie möglich wird.
Gesalzenes Wasser mit den weiteren Zutaten (siehe Tabelle) in einem Topf mit ausreichendem Durchmesser zum Kochen bringen. Die Klößchen sollen genügend Platz haben, um nebeneinanderzuliegen, das Wasser sollte mindestens 4 Finger breit über den Klößchen stehen, damit man sehen kann, wenn sie sich drehen und an die Oberfläche steigen. Sobald alle Klößchen eingelegt und abgesunken sind, die Hitze so weit reduzieren, bis das Wasser nur noch leicht köchelt, eher siedet. Schwimmen die Klößchen oben, lasse ich sie noch 5 bis 10 Minuten ziehen. Klößchen kurz abtropfen. Werden sie nicht sofort serviert, im Backofen bei 50 °C warmhalten. Zum Servieren die Klößchen nach Belieben kurz in der Sauce nachziehen.
Die Béchamelsauce
Die Butter kurz aufschäumen, Mehl hineinstäuben. Mit dem Holzlöffel ständig rühren, bis die Mehl-Butter-Masse zu duften beginnt. Beiseite ziehen, Geflügelbrühe, Milch und Sahne mit dem Schneebesen unterrühren, Lorbeerblätter einlegen. Die Sauce ca. 15 Minuten köcheln lassen, immer wieder mit dem Schneebesen umrühren, damit sie nicht am Topfboden ansetzt. Schmand unterheben, mit Zitronenabrieb und einigen Spritzern Zitronensaft, Kapern und Kapernwasser sowie Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Lorbeerblätter entfernen. Ich mag die Konsistenz der Béchamel zu Klößchen sämig, nicht zu dicklich, aber auch nicht wässrig. Sauce am besten sofort servieren. Ansonsten auf minimaler Hitze abgedeckt warmhalten und vor dem Servieren kräftig umrühren. Sollte sie zu dicklich erscheinen, einen kleinen Schuss Milch hinzufügen.
Noch ein Tipp: Röllchen von den zarten Stielen im Inneren des Staudenselleries verleihen der Sauce einen leichten Crunch und der leicht spitzige Geschmack verleiht Pep.
Der Rote-Bete-Apfel-Salat
Die Bete in feine Würfel schneiden. Aus Apfel und Radieschen kleine Kugeln ausstechen. Wer keinen Kugelausstecher besitzt, schneidet Apfel und Radieschen ebenfalls in kleine Würfel. Aus den angegebenen Zutaten ein Dressing rühren. Bete, Apfel und Radieschen darin ca. 2 Stunden marinieren.
Die Kümmel-Kartoffeln
Kartöffelchen am Vortag in Salzwasser mit Lorbeerblatt und 2 TL Kümmel garen. Abgießen und sofort pellen. Über Nacht auskühlen lassen, so bindet die Stärke ab und die Kartoffeln bleiben beim Braten kompakt. In Nussbutter und Butter zusammen mit dem restlichen Kümmel in einer beschichteten Pfanne leicht golden bräunen. Während des Bratens von allen Seiten leicht salzen und pfeffern.
Die gebratenen Pilze
Pilze längst in ca. 5 mm dicke Scheiben schneiden. In einer beschichteten Pfanne ohne Fett bei mittlerer Hitze (Stärke 7 von 10) auf beiden Seiten leicht Farbe nehmen lassen. Butter, Olivenöl und die angedrückte Knoblauchzehe in die Pfanne geben, Pilze darin kurz weiter braten. Salzen und pfeffern. Sofort servieren. Gegebenenfalls auf Küchenkrepp entfetten.
Zutaten für 2 Personen (6 bis 8 Klößchen)
Die Klößchen
Menge | Zutat |
---|---|
400 g |
gemischtes Hackfleisch |
120 bis 130 g |
feines Brät (eine Bratwurst) |
3 Scheiben |
Toastbrot |
2 |
Schalotten |
1 EL |
Butter |
1 |
Ei |
1 TL |
Dijon-Senf |
2 |
Sardellen (in Öl) |
1 |
Bio-Zitrone |
|
Chilisalz, Pfeffer, Muskat |
Für das Kochwasser: |
1 Zwiebel (geviertelt), 1 Knoblauchzehe (angedrückt), 1 kleine Chilischote (im Ganzen). In einem Teesäckchen: 2 bis 3 frische Lorbeerblätter, 3 bis 4 Nelken, 4 bis 5 angedrückte Wacholderbeeren |
Die Béchamelsauce
Menge | Zutat |
---|---|
40 g |
Butter |
40 g |
Mehl |
120 ml |
Geflügelbrühe |
120 ml |
Milch |
60 ml |
Sahne |
2 |
frische Lorbeerblätter |
50 ml |
Schmand |
1 |
Bio-Zitrone |
1 Gläschen |
Kapern (z. B. „Nonpareilles“ von Dittmann) |
|
Salz, Pfeffer, Muskat |
Der Rote-Bete-Apfel-Salat
Menge | Zutat |
---|---|
2 mittelgroße |
rote Bete (vorgekocht) |
1 |
süßsaurer Apfel (z. B. „Kanzi“) |
6 bis 8 große |
Radieschen |
3 EL |
Condimento Bianco |
1 EL |
Apfeldicksaft (ersatzweise Agavendicksaft) |
4 EL |
Sonnenblumenöl |
|
Salz, Pfeffer |
Deko: |
Blutampferblättchen (oder Radieschenkresse) |
Die Kümmel-Kartoffeln
Menge | Zutat |
---|---|
400 g |
Drillinge (am Vortag gekocht) |
1 EL |
Nussbutter |
1 EL |
Butter |
3 TL |
Kümmel |
|
Salz, Pfeffer |
Die gebratenen Pilze
Menge | Zutat |
---|---|
4 mittelgroße |
Kräuterseitlinge (zur Saison: Steinpilze) |
1 Zehe |
junger Knoblauch |
1 EL |
Butter |
2 EL |
Olivenöl |
|
Salz, Pfeffer |