Kartoffelsotto mit Samthaube und Belper Knolle

Kartoffelsotto mit Samthaube und Belper Knolle

28. Dezember 2018

Das Jahr neigt sich, und es ist Zeit, einen persönlichen Jahresabschluss zu machen. Eine Inventur, um in Ruhe und mit etwas Abstand das Erlebte zu sortieren und zu gewichten. Das schafft Raum für Neues! Neu in kulinarischer Hinsicht war für mich dieses würzig-cremige Kartoffel-Risotto mit Pilzen, dem ich kurzerhand das „ri“ stibitze. Reis vermisst man hier nicht! Die fruchtig-(apri)kosigen Goldkäppchen und die würzig-waldigen Samthauben – auch Pioppino oder Piopparello genannt – waren ebenfalls ein Genuss-Novum. Bio-Zuchtpilze aus heimischen Höhlen. Wow! Und die „Belper Knolle“, lernte ich kennen. Ein phantastischer Schweizer Käse, von Geschmack und Aussehen an Trüffel erinnernd. Auf das Neue!

Um es einmal vorweg zu nehmen: Es war ein gutes und erfülltes Jahr mit viel Freude und schönen Erlebnissen! Die FoodLady hat Fahrt aufgenommen. Ich freue mich über eine stetig ansteigende und vor allem treue Leserschaft. Ich habe mein selbst gestecktes Ziel erreicht und jede Woche ein Gericht für meine Leser gekocht, die allermeisten davon selbst entwickelt. Für mich ist es jedes Mal sehr beglückend, mir ein Rezept auszudenken, die Zutaten einzukaufen und mich auf meine Küche zu freuen! Ich werde der Vorfreude auf meine Kochevents einfach nicht müde! Allein schon, sich Gedanken über den Teller zu machen: Welchen Charakter hat das Gericht, welches Geschirr ist passend, wie kombiniere ich die Komponenten schließlich auf dem Teller. Dann wird eine genaue Skizze über die Anrichteweise gemacht, ein Lageplan unter Nennung aller Komponenten, damit später im Gewusel nichts auf der Strecke bleibt. Selbstverständlich mit Buntstiften gefertigt, damit der Eindruck plakativ ist. Die Skizze wird vor dem Kochen mit dem Liebsten, meinem FoodLady-Fotografen, besprochen, denn auch er hat genaue Vorstellungen, was wohin kommt, damit es am Ende der Session bestmöglich im Bilde ist! Diese Absprachen sind lebensnotwendig, denn beim Anrichten bin ich nach wie vor unter Adrenalin. Unnötige Detaildiskussionen zur Unzeit übersteigen dann meine Nervenkraft und rauben mir die dringend nötige ruhige Hand!😩

Photo-Shooting bei der FoodLady

Anders, als es in der Gastronomie üblich ist, wo die Teller einstudiert und viele Male gebaut werden, sind meine stets ein Unikat. Genau einmal werden sie in der Komposition angerichtet, die dann auf der FoodLady zu sehen ist. Beim Anrichten fürs Foto muss es meist zügig zugehen, damit die Speisen nicht ihre Brillanz verlieren, zusammensacken, abrutschen, antrocknen oder Ähnliches. Derweil sind schon die Scheinwerfer positioniert, die Objektive bereitgelegt, und dann ist die Köchin raus. Nun hört man eine Weile lang den Auslöser klacken, dann ein letztes Foto: Der Top-Shot. Ich kann es dann kaum erwarten, die Fotos zu sehen. Und immer ist es so, dass sie mich einerseits entzücken – ehrlich, ich freue mich daran wie ein kleines Kind an seinen gelungenen Bauwerken. Andererseits gibt es kaum einen Teller, auf dem ich nicht etwas zu kritteln hätte. Fotos sind bisweilen recht schonungslos. Einige wenige Male war ich überhaupt nicht mit mir im Reinen, also habe ich das Gericht anderntags nochmal gekocht, und schöner präsentiert! Ich sage mir dann immer, dass ich an dem Abend ja schließlich sowieso etwas gekocht hätte und dass man die Bilder sozusagen für die Ewigkeit schafft. Ich höre die Worte meiner Oma: „Wie lange du an etwas gearbeitet hast, sieht keiner. Aber was du geschaffen hast, sieht jeder“. Das bezog sich damals auf meine gestrickten Eigenkreationen. Recht hatte sie - wie oft habe ich alles klaglos wieder aufgezogen!

Witzigerweise fragen uns Freunde und Bekannte immer wieder, wer um Himmels Willen denn das alles essen würde, denn wir sind recht gut in Schuss😉An dieser Stelle denke ich dann, es kommt wohl doch auf die Mischung und die Dosis an. Als ich dieser Tage über die Food-Trends für das Jahr 2019 schmökerte, dachte ich mir so, die FoodLady im Besonderen und die Köchin im Allgemeinen, liegen ja doch ziemlich genau im Trend. Gemüse und andere Pflanzen werden an Bedeutung gewinnen, es wird den Kunden immer wichtiger, zu wissen, wie die Produkte entstanden sind und wo sie herkommen. Auch scheint es, dass die Genuss-Askese breitflächig ein Ende hat, denn man besinnt sich darauf, dass einem auch das, was man an Gesundem isst, durchaus schmecken kann. Zu Neudeutsch, damit man sein Vokabular schon einmal aufmöbeln kann: „Plant based food“, „Transparency“ und „Healthy Hedonism” bestimmen die Speisepläne im kommenden Jahr! Wir essen unter der Woche kaum Fleisch und ausnahmslos nur solches, das man mit gutem Gewissen essen kann. Wir essen viel Gemüse, Salat und andere Früchte des Feldes. Wenn möglich, aus der Region und saisonal. Und was mir nicht schmeckt – auch wenn es das fast nicht gibt – esse ich nicht. Und sollte es umgekehrt einmal der Fall sein, dass ich tatsächlich etwas zu mir nehmen muss, das mir nicht beigeht, mache ich kein Drama draus. Man darf seine Gastgeber nicht verletzen. Dann kaut man eben etwas länger auf dem Fleisch herum oder man schluckt die glitschige Auster mit einem großen Schluck Crémant hinunter.

Belper Knolle
Belper Knolle

Einen Wermut-Tee trinke ich ohne große Begeisterung, wenn der Magen drückt. Eine lebende Schnecke würde ich zum Kurieren desselben allerdings nicht verschlucken. Als ich ein Kind war, wohnte neben uns Antonio aus Kalabrien, der das gemacht hat! Als er schließlich gestorben war, trauerte man eine angemessene Weile und hielt ihn dann mit einer kleinen Anekdote in Ehren: Er sei erstickt, als eine der Schnecken wieder nach oben gekrochen sei. Igitt! 🤮

Im Großen und Ganzen werde ich meinen kulinarischen Kurs beibehalten. Meine Kategorie „FoodLady Spezial: Einfach gut.“ werde ich ausweiten, denn obwohl sie noch recht jung ist, habe ich munter Rückmeldungen bekommen. Ich möchte den Menschen, die von sich glauben, sie könnten nicht kochen, die Scheu vor dem Kochtopf nehmen. Ich behaupte, dass jeder, der gerne gut isst, auch kochen kann. Wenn man einige grundlegende technische Dinge beherrscht, helfen Interesse am Probieren, Intuition und Bauchgefühl weiter. Selbst das Abschmecken kann man peu à peu lernen, denn das, sagen mir viele, sei das größte Problem. Ich werde viel vegetarisch kochen aber nicht, weil ich kein Fleisch mag. Vielmehr, weil ich vieles andere genau so mag und den Fleischkonsum klein halten möchte. Ich werde weiter mit Algen, Miso, Dashi und anderen Inhalts-Boostern experimentieren und viel „Umami“ zaubern. Meine Pasta-Künste möchte ich weiter ausbauen, mich ans „Wursten“ wagen und meine Begeisterung für das „Sous-Vide-Garen“ pflegen. Ach ja, die neueste Anschaffung ist mein Isi-Siphon, mit dem ich den einen oder anderen Schaum schlagen werde. Welch ein Luxus es doch ist, wenn man Dinge tun kann, die man liebt! Ich lebe und liebe meinen Claim:

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Samthauben und Goldkäppchen

Einige Worte zu dem heutigen Gericht. Dieses Kartoffelsotto stammt im Original von Zwei-Sterne Koch Jörg Sackmann aus Baiersbronn im Schwarzwald. Besonders daran ist die Parmesan-Aioli on Top, die das Gericht extrem schlotzig macht. Es schmeckt ganz herrlich und durch Käse und einem Hauch Knoblauch sehr charaktervoll. Die Samthauben und Goldkäppchen bringen – wie eingangs erwähnt – zwei unterschiedliche Geschmackskomponenten und sind zum Verlieben hübsch. Die Belper Knolle veredelt das Gericht schließlich. Sie nimmt es mit den übrigen Aromen auf und krönt sie, ohne aufzutrumpfen. Charmant ist es, den „Käsetrüffel“ à la minute, vor dem Gast ganz dünn auf die Teller zu hobeln!

Die Parmesan-Aioli

  1. Eier rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen.
  2. Milch aufkochen. Vom Herd ziehen und kurz herunterkühlen lassen.
  3. Geriebenen Parmesan untermixen und auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.
  4. Eigelbe, Senf, Sardelle, Knoblauch, Salz, Pfeffer und Zucker sowie Parmesanmilch cremig aufmixen.
  5. Nach und nach Öl und restlichen Parmesan dazugeben. Kalt stellen.

Das Kartoffelsotto

  1. Pilze putzen und von Stielen befreien.
  2. Große Pilze in Segmente schneiden, kleinere im Ganzen lassen.
  3. Kartoffeln schälen und waschen. In kleine Stiftchen schneiden.
  4. Stifte in kaltes Wasser geben.
  5. Zwiebeln fein würfeln. Olivenöl erhitzen, Zwiebeln glasig anbraten, ohne Farbe nehmen zu lassen.
  6. Kartoffeln abtropfen lassen. Zu den Zwiebeln geben und mit Fond ablöschen. Garen. Zwischendurch umrühren oder schwenken. Beiseite ziehen.
  7. Pilze in Butter anschwenken. Oreganoblättchen unterheben, salzen und pfeffern.
  8. Pilze und Schnittlauch unter das Sotto heben.
  9. Aioli in Tupfen dazugeben.

Die Parmesan-Aioli

Die Eier rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen, denn alle Zutaten müssen die gleiche Temperatur haben. Die Milch aufkochen. Vom Herd ziehen und kurz herunterkühlen lassen. 50 g von dem geriebenen Parmesan untermixen, und die Parmesanmilch auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Eigelbe, Senf, Sardelle, Knoblauch, Salz, Pfeffer und Zucker sowie die Parmesanmilch in einen hohen, schmalen Mixbecher geben. Mit dem Zauberstab aufmixen, dann nach und nach das Öl und den restlichen Parmesan dazu geben. So entsteht eine cremige, nicht zu dicke Mayonnaise. Kalt stellen.

Das Kartoffelsotto

Die Pilze putzen und von den Stielen befreien. Diese für einen Pilzfond aufheben. Große Pilze in Segmente schneiden, die kleineren im Ganzen lassen. Die Kartoffeln schälen und waschen. Mit der Mandoline in 3 mm dicke Scheiben hobeln. Die Scheiben in 3 mm dicke Streifen schneiden. Diese in 4 mm lange Stifte schneiden, die einem etwas größeren Reiskorn ähneln. Die Stifte in eine Schüssel mit kaltem Wasser geben, damit ein Teil der Stärke ausgewässert wird. Die Zwiebeln sehr fein würfeln. Das Olivenöl in einem Topf erhitzen, und die Zwiebeln glasig anbraten, ohne Farbe nehmen zu lassen. Die Kartoffeln auf einem Sieb abtropfen lassen. Zu den Zwiebeln geben und mit soviel Fond ablöschen, dass sie gerade bedeckt sind. Garen, bis sie ganz kurz über al dente sind. Das geht deutlich schneller als bei einem Risotto mit Reis! Darauf achten, dass sie immer mit Fond bedeckt sind. Zwischendurch vorsichtig umrühren oder schwenken. Beiseite ziehen. Eine Kelle davon in einen kleinen Topf geben und noch einige Minuten weichkochen. Dann sämig aufmixen. Unter den Kartoffelsotto heben, damit alles schön cremig gebunden wird.

Währenddessen die Pilze in der Butter anschwenken. Die Oreganoblättchen unterheben, salzen und pfeffern. Einige Pilze für die Deko aufbewahren, die restlichen unter das Sotto heben. Den Schnittlauch unterheben. Nochmals abschmecken. Gegebenenfalls noch leicht salzen. Auf jeden Fall mit Piment d’Espelette und Muskat würzen.

Das Kartoffelsotto in vorgewärmte Teller verteilen, mit Pilzen und einigen Oreganoblättchen dekorieren. Die gekühlte Mayonnaise großzügig punktförmig darum herum träufeln. Der Kontrast zwischen dem warmen Sotto und der kühlen Aioli ist bestechend! Am Tisch die Belper Knolle über das Sotto hobeln.

Tipp: Wer keine Belper Knolle beschaffen kann, hobelt Parmesan darüber. Allerdings bringt die Knolle mehr Raffinesse in das Gericht. Man braucht nur sehr wenig davon und kann sie über Wochen im Kühlschrank aufbewahren. Will sagen: Der Kauf lohnt sich. Diese Bekanntschaft vergisst man nicht mehr!

Die Parmesan-Aioli

(für 4 Portionen)

Menge Zutat

3

Bio-Eier

80 g

Parmesan (fein gerieben)

100 ml

Milch

1 TL

Dijon-Senf

100 ml

mildes Olivenöl

150 ml

neutrales Öl (z. B. Sonnenblumenöl)

1

Bio-Zitrone

1

eingelegte Sardelle (oder ein Spritzer Fischsauce)

2 Zehen

Knoblauch

 

Zucker, Salz, Pfeffer

Das Kartoffelsotto

Menge Zutat

700 g

Kartoffeln (festkochend)

100 g

Schalotten (oder milde Zwiebeln)

2 bis 3 EL

mildes Olivenöl

¼ l

Gemüsefond

¼ l

Pilzfond

300 g

gemischte Pilze (z. B. Samthauben und Goldkäppchen)

1 Bund

Schnittlauch (feine Röllchen)

Einige Zweige

frischer Oregano

2 EL

Butter

100 g

Parmesan (fein gerieben)

1

Belper Knolle (guter Käsehandel oder Internet)

1

Bio-Zitrone

1 EL

helle Misopaste

 

Salz, Pfeffer, Muskat, Piment d’Espelette

Diese Seite wurde zuletzt am 28.12.2018 um 12:32 Uhr aktualisiert.

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