Kabeljau auf Belugalinsen mit Apfel-Rotwein-Reduktion

Kabeljau auf Belugalinsen mit Apfel-Rotwein-Reduktion

20. August 2017

Der Kabeljau hat zurecht seinen Einzug in die Sterneküche geschafft. Er schmeckt köstlich und ist für mich einer der feinsten Fische überhaupt. Zuletzt durfte ich ihn im mit zwei Michelin-Sternen gekürten Restaurant „Dallmayr“ in München genießen. Im Rahmen eines wirklich herausragenden Menüs war er „mein“ Star. Weiß, glänzend und saftig wurde er in Begleitung von karamellisierter Crème-Fraîche, einem Malz-Sud und geschmorten Perlzwiebelchen kredenzt.

Darf man Kabeljau guten Gewissens essen? Bevor ich diese Frage für mich unter Berücksichtigung ernster „Wenn“ und „Aber“ mit einem „Ja“ beantwortet habe, war ich – zunächst zweifelnd – im Internet unterwegs und habe mich auf den Stand der Dinge gebracht. Es gilt zu allererst einmal, was hoffentlich heutzutage eine Selbstverständlichkeit geworden ist, Fische aus nachhaltiger Fischerei zu kaufen. Und die Stabilität der Fanggebiete sollte beachtet werden, denn einige Bestände haben sich deutlich besser erholt als andere. In vielen Beiträgen wird Kabeljau aus der östlichen Ostsee empfohlen. Darüber hinaus sollte man auf Fische oder andere Meeresgetiere aus zertifizierten und kontrollierten Aquakulturen zurückgreifen. So könnte man sich der Empfehlung vieler Ernährungswissenschaftler, auf jeden Fall einmal pro Woche Fisch zu verzehren, „schadensbegrenzt“ nähern.

Verspeisen mit Bedacht

Ich möchte an dieser Stelle nicht dozieren. Schließlich bin ich Konsument, und kein Meeresbiologe, sondern Laie. Mir geht es darum, die Kaufentscheidung bewusst zu treffen. Über verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln generell sollte sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Hauptsache, man macht sich Gedanken. Das ist schon mal ein guter Einstieg. Ich halte fest: Wenn man den Kabeljau und andere „gefährdete“ Artgenossen als Delikatesse betrachtet, die entsprechend selten verspeist, jedoch umso höher geschätzt wird, muss man sich – so hoffe ich – keine allzu großen Sorgen um das Nachwachsen der Bestände machen.

Im Rahmen des oben schon angesprochenen Menüs habe ich mir einmal ausnahmsweise wenige bis keine Gedanken über Fischbestände gemacht, da möchte ich ganz ehrlich sein. In dieser Situation hatte ich keine Lust zu grübeln. Vielmehr bin ich mehr und mehr in Verzückung geraten ob des Genusses, der sich uns bot. Solche Momente sind für mich so besonders, dass ich durchaus Willens und in der Lage bin, einige meiner selbst gesetzten Regeln unberücksichtigt zu lassen. Alles andere wäre sinnlos und kontraproduktiv. Eine nicht unheikle Aufgabe. Letztlich jedoch eine Herausforderung, die sich lohnt. ;-)

Eine Menüliste im Schnelldurchlauf

Das Team von Diethard Urbansky präsentierte unter anderem (in Kurzform): „Blumenkohl-Texturen, Osietra-Kaviar und Kohlsprossen“, „Gepökelte Schweinebäckchen, Kohlrabi-Texturen auf Misobett“, „Entenleber, Rinderfilet und Rumtopffrüchte“, „Junger Seeteufel, Lardo-Essenz, Brunnenkresseöl“, „Kabeljau, karamellisierte Crème Fraîche und Malz-Sud“, „Lammrücken, Curry vom Lamm (Niere, Herz, Kutteln), Kichererbsen und Brin d’amour“. Bitte was? Letzteres vor Ort auf dem Handy gegoogelt: „Korsischer Rohmilchkäse aus Schafsmilch“. Wieder was gelernt. Und geschmeckt hat er köstlich! Die restlichen Gänge lasse ich jetzt mal weg. Denn es ging noch eine Weile weiter. Und um die Perfektion der Küche noch einmal herauszustellen: Wir sind beileibe keine „Portionen-Esser“. Nein, wir sind nicht übervoll von dannen gerollt, sondern alles war wohl austariert. Und genau so soll es sein!

Die Ausflüge in die Sterneküche, die wir uns von Zeit zu Zeit gönnen, sind für mich jedes Mal wieder wie ein Abenteuerurlaub. Ich begebe mich in eine andere Welt. Feinstes Essen, dazu die passenden Weine, aufmerksames aber unaufdringliches Personal, eine perfekte Umgebung, das alles lässt mich in eine Art von Ekstase geraten. Ich kann mich tatsächlich verlieren, und die Welt „draußen“ wird beinahe unwirklich. Wochen und Monate später sind die Erinnerungen an die Genüsse noch frisch und lebendig. Ich lasse mir eine – am liebsten signierte – Speisekarte mitgeben. Alle Gänge des Menüs werden im Bild verewigt und später ausgedruckt. Nach und nach haben wir uns so ein kleines Archiv errichtet und schwelgen gerne in unseren kulinarischen Erinnerungen.

Im Café Dallmayr

Das Haus „Dallmayr“ ist in jedem Falle etwas ganz Besonderes. Wenn man vor der ehrwürdigen Fassade mit den gelben Markisen steht, die Generationen von Menschen aus der nostalgisch angehauchten Kaffeewerbung kennen, kann einem schon der Atem stocken. Der Name „Dallmayr“ war für mich in der Kindheit ein Sinnbild für Gemütlichkeit und Geborgenheit. Damals hatte ich noch nicht einmal eine konkrete Vorstellung von München. Wollte aber immer schon einmal dorthin. Der Traum wurde später zur Realität und ich keineswegs enttäuscht.

Das Feinkostgeschäft im Erdgeschoss des Gebäudes ist alleine schon eine Attraktion. Man wird von Sinneseindrücken quasi übermannt. Die Kaffeemühlen, die nostalgischen Waagen und die netten Verkäuferinnen mit den gestärkten weißen Schürzen gibt es in Wirklichkeit. Das war keine Filmkulisse 😊 Und der Duft erst: Den habe ich mir beim Fernsehen immer vorgestellt. Auch heute noch liebe ich den Duft von frisch geröstetem Kaffee über alles. Und das, obwohl ich kein Kaffee- sondern Teetrinker bin.

Aufgang zum "Dallmayrs"

Ein Abend im Dallmayr

Das Sternerestaurant liegt im ersten Stockwerk des Gebäudes über dem Feinkostgeschäft. Wer sich mit der Materie nicht beschäftigt, könnte es leicht übersehen. Am Abend öffnen sich nicht die Pforten, sondern eine altehrwürdige, stabile Eingangstüre. Und zwar, nachdem man geläutet hat. Der Empfang und das Geleit ins obere Geschoss sind sehr freundlich. Zuvorkommend wird man begrüßt und in den Gastraum geführt. Besser gesagt, in einen der beiden Gasträume. Gediegen, elegant aber keineswegs protzig. Vom Stil her eine Mischung aus zeitloser Klassik und modernen Elementen. Man fühlt sich auf der Stelle wohl. Ein wenig, als wäre man in einem privaten Wohnzimmer.

Sehr angenehme Beleuchtung, wunderschön eingedeckte Tische mit Nymphenburger Porzellan und ausgewählter Kunst an den Wänden. Die Räume nehmen einen beinahe mit „offenen Armen“ auf. Gekrönt wird dieses Gesamtkunstwerk von herrlichen Blumenarrangements und dem atemberaubenden Blick auf die Türme der Frauenkirche. Wenn man Glück hat. Bei unserem Besuch verhedderte sich der Blick in zahlreichen Baukränen, was der Angelegenheit jedoch nur einen minimalen Abbruch tat.

Im "Dallayr"

Heiterer unsichtbar-präsenter Service

Der Service war – wie das oft in solchen Häusern ist – irgendwo zwischen unsichtbar und allgegenwärtig. Genau die richtige Dosage. Wir fühlten uns vollkommen betreut, jedoch nicht bedrängt. Die Gespräche  mit dem „Service“ waren locker, freundlich und aufmerksam. Es durfte gelacht werden, denn die Stimmung war heiter! Die nötige Ernsthaftigkeit zum Zelebrieren der Genüsse benötigte keinen „entsprechend angemessenen Ernst“. 😉 Die Restaurantleiterin war in der Tat eine „Gastgeberin“ und der Sommelier ein kompetenter und ausgezeichneter Begleiter durch den Abend. Die zu den einzelnen Gängen empfohlenen Weine passten hervorragend und waren von erlesener Qualität. Wobei wir einige Überraschungen erlebten bei der „Vermählung“ von Wein und Speisen. Gemeinsam schwangen sich die Aromen zur Glanzleistung auf!

Nun war ich auf das Höchste motiviert, auch einmal Kabeljau auf den Tisch zu bringen. Selbstverständlich in „würdiger“ Begleitung. Diese bestand aus einem Gemüse von Belugalinsen, einer fruchtigen Rotwein-Apfel-Reduktion so wie karamellisierten Perlzwiebeln und geflämmten Aprikosen. On Top für den Kabeljau noch eine Mayonnaise mit Ingwer, Curcuma und wenig Knoblauch, für die ich mich in Anlehnung an Rouille entschieden hatte. Als „grünen“ Begleiter wählte ich ganze Basilikumblätter mit leichter Vinaigrette. Es wurde – ohne Übertreibung – eine fantastische Komposition!

Die Apfel-Rotwein-Reduktion

  1. Apfel grob würfeln und mit den übrigen Zutaten weich köcheln.
  2. Mit Stärke abbinden.
  3. Mixen und durchpassieren.
  4. Erkalten lassen. 

Das Linsengemüse

  1. Linsen mit Knoblauchzehe und Lorbeerblättern weich köcheln. Abgießen und abspülen.
  2. Schalotte, Knollensellerie, grünen Sellerie und Möhren in Würfelchen schneiden. In Gemüsebrühe al dente garen. Beiseitestellen.
  3. Brühe auf ein Drittel einkochen. Mit Essig, Öl, Zucker, Salz und Pfeffer verrühren.
  4. Linsen, Gemüse und Kapern mit Kapernflüssigkeit hineingeben und erwärmen. Nochmals abschmecken. 

Die Perlzwiebeln und Aprikosen

  1. Perlzwiebeln abgießen und auf Küchenkrepp abtropfen lassen.
  2. In einer Pfanne erhitzen, so dass Flüssigkeit verdampfen kann.
  3. Puderzucker darüber stäuben und karamellisieren lassen.
  4. Öl hinzufügen und Zwiebelchen schmoren, bis sie braun sind. Beiseitestellen.
  5. Aprikosen in Segmente schneiden und in Puderzucker karamellisieren lassen.
  6. Auf einem hitzebeständigen Teller abflämmen.

Der Fisch

  1. Fisch in Portionsgröße zerteilen. Auf einen tiefen Teller oder eine flache Schale geben.
  2. Mit Nussbutter beträufeln. Zitronenschale und Dill auflegen.
  3. Mit Klarsichtfolie abdecken. In den Ofen geben.
  4. Vor dem Servieren mit Nussbutter in der Pfanne  anbräunen.

Die Apfel-Rotwein-Reduktion

Den Apfel grob würfeln und mit den übrigen Zutaten im offenen Topf weich köcheln. Wenn die gewünschte Konsistenz der Flüssigkeit erreicht ist, mit der Stärke abbinden. Mixen und durch ein Sieb passieren. Erkalten lassen. Später für die Garnitur verwenden.

Das Linsengemüse

Die Linsen mit der angedrückten Knoblauchzehe und den Lorbeerblättern in ausreichend Wasser langsam gerade eben weich köcheln. Abgießen und abspülen. Währenddessen Schalotte, Knollensellerie, grünen Sellerie und Möhren in gleichmäßige, sehr feine Würfelchen schneiden. In der Gemüsebrühe al dente garen. Beiseitestellen. Die Brühe auf ungefähr ein Drittel einkochen. Mit Essig, Öl, etwas Zucker, Salz und Pfeffer verrühren. Linsen, Gemüse, Kapern mit etwas Kapernflüssigkeit hineingeben und auf nicht zu hohe Temperatur bringen. Nochmals abschmecken. Das Linsengemüse sollte süß-säuerlich ausbalanciert sein.

Die Perlzwiebeln und Aprikosen

Die Perlzwiebeln abgießen und auf Küchenkrepp abtropfen lassen. In einer ausreichend großen Pfanne erhitzen, so dass noch weitere Flüssigkeit verdampfen kann. Puderzucker darüber stäuben und karamellisieren lassen. Das Öl hinzufügen und die Zwiebelchen schmoren, bis sie schön braun geworden sind. Beiseitestellen. Später als Dekoration um Gemüse und Fisch herum auf Tupfen von der Mayonnaise setzen.

Die Aprikosen in Segmente schneiden und in Puderzucker karamellisieren lassen. Auf einen hitzebeständigen Teller geben und abflämmen, so dass die Ränder dunkel werden und einen schönen Kontrast zum Gelb der Früchte bilden. Ebenfalls später als Dekoration um das Gericht verteilen.

Der Fisch

Den Fisch in Portionsgröße zerteilen. Auf einen tiefen Teller oder eine flache Schale geben. Mit der Nussbutter beträufeln. Zitronenschale und Dill auflegen. Mit Klarsichtfolie abdecken. Bei 80 °C für ca. 20 Minuten in den Ofen geben. Vor dem Servieren kurz auf einer Seite mit Nussbutter in der Pfanne  ganz leicht anbräunen lassen.

Linsengemüse auf einem ausreichend großen Teller platzieren. Den Fisch anlegen. Mit der Apfel-Rotwein-Reduktion, der Mayonnaise, Silberzwiebeln und Aprikosen garnieren. Das Basilikum einmal nicht klein zupfen, sondern zusammenhängende Blätter in etwas milden, ganz leicht gesalzenen Essig eintauchen. Großzügig um das Gericht herum drapieren. Als i-Tüpfelchen noch einige Dillblüten obendrauf setzen.

(Für 2 Portionen)

Die Apfel-Rotwein-Reduktion

Menge Zutat
1 süß-säuerlicher Apfel
350 ml trockener Rotwein
½ Tasse Apfelessig
2 bis 3 EL Zucker
½ TL aufgelöste Stärke
  Salz

Das Linsengemüse

Menge Zutat
1 Tasse Belugalinsen
1 Zehe Knoblauch
2 frische Lorbeerblätter
1 Schalotte (fein geschnitten)
2 Stangen grüner Sellerie
2 mitteldicke Möhren

3 bis 4 Scheiben

Knollensellerie (3 bis 4 mm dünn gehobelt)
1 Tasse Geflügel- oder Gemüsebrühe
2 EL weißer Balsamessig
2 EL Rapsöl
2 EL kleine Kapern (in Lake)
  Salz, Pfeffer, Zucker

 Die Perlzwiebeln und die Aprikosen

Menge Zutat
1 Glas marinierte Silberzwiebeln
  Puderzucker
2 EL Rapsöl
  Salz
3 EL Mayonnaise (mit Ingwer, Curcuma und einem Hauch Knoblauch verfeinert)

6 bis 8

Aprikosen
  Puderzucker

Der Fisch

Menge Zutat
ca. 300 bis 350 g Kabeljaufilet
2 EL Nussbutter (flüssig)
1 Bio-Zitrone

einige Zweige

Dill (möglichst mit Blüten)
  Fleur de sel

Diese Seite wurde zuletzt am 22.11.2019 um 17:45 Uhr aktualisiert.

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