Graupen-Linsensotto mit knusprigem Manouri

Graupen-Linsensotto mit knusprigem Manouri

9. Mai 2019

Heimlich stellt sie sich ein – diese Unruhe, alles im Haus auf den Kopf zu stellen. Eine beflügelnde Unruhe, die sich vielversprechend anfühlt. Es kribbelt in Fingern und Bauch, eine Art Aufbruchstimmung schafft sich Raum. Weg mit dem alten Ballast, weg mit allem, was schon lange nervt. Von Spanien und Frankreich über Britannien bis hinauf nach Skandinavien: Europa putzt kollektiv. „Limpieza de primavera“, „Nettoyage de printemps“, „Easter Cleaning“, „Forårsrengøring“. Mit meinem Drang zum Frühjahrsputz bin ich in bester Gesellschaft! Ganz hinten im Küchenschrank finden sich Perlgraupen und Reste von mehreren Linsensorten. Ich rühre ein „Sotto“, brate mir rasch einen knusprigen „Manouri“ und beginne, mit Hingabe zu putzen!

Manouri ist ein griechischer Frischkäse, ähnlich dem Feta, besteht jedoch aus Schafs- und Ziegenmilch und schmeckt ausgewogen säuerlich-mild. Er lässt sich mit allen möglichen Panaden ein und zerläuft beim Braten oder Grillen nicht so schnell wie Schafskäse. Andererseits ist er deutlich geschmeidiger als der eher gummiartige Halloumi. Ein Tausendsassa, dieser Stramme Hellene! Wie die Faust aufs Auge passt er zum Thema Osterputz: Mit einem „Páscha stolídia“ auf den Lippen begrüßen auch die Bewohner des südlichsten europäischen Landes den Frühling. Einigkeit von Süd nach Nord.

Oben, die Finnen schrubben im Frühjahr alles blitzblank, um „Kaamos“, das „Dunkelmonster“, die lichtlose Zeit, endgültig zu vertreiben! Alles soll strahlen, wenn sich nach mehr als fünfzig Tagen Polarnacht für wenige Minuten ein Streifen Licht am Horizont erhebt! Die Norweger reihen sich mit einem ausgiebigen „påskepynt“ in die Reihe der lichthungrigen Putzwütigen ein. Ich vermute demnach, dass in „Kinnarodden“ auf der Nordkinnhalbinsel, dem allernördlichsten Fleckchen des europäischen Festlandes, auch gewienert wird. Es kann nur so sein! Wenn Einigkeit und Eintracht in dieser Angelegenheit doch beispielhaft für das europäische Miteinander sein könnten!

Fensterputzer in New York

Affen am Fenster

Das jährliche Großreinemachen der Japaner, das „osoji“ ist eine Art nationaler Volkssport, ein Spektakel geradezu. Das ganze Land ist in Bewegung. Mit typisch japanischer Gründlichkeit werden Wohnungen, Tempel, Schreine, Plätze und Schulen geputzt. Keiner darf sich drücken. Putzen ist Ehrensache und überlebenswichtig in zweierlei Hinsicht. Es wird als meditative, von innen heraus reinigende Arbeit verstanden, die negative Schwingungen des Geistes beseitigt. Seelischer Ballast wird am Ende des alten Jahres ausgemistet, um möglichst unbeschwert ins neue Jahr zu starten. Der unkundige Tourist wähnt seine Wahrnehmung außer Kontrolle, wenn er im Dezember durch Tokyo flaniert und oben an den Glasfronten der Hochhäuser Affen und überdimensionale Hähne die Scheiben putzen sieht. Nähert er sich so in Not einem Tempel, um zur Gelassenheit zurückzukehren und die Mitte zu erden, sieht er dort Schafe oder Kühe Böden wischen und Schreine fegen. Er beruhigt sich erst, wenn er von der langen Tradition hört, sich zum Putzritual als eines der zwölf Tiere der japanischen Tierkreiszeichen zu verkleiden! Ich schätze einmal, dass Japan 2019 von einer Wildschweininvasion heimgesucht werden wird. 😉

Verschiedene Linsensorten

Mein Bohner-Rodeo

Der Oster- oder Frühjahrsputz war auch in meiner Kindheit ein aufregendes Ereignis. Ich liebte diese rührige Zeit vor Ostern, das Entstauben und Polieren und besonders den Showdown in der Karwoche. Man band mir ein Kopftuch um, damit der Pferdeschwanz nicht einstaubte, und mit Inbrunst schwang ich den Teppichklopfer, um den Staub aus den über die Teppichstange gewuchteten Teppichen und Läufern zu vertreiben. Keine Ruhe gab ich, bis das letzte Wölkchen herausgeprügelt war. Die Böden wurden gewischt, gewachst und gebohnert. Ich liebte es, in wichtiger Mission als Beschwerung auf dem Bohner zu sitzen, wenn mein Vater dieses monströse Gerät über die eingewachsten Holzböden gleiten ließ. Eine herrliche Fahrt durch die Räume war das, und ich hatte alle Mühe, mich am Stiel festzuklammern, um nicht aus den Kurven getragen zu werden! 🤠 Der Duft nach Bohnerwachs liegt mir bis heute in der Nase, und ich falle jedes Mal in einen nostalgischen Schock, wenn ich ihm in ehrwürdigen Gemäuern oder mediterranen Landhäusern wieder begegne.

Desorientierung beim Neubeginn

Gläser und Geschirr wurden aus den Schränken geräumt, gewaschen und poliert. Von Hand, denn von Geschirrspülern träumten wir damals noch nicht einmal. Dann wanderte alles zurück in den Schrank, meistens mit einer optimierten Anordnung, die einige Wochen zu hektischem Aufreißen von Türen und Laden führte, hatten sich doch die neuen Plätze noch nicht eingeprägt. Auch vor den Wäscheschränken machte die Mutter nicht halt. Der Vater grummelte, wenn die Socken dann in einer neuen Schublade ihren Platz gefunden hatten, und er nicht einsehen wollte, wozu. Noch schlimmer war es für ihn, wenn die Mutter Sofa und Kommoden von der Wand gerückt hatte, um dahinter dem letzten Staubkorn den Garaus zu machen und so dazu beflügelt wurde, Möbel zu (ver-) rücken. Dann klagte er über Desorientierung in den eigenen vier Wänden. Ich hingegen habe das Gefühl, in einem völlig neuen Raum zu sein, geliebt. Die Freude am Möbelrücken ist mir geblieben. Der Liebste weiß, was gemeint ist, wenn ich ihn an einem verregneten Sonntag bitte, festes Schuhwerk anzulegen, obwohl wir nicht nach Draußen wollen!

Wer schafft, braucht Kraft

Allen, die nun angestachelt sind, auch einen häuslichen Befreiungsschlag zu tun, sei gesagt, dass sie den idealen Zeitpunkt für ihren persönlichen „Osterputz“ nicht verpasst haben, nur weil wir bereits in den Wochen nach Ostern sind. Nein, sie haben nunmehr noch viele Tage Zeit, den Hausputz nachzuholen, denn am Ostersonntag beginnt für uns Christen die Osterzeit, genau gesagt, 50 Tage „österlicher Freude“, die erst an Pfingsten endet. Die Arbeit kann also geordnet aufgenommen und mit der nötigen Akribie durchgeführt werden! Wer das Reinigen mit kleinen Achtsamkeitsübungen oder meditativen Einlagen kombiniert, erreicht Pfingsten in Bestform. Selbst wenn der Heilige Geist nicht persönlich herniederkommt, wird man nicht umhin können, neu gewonnene Klarheit und Weitsicht zu konstatieren. Bis dahin wird natürlich auch das leibliche Wohl nicht vernachlässigt. Denn die Fastenzeit ist längst vorbei, und wer schafft, braucht Kraft!

Eine Auswahl an Linsen

Linsen-Kaleidoskop mit Graupen

Als ich den Vorratsschrank sortiert und gewischt habe, fand ich besagte Linsenreste. Angebrochene Tütchen mit roten Linsen, Berglinsen und Puy-Linsen. Außerdem eine halbe Packung Perlgraupen, die entgegen der weitverbreiteten Meinung nicht schleimig werden, wenn man sie kurz blanchiert und abspült, bevor sie weiterverwendet werden. Daraus wurde schließlich dieses wundervolle asiatisch gewürzte, leicht scharfe Graupen-Linsen(ri)sotto mit knusprigem, in Sesam paniertem Manouri. Dazu einige Stangen gebratener Spargel, denn es ist nicht nur Oster-Zeit, Putz-Zeit und Innere-Einkehr-Zeit, auch die Spargelsaison nimmt Fahrt auf. Ich kann nur sagen, dass ich dies für eine perfekte Fügung halte und rate dazu, die Konstellation aus hygienischer, mentaler und kulinarischer Sicht zu nutzen!

Das Graupen-Linsensotto

  1. Beide braune Linsensorten über Nacht einweichen.
  2. Getrennt etwas über bissfest garen.
  3. Flüssigkeit abschütten und Linsen abkühlen lassen.
  4. Rote Linsen abspülen und garen. Auskühlen lassen.
  5. Perlgraupen abspülen und blanchieren. Erneut abspülen.
  6. Schalotten und Knoblauch fein hacken. In Rapsöl mit Zucker glasig anschwitzen.
  7. Graupen dazugeben. Wermut und Wein angießen. Kurz einkochen lassen.
  8. Mit Brühe aufgießen, bis die Graupen bedeckt sind.
  9. Zitronengras zerdeppern und dazugeben. Umrühren.
  10. Wenn die Brühe fast aufgesaugt ist, restliche Brühe dazu gießen.
  11. Sellerie, Zucchino und Möhren fein würfeln.
  12. Möhrenwürfelchen blanchieren.
  13. Chilischote entkernen und in Ringe oder Würfelchen schneiden.
  14. Die Gemüse beiseite stellen.
  15. Korianderstiele fein schneiden, Blätter zum Dekorieren aufheben.
  16. Zu den Graupen Linsen, alle Gemüse, Koriander, Kokossahne zugeben. Durchwärmen.
  17. Butter und Crème Fraîche unterheben und mit Sojasauce, Sesamöl, Limettensaft und –abrieb, geriebenem Ingwer, Salz und Pfeffer würzen.

Der Manouri und der Spargel

  1. Weißen Spargel schälen und blanchieren. Sehr dicke Stangen der Länge nach halbieren.
  2. Nach Wunsch Stangen quer halbieren.
  3. Grünen Spargel am unteren Ende schälen.
  4. Spargelstangen in Butter schmoren.
  5. Backofen aufheizen.
  6. Manouri in Stücke schneiden.
  7. Ei verquirlen.
  8. Manouri in Mehl, Ei und Sesamkörnchen panieren.
  9. Auf ein Backblech setzen und backen, bis die Sesamkörnchen gebräunt sind.

Das Graupen-Linsensotto

Die beiden braunen Linsensorten über Nacht einweichen. Getrennt in leicht gesalzenem Wasser mit jeweils 2 Lorbeerblättern etwas über bissfest garen. Das dauert je nach Linsensorte und Einweichdauer unterschiedlich lang, ca. 15 bis 20 Minuten. Ab der zehnten Minute immer einmal wieder probieren. Abschütten und auf einem Sieb abkühlen lassen. Die roten Linsen abspülen und ebenfalls in leicht gesalzenem Wasser garen. Auskühlen lassen.

Tipp: Linsen niemals sprudelnd und heftig kochen, sonst platzen sie auf. Leises Sieden ist ausreichend.

Die Perlgraupen unter fließendem Wasser abspülen, und in gesalzenem Wasser 2 bis 3 Minuten blanchieren. Erneut auf einem Sieb abspülen. Schalotten und Knoblauch fein hacken. In Rapsöl mit einer Prise Zucker glasig anschwitzen. Die Graupen dazugeben. Wermut und Wein angießen. Kurz einkochen lassen. Mit der erwärmten Brühe aufgießen, bis die Graupen gut bedeckt sind. Das Zitronengras zerdeppern und dazugeben. Umrühren. Wenn die Brühe fast aufgesaugt ist, restliche Brühe dazu gießen. Währenddessen Sellerie, Zucchino und Möhren fein würfeln. Die Möhrenwürfelchen 1 Minute in Salzwasser blanchieren. Chilischote entkernen und in feine Ringe oder Würfelchen schneiden. Die Gemüse beiseite stellen. Korianderstiele fein schneiden, Blätter zum Dekorieren aufheben. Wenn die Graupen die gewünschte Konsistenz haben, die Linsen, alle Gemüse, den Koriander, die Kokossahne und eventuell noch etwas Flüssigkeit zugeben. Einige Minuten durchwärmen, jedoch nicht mehr köcheln lassen. Das Gemüse soll einen leichten Knuspereffekt in das Sotto bringen. Nun die Butter und die Crème Fraîche unterheben und mit Sojasauce, Sesamöl, Limettensaft und –abrieb, geriebenem Ingwer, Salz und Pfeffer würzen.

Tipp: Besonders fluffig wird das Sotto, wenn ein Teil der Sojasahne vor dem Unterheben schaumig aufgeschlagen wird. Und die Flüssigkeit immer mit Fingerspitzengefühl dosieren. Das Endergebnis soll – wie bei klassischem Risotto – schlotzig, aber nicht zu flüssig sein. Sollte das Risotto doch etwas flüssiger geraten, serviert man es im Suppenteller und tut so, als sei es genau richtig so! Im Zweifel ist das immer noch besser als ein trockenes Risotto zu servieren.

Der Manouri und der Spargel

Den weißen Spargel schälen und einige Minuten in gesalzenem und gezuckertem Wasser blanchieren. Sehr dicke Stangen der Länge nach halbieren. Nach Wunsch die Stangen einmal quer halbieren. Grünen Spargel am unteren Ende schälen. Spargelstangen in der Butter schmoren, bis sie die gewünschte Konsistenz haben und schön gebräunt sind.

Backofen auf 180 °C (Umluft) aufheizen. Manouri in mundgerechte Stücke schneiden. Ei in einer Schale verquirlen. Den Manouri zuerst in Mehl, dann in Ei und zuletzt in den gemischten Sesamkörnchen panieren. Auf ein Backblech setzen und ca. 15 Minuten backen, bis die Sesamkörnchen schön gebräunt sind.

Das Graupen-Linsensotto

(Zutaten für 2 bis 3 Portionen)

Menge Zutat

60 g

rote Linsen

60 g

Berg-Linsen

60 g

Puy-Linsen

4 bis 6

frische Lorbeerblätter

100 g

Perlgraupen (mittelgroß)

2

Schalotten

1 Zehe

Knoblauch

1 bis 2 EL

Rapsöl

8 cl

Noilly Prat

8 cl

trockener Weißwein

ca. 400 ml

Gemüsebrühe

6 bis 8 Stiele

Koriander

ca. 200 ml

Kokossahne

2 Stangen

Sellerie

2 kleine bis mittelgroße

Möhren

½

Zucchino

1

rote Chilischote

2 EL

Butter

2 EL

Crème Fraîche

1 Stange

Zitronengras

1 kleines Stück

Ingwer

Einige Spritzer

geröstetes Sesamöl

Einige Spritzer

helle Sojasauce

1

Bio-Limette

 

Salz, Pfeffer, Zucker

Der Manouri und Spargel

Menge Zutat

1 Packung

Manouri

2 EL

schwarzer Sesam

2 EL

weißer Sesam

1

Ei

2 EL

Mehl

6 Stangen

weißer Spargel

½ Bund

grüner Spargel

2 EL

Butter

 

Salz, Pfeffer, Zucker

Diese Seite wurde zuletzt am 19.11.2019 um 18:53 Uhr aktualisiert.

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