Glasierte Avocadotörtchen mit Lachstatar und Chili-Ziegenkäse

Glasierte Avocadotörtchen mit Lachstatar und Chili-Ziegenkäse

29. Mai 2016

Manchmal braucht es seine Zeit, bis man sich mit den unterschiedlichsten Dingen des Lebens anfreundet. Bestimmten Menschen läuft  man ungezählte Male über den Weg, bevor man schließlich feststellt, dass sie eigentlich „ganz anders sind“ als man sich das vorgestellt hat. Es muss zwar nicht zwangsläufig zur ganz großen Liebe kommen, jedoch fällt mir spontan Klaus Lage ein mit seinen Worten: "Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert!".

Es geht einem doch mit vielen Dingen so, dass man sie entweder erst gar nicht im Fokus hat oder aber dass man an schlechten Erinnerungen herumknabbert, die neue Annäherungen verhindern. Nicht nur bei Menschen. Auch bei Gedankenmodellen. Generell bei Ausrichtung auf etwas Neues. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. Ganz oft – und nun komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen – begegnen mir Vorurteile, wenn ich mit Menschen übers Essen rede, was ich gerne und oft tue. Einmal etwas gekostet, was nicht „beigegangen“ ist, und von nun an wird ein großer Bogen darum gemacht. Das Etikett im Kopf scheint auf ewig gespeichert. Im Laufe des Lebens habe ich gelernt, mit dem „Bekehren“ aufzuhören. Das schafft man nicht mit Worten, auch wenn man sich noch so ins Zeug legt. Oftmals sind es Zufälle, die hier weiterhelfen und es ermöglichen, die Festplatte zu überschreiben. Oder die Neugierde siegt. Wie in meinem Falle. Langer Rede gar kein Sinn: Seit geraumer Zeit bin ich, zum Glück nicht „auf den Hund“, sondern auf die Ziege gekommen.

Es hat lange gedauert. Ich erzähle kurz über meine „Ziegenvergangenheit“, dann werdet ihr verstehen. In der Kindheit hielt unser Nachbar Ziegen in seinem Garten. Sie hatten einen gewissen Auslauf im Freien, einen großen Stall und rochen gar fürchterlich. Außerdem meckerten sie nervig herum, was mich damals glauben ließ, sie seien unsympathische Gesellen und dazu noch dumm. Außerdem erzählten die Alten immer vom Krieg, und dass sie damals Ziegenmilch hätten trinken müssen, die ganz gräuslich geschmeckt habe. Das alles zusammen ließ bei mir eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den Tierchen entstehen, die ich ja durchaus gerne angeschaut habe. Mit lustigen Bärtchen und seitlich angebrachten Augen hatten sie aus kindlicher Sicht schließlich etwas Interessantes.

Mein erstes Ziegenfleisch gegessen habe ich dann auf dem Geburtstagsausflug eines Freundes. Der wollte uns etwas ganz Besonderes bieten. Charterte einen Kleinbus und kutschierte uns – großes Geheimnis! – ins benachbarte Frankreich zu einem geselligen „Couscous-Essen“.

„Couscous“ war damals schwer in Mode. Es bedeutete nichts weiter, als dass dampfende Hirse gereicht wurde. Dazu ein Topf mit suppiger Tomaten-Gemüse-Sauce, in dem zudem Merguez, Hähnchenteile und andere ausgefranste Fleischstücke schwammen. Bei diesem Fleisch handelte es sich wahlweise um Ziege oder Hammel. Hilfe! Das muss ein recht altgedienter Ziegerich gewesen sein, den man uns damals serviert hat. Ich werde diesen penetranten Geschmack nach Stall niemals vergessen! Ich habe nur ein wenig Couscous mit Sauce verzehrt, aber dieses spezielle Aroma hat alles durchdrungen! Und der Rotwein war auch noch schlecht, sonst hätte man sich aus Verzweiflung an ihn halten können. Wir haben uns dann übrigens aus den Augen verloren …

Wie es der Zufall will, gab es bereits kurze Zeit später eine weitere Geburtstagseinladung. Diesmal mussten wir eine recht aufwändige Anfahrt bewältigen, um in einem Häuschen in einer Schrebergartenanlage zu feiern. Es gab – Couscous. Diesmal mit Hammel, der ebenfalls betagt war und sich zudem eine schöne, dicke Fettschicht angefuttert hatte. Wir konnten nicht fliehen. Nicht vor dem Essen und nicht vor einigen der Gäste. Irgendwie hat mich das Thema – ihr merkt es – traumatisiert. Wir haben uns übrigens merkwürdigerweise ebenfalls aus den Augen verloren …

Viele Jahre später, nachdem wir beharrlich einen Bogen um das „Z-Thema“ gemacht hatten, wurden wir bei sehr netten französischen Nachbarn zum sonntäglichen Apéritif eingeladen. Hierbei handelt es sich um eine Art Frühschoppen auf französische Art. „Madame“ lud gegen elf Uhr ein und bereits im Hausflur machte sich ein deftiger Ziegengeruch breit. Wir ahnten Schlimmes. Es gab eine appetitliche Platte mit überbackenen Baguettescheiben. Überbacken mit gut gereiften Ziegenkäse. Wie wir erfuhren der Marke „Crottin“. Schöne, kräftig gereifte Rinde. Mmmh… Das Ganze erzähle ich, damit ihr erkennt, welch große Hürden zu nehmen ich in der Lage bin, wenn es um die Kulinarik geht smile.

Zuerst habe ich begonnen, mit Ziegenfrischkäse zu kochen und zu backen. Mit hervorragenden Ergebnissen. Nach und nach hat er aus meiner Küche normalen Frischkäse verdrängt. Ich finde, er hat etwas Spritziges an sich, was – wenn man ihn dosiert einsetzt – die Geschmackstiefe anderer Zutaten verbessert. Dann habe ich mit Kräutern und Gewürzen experimentiert und Dips oder Aufstriche zubereitet. In der nächsten Runde habe ich es dann mit Ziegenweichkäse probiert. Die Rollen habe ich in fingerdicke Scheiben geschnitten, unterschiedlich mariniert und mindestens 24 Stunden durchziehen lassen. Auch köstlich! Dann habe ich unseren geliebten Tomaten-Brot-Salat damit bestückt und wir stellten fest, dass er dem Büffelmozzarella mindestens das Wasser reichen kann. Eine ganz andere Geschmacksrichtung zwar, jedoch extrem charmant!

Am Wochenende hatte ich Lust auszuprobieren. Ich nahm eine reife Avocado und mixte sie mit Ziegenfrischkäse und einigen Schlückchen Sahne auf. Gewürzt mit Salz, Pfeffer, etwas Tabasco und Muskat. Leicht angedickt mit Gelatine habe ich sie in Servierringe gefüllt und durchgekühlt, bis sie einigermaßen stabil waren. Die Ringe habe ich leicht eingefettet, so lässt sich die Masse, auch wenn man eine Mousse oder Ähnliches herstellt, später besser entnehmen. Dann habe ich aus Blattpetersilie und Koriander einen herzhaften grünen „Tortenguss“ hergestellt und die Avocadomasse großzügig damit glasiert. Anschließend wanderte sie nochmal in den Kühler für mindestens 3 Stunden.

In ausgehöhlte Landgurken habe ich ein kräftig mit Ingwer und gemörserter Koriandersaat gewürztes Räucherlachs-Tatar gefüllt. Die Gurken habe ich aufrecht platziert, und mit einem Lachsröllchen sowie etwas Lachskaviar dekoriert, so dass sie wie recht „stämmige Burschen“ anmuteten. Hinzu kam ein Ziegenfrischkäse, den ich mit Ingwer, Knoblauch, Zitronenabrieb und Chili-Curry-Öl verfeinert habe. Köstlich! Kleine „Nester“ aus roh marinierten Spargelstreifen, marinierte Streifen von der Gurkenschale sowie eine Petersilie-Basilikum-Pesto rundeten das Ganze ab.

Dann habe ich alles schön angerichtet, damit der Liebste – wie immer – Fotos schießen konnte. Es hat mir dann doch nicht gefallen, also alles wieder umgeschichtet. Der beste aller Ehemänner bleibt – wie immer – geduldig. Nun schon besser! Dennoch keimt schon seit Längerem der Entschluss in mir, dass die Sache mit dem Anrichten sich auch sicherlich noch verbessern ließe … Ich bin eben ein ehrgeiziger und perfektionistischer Steinbock. Wer weiß, vielleicht war ich ja nach einem früheren Leben mit zweifelhaften Karma auch schon einmal für eine Runde eine Bergziege? Ich meine nur, weil ich die Berge doch so liebe! Der Liebste schmunzelt, als ich ihm diese Überlegungen mitteile. Er meint, die erste Silbe könnte man auch weglassen, dann passe meine Vermutung auch heute noch gelegentlich ...

Avocadotörtchen und Guss

  1. Gelatine nach Anweisung auflösen.
  2. Alle Zutaten im Rührbecher miteinander mixen.
  3. Avocado mit einem Schuss Limettensaft beträufeln. Zum Ausgleich der Säure Agavendicksaft verwenden.
  4. Servierringe einfetten und Masse einfüllen. Kühl stellen.
  5. Für den Guss Schalotte fein würfeln und mit Puderzucker karamellisieren. Mit Portwein und Weißwein ablöschen, Vanilleschote und  Muskatblüte hinzugeben. Um ein Drittel einkochen, abkühlen lassen.
  6. Restliche Gelatine auflösen. Petersilie kurz blanchieren und ausdrücken.  Koriander mitsamt Stielen hinzugeben. Ebenso die Minzeblättchen.
  7. Kräuter und durchpassierter Sud mit Salz, Pfeffer und etwas Zitronensaft aufgemixen und nochmals durchpassieren. Gelatine hinzufügen.
  8. Guss als Gelee-Glasur über die Avocadomasse geben.
  9. Alles noch gut durchkühlen lassen.

Lachstatar und Gurken

  1. Landgurken mit einem Zestenreißer längs schälen. Die so entstandenen „Gurkenschalen-Spaghetti“ marinieren.
  2. Gurken in Stücke schneiden (ungefähr 4 – 7 cm).
  3. Gurkenabschnitte mit einem Apfelausstecher aushöhlen und salzen.
  4. Aus einigen Abschnitten dünne Rädchen abschneiden.
  5. Lachs fein schneiden. Schalotte noch feiner. Dill abzupfen und hacken.Zusammen mit Abrieb vom Ingwer und Zitronenschale alle Zutaten miteinander vermengen und kalt stellen.

Spargel und Pesto

  1. Zutaten für die Pesto mixen und kalt stellen.
  2. Marinade für den Spargel anrühren und bereitstellen.
  3. Spargel schälen. Köpfe beiseite nehmen, in etwas Olivenöl schwenken.
  4. Kurz vor dem Anrichten Spargel mit einem Sparschäler zu „Nudeln“ schneiden und durch die Marinade ziehen.

Avocadotörtchen und Guss

Die Gelatine wird nach Anweisung aufgelöst. Dann wandern alle Zutaten in den Rührbecher und werden miteinander gemixt. Von der Limette nehme ich einen guten Schuss Saft, damit die Avocado sich nicht verfärbt. Zum Ausgleich der Säure verwende ich etwas Agavendicksaft. Diesen muss man sparsam dosieren, denn er ist extrem süß. Dann fettet man die Servierringe aus und füllt die Masse ein. Sie wandert in die Kühlung, bis sie so stabil ist, dass man den Guss obenauf geben kann.

Für den Guss wird die Schalotte fein gewürfelt und in einem Topf mit etwas Puderzucker ohne Fett karamellisiert. Mit den Portwein und dem Weißwein ablöschen, ein sehr kleines Stück Vanilleschote (ungefähr 1 cm) und 2 bis 3 Ecken von der Muskatblüte hinzugeben und um ein Drittel einkochen, dann abkühlen lassen.

Auch hier die Gelatine (die zweite Hälfte aus dem Päckchen) nach Anweisung auflösen. Die Petersilie wird ganz kurz blanchiert und gut ausgedrückt.  Der Koriander ist zu filigran zum Blanchieren und kommt mitsamt den Stielen einfach hinzu. Die Minzeblättchen geben eine frische Note, sollen jedoch so zurückhaltend dosiert sein, dass sie nicht in den Vordergrund treten. Die Kräuter und der abgekühlte, durchpassierte Sud werden mit Salz, Pfeffer und etwas Zitronensaft aufgemixt und nochmals durch ein mit Küchenpapier ausgelegtes Sieb gegeben, damit alle Schwebestoffe zurückbleiben. Nun wird die Gelatine eingearbeitet. Nachdem der Guss soweit abgekühlt ist, dass er noch flüssig ist und verarbeitet werden kann, gibt man ihn als Gelee-Glasur über die Avocadomasse. Alles nun noch einmal gut durchkühlen lassen.

Lachstatar und Gurken

Die Landgurken werden zunächst mit einem Zestenreißer längs geschält, damit ein dekoratives Rillenmuster entsteht. Die so entstandenen „Gurkenschalen-Spaghetti“ werden mariniert und kommen als essbare Garnitur mit auf den Teller. Die Gurken in stattliche Stücke schneiden (ungefähr 4 – 7 cm). Die Stücke dürfen ruhig unterschiedlich groß sein, denn das sieht dann befüllt niedlich aus. Die Gurkenabschnitte werden  mit einem Apfelausstecher ausgehöhlt und anschließend gesalzen. Sie sollen einen Teil ihres Wassers verlieren, damit sie aromatischer und stabiler werden. Dann spült man sie ab und tupft sie mit Küchenkrepp trocken, insbesondere von innen. Aus einigen Abschnitten schneidet man nun eher dünne Rädchen ab, die man später zur Deko nimmt.

Der Lachs wird fein geschnitten. Die Schalotte noch feiner. Der Dill wird abgezupft und ebenfalls gehackt. Zusammen mit Abrieb vom Ingwer und Zitronenschale werden alle Zutaten miteinander vermengt, nochmal abgeschmeckt und bis zum Servieren kaltgestellt.

Spargel und Pesto

Die Zutaten für die Pesto mixen und bis zum Verwenden kalt stellen. Die Marinade für den Spargel anrühren und bereitstellen. Den Spargel schälen. Die Köpfe beiseite nehmen, in etwas Olivenöl schwenken und später als Deko für die Avocadotörtchen verwenden. Erst ganz kurz vor dem Anrichten den Spargel mit einem Sparschäler zu „Nudeln“ schneiden und durch die Marinade ziehen. Bitte so kurzfristig wie möglich arbeiten, denn der Spargel wässert sonst stark aus. Zum Anrichten werden dann kleine „Nester“ gedreht.

Nun alles mit viel Elan und gutem Augenmaß anrichten. Als Vorschlag schaut euch doch einfach die Fotos an. Macht es so, oder so ähnlich, besser oder einfach nur anders. Aber macht es (vor allen Dingen euch selbst) gut!

(Für 2 Personen)

Avocadotörtchen und Guss

Menge Zutat
1 Avocado
2 EL Ziegenfrischkäse (ca. 80 g)
60 ml Schlagsahne
1 Päckchen Gelatinepulver
1 Prise Muskat
1 Schuss Worcestersauce
Einige Spritzer Tabasco
1 Bio Limette
½ TL Agaven-Dicksaft
½ Bund Koriander
½ Bund Blattpetersilie
4 bis 6 Minzeblättchen
2 Schalotten
200 ml trockener Weißwein
4 cl weißer Portwein
1 Stück Vanilleschote
  Muskatblüte
  Salz
  Pfeffer
  Puderzucker

Lachstartar und Gurken

Menge Zutat
200 g mild geräucherter Lachs
1 Schalotte
3 mittelgroße Bio Landgurken
2 EL winzig gewürfelte Gurke
1 Stück Ingwer
1 Bio Zitrone
4 Stiele Dill
1 EL kleine Kapern
1 bis 2 TL gemörserte Koriandersaat
1 TL Ketchup
1 TL Agavendicksaft
1 TL Dijon-Senf
2 bis 3 Landgurken
  Salz
  Pfeffer

Spargel und Pesto

Menge Zutat
4 dicke Spargelstangen
2 EL Balsamico-Crème mit Orange (z. B. von „Genieß-Bar“)
1 EL fruchtiger Essig (z. B. Marille von Kühne)
3 bis 4 Tropfen Agaven-Dicksaft
½ Bund Basilikum
½ Bund Blattpetersilie
2 EL Mandelblättchen (geröstet)
2 EL geriebener Parmesan
Eine gute halbe Tasse mildes Olivenöl
½ Zehe junger Knoblauch
1 Bio Zitrone
  Salz

Tipp

Wenn man die gefüllten Gurken als Häppchen auf die Hand reichen will, schneidet man sie deutlich kleiner, und höhlt sie nicht mit dem Apfelausstecher sondern mit einem Kugelausstecher aus. Man lässt einen Boden stehen, damit die Lachsmasse nicht herausfallen kann.

Diese Seite wurde zuletzt am 22.11.2019 um 15:41 Uhr aktualisiert.

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