Gemüsesalate von der Reichenau
08. September 2017
Während unserer Aufenthalte am Bodensee werde ich, wenn ich die Speisekarten konsultiere, stets von der lustvollen und gleichermaßen anstrengenden Frage umgetrieben, was ich denn nun am liebsten essen wolle. Denn ich liebe beinahe alles, was dort angeboten wird. Fangfrischer Fisch, Wild aus den umliegenden Wäldern oder Kurzgebratenes oder Geschmortes vom Allgäuer Weiderind. Im Frühsommer kommt der herrliche Tettnanger Spargel ins Spiel und treibt meine Entscheidungsfindung ins Quälende. Im August und September gibt es das gleiche Dilemma, denn nun hat es Pfifferlinge und Steinpilze im Überfluss. Und nicht zuletzt gibt es das ganze Jahr über die herrlich frischen Gemüse von der Reichenau, die es mir angetan haben. Gewiss: Ich klage auf höchstem Niveau 😊.
Ich glaube, bevor der liebe Gott sich an das „Große und Ganze“ machte und die komplette Erde erschuf, legte er zunächst ein Modellprojekt an. So, wie das Viele tun, die „Großes“ bauen. Zur Sicherheit. Damit eventuelle Schwachstellen unmittelbar zu erkennen wären. Da er bisher nur das Paradies „da oben“ kannte, orientierte er sich an diesem und richtete sein Schaffen danach aus. So entstand ein Paradies auf Erden. Er legte zunächst einen großen See an, denn Wasser ist der Quell allen Lebens. In ihm schwamm eine Vielzahl von Fischen, die sich in dem klaren Wasser pudelwohl fühlten und sich fleißig vermehrten. Ihm gefiel sodann der Gedanke, dass es in diesem See Inseln gäbe. Also schenkte er ihm zunächst eine große, sehr fruchtbare Insel. Auf dieser wuchsen mit den Jahren alle erdenklichen Gemüsesorten, prächtige Salate, Kräuter und Obst. Eine weitere Insel sollte allein der Erbauung dienen. Auf ihr ließ er mächtige Bäume und eine bunte Blütenpracht heranwachsen. Heerscharen von Schmetterlingen schwirrten umher, so zahlreich und schön, dass man ein ums andere Mal in Verzücken ausbrechen konnte. Dann baute er noch ein ganz kleines, illustres Inselchen, auf dem man sitzen, das emsige Treiben im Hafen beobachten und den Blick auf die verschneiten Gipfel der Alpen gegenüber genießen konnte. Die hatte er gewissermaßen als Horizont und Rahmen erschaffen, damit der Anblick vollkommen wurde.
Um den See herum sollten Äpfel gedeihen und Trauben, aus denen fruchtige Weine gekeltert würden. Damit sie fruchtig und spritzig werden würden, reicherte er die Böden mit Nährstoffen und Mineralien an und schenkte der Region ein besonders mildes Klima. Und weil dem lieben Gott sein Werk so gut gefallen hat, hatte er ein Auge darauf, und wir können uns bis heute daran erfreuen. So kam es auch, dass auf der fruchtbaren Insel Reichenau im Untersee bis heute prächtiges Gemüse angebaut wird. „Reichenauer Gemüseplatten“ werden rund um den See angeboten, in Biergärten und auch in gehobenen Restaurants, und wenn man Glück hat, wird eine fluffige Hollandaise dazu serviert. Wenn der Gastwirt es besonders gut meint, serviert er noch ein Spiegelei zum Gemüse, damit das vegetarische Essen auch wirklich satt macht!
In Alexander Herrmanns famosen Kochbuch „Küchengeheimnisse“ liegt ein Schwerpunkt auf der Gemüse-Zubereitung. Vier feine Rezepte für meine Gemüse von der Reichenau habe ich mir daraus ausgesucht. Ein sehr überraschender „Salat von roh gehobeltem und gebratenem Blumenkohl“, der mit halbgetrockneten, hoch aromatischen Orangenfilets und Walnüssen besonders wurde. Der „Rote-Bete-Salat“ konnte durch einen golden glänzenden Kümmelkaramell punkten, vornehm zurückhaltend das Kümmelaroma, raffiniert der Crunch in Verbindung mit der weichen Bete.
Der „Bohnen-Salat mit Tomatenvinaigrette“ war herrlich fruchtig und kam ohne Crème fraîche oder Sahne aus, die für mich seit je her obligatorisch dazu gehörten. Hier stand allein die Bohne im Vordergrund und feinster Tomatenessig sowie Sojasauce verliehen dem Dressing perfekte Vollmundigkeit, das berühmte „Umami“. „Bratkartoffelsalat“ klingt einfach, ist jedoch nach Herrmanns Rezept meisterlich. Die knusprigen Kartoffeln werden zusammen mit krossem Bacon auf ein Bett von Kartoffel-Crème-Vinaigrette gesetzt. Dazu noch hauchdünne Scheiben von der Gewürzgurke und frittierte Petersilie. Etwas in seiner Einfachheit dennoch dermaßen Bestechendes kann sich nur ein Meister seines Fachs ausdenken! Besser hätte ich die Gemüse von der paradiesischen Insel nicht behandeln können!
Der Salat von roh gehobeltem und gebratenem Blumenkohl
- Orangen schälen. Filets herauslösen und Saft auffangen.
- Orangenfilets im vorgeheizten Backofen trocknen lassen.
- Walnüsse im Backofen mit rösten und grob zerstoßen.
- Blumenkohl in Röschen teilen. Große Röschen in hauchdünne Scheiben hobeln. Kleine Röschen in Butter braten, bis sie Farbe angenommen haben. Salzen und pfeffern.
- Vom Schnittlauch Spitzen abschneiden, den Rest in Röllchen schneiden.
- Aus den Zutaten, dem Orangensaft und den Schnittlauchröllchen eine Vinaigrette rühren. Über den rohen und gebratenen Blumenkohl geben.
- Salat mit Orangenfilets und Walnüssen mischen und mit Schnittlauchspitzen bestreuen.
Der Rote-Bete-Salat
- Backofen vorheizen.
- Rote Bete gründlich abbürsten und auf ein mit Meersalz bestreutes Backblech setzen.
- Im Ofen garen.
- Rote Bete abkühlen lassen und schälen. In mundgerechte Stücke schneiden.
- Schalotten mit Essig und Öl verrühren und mit Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken. Über die Rote Bete gießen und durchziehen lassen.
- Für den Kümmelkaramell Wasser, Zucker und Kümmel in eine Pfanne geben und hellbraun karamellisieren lassen.
- Karamell auf Backpapier gießen und erkalten lassen.
- Erkalteten Karamell im Mixer sehr fein mahlen.
- Pulver gleichmäßig auf einen frischen Bogen Backpapier streuen und unter dem vorgeheizten Grill braun schmelzen lassen.
- Nach dem Erkalten in Stücke brechen.
- Saure Sahne, Wasabipaste und Zitronensaft verrühren. Mit Salz abschmecken.
Der Bohnensalat mit Tomaten-Vinaigrette
- Bohnen waschen und in dünne Streifen hobeln.
- Blanchieren und in Eiswasser abschrecken. Abtropfen lassen.
- Bohnenkrautzweige in Olivenöl erwärmen und Aroma ziehen lassen. In ein Sieb gießen und Öl auffangen.
- Tomaten pürieren und Saft durch ein Passiertuch oder feines Sieb drücken.
- Aus den angegebenen Zutaten, Tomatensaft, Bohnenkrautöl und –blättchen eine Vinaigrette rühren.
- Kirschtomaten überbrühen, häuten, halbieren und zur Vinaigrette geben. Vinaigrette mit den Schneidebohnen mischen und anrichten.
Der Bratkartoffelsalat
- Kartoffeln gut abbürsten, halbieren und in Salzwasser kochen. Abgießen und ausdampfen lassen.
- Etwas größere Kartoffeln für die Vinaigrette bereitlegen.
- Kartoffelhälften (oder Scheiben) in einer Pfanne mit der Schnittfläche nach unten im Rapsöl bei schwacher Hitze braun braten.
- Speck zwischen zwei Lagen Backpapier auf ein Backblech legen und mit einem Gitter beschweren.
- Im vorgeheizten Backofen knusprig backen.
- Gurken der Länge nach in dünne Scheiben hobeln.
- Für die Creme-Vinaigrette beiseitegelegte Kartoffeln schälen und mit Brühe mixen.
- Restliche Zutaten für die Vinaigrette unterrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Petersilienzweige in heißem Fett frittieren und auf Küchenpapier abtropfen lassen.
Salat von roh gehobeltem und gebratenem Blumenkohl
Orangen so schälen, dass die weiße Haut komplett entfernt wird. Die Filets herauslösen und den Saft dabei auffangen (80 ml). Orangenfilets bei 120 °C Umluft im vorgeheizten Backofen 15 Minuten trocknen lassen. Walnüsse im Backofen 10 Minuten mit rösten und grob zerstoßen.
Inzwischen den Blumenkohl in Röschen teilen. Große Röschen in hauchdünne Scheiben hobeln. Kleine Röschen in Butter braten, bis sie Farbe angenommen haben und die Butter leicht gebräunt ist. Salzen und pfeffern.
Vom Schnittlauch 3 cm lange Spitzen abschneiden, den Rest in Röllchen schneiden. Aus den angegebenen Zutaten, dem aufgefangenen Orangensaft und den Schnittlauchröllchen eine Vinaigrette rühren. Über den rohen und gebratenen Blumenkohl geben. Salat mit Orangenfilets und Walnüssen mischen und mit Schnittlauchspitzen bestreuen.
Rote-Bete-Salat
Backofen auf 150 °C Umluft vorheizen. Rote Bete gründlich abbürsten und auf ein fingerdick mit Meersalz bestreutes Backblech setzen. 3 bis 4 Stunden (je nach Größe) im Ofen garen. (Wer weniger Zeit hat, kann die Knollen 30 bis 40 Minuten in gut gesalzenem Wasser kochen). Rote Bete abkühlen lassen und schälen. In mundgerechte Stücke schneiden.
Schalotten mit Essig und Öl verrühren und mit Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken. Über die Rote Bete gießen und 30 Minuten durchziehen lassen.
Für den Kümmelkaramell Wasser, Zucker und Kümmel in eine Pfanne geben und hellbraun karamellisieren lassen, dabei nicht rühren. Den Karamell unbedingt im Auge behalten, damit er nicht zu dunkel wird. Karamell auf Backpapier gießen und erkalten lassen. Erkalteten Karamell im Mixer sehr fein mahlen. Das Pulver gleichmäßig auf einen frischen Bogen Backpapier streuen und unter dem vorgeheizten Grill braun schmelzen lassen (auch hier dabeibleiben!). Nach dem Erkalten in Stücke brechen.
Saure Sahne, Wasabipaste und etwas Zitronensaft verrühren. Mit 1 Prise Salz abschmecken. Rote Bete mit Karamellstücken und Sahnetupfen anrichten.
Bohnensalat mit Tomaten-Vinaigrette
Bohnen waschen und mit einem Sparschäler längs in dünne, spaghettiähnliche Streifen hobeln. In kochendem Salzwasser blanchieren und in Eiswasser abschrecken. Abtropfen lassen. Die Bohnenkrautzweige in Olivenöl erwärmen und Aroma ziehen lassen. In ein Sieb gießen und das Öl auffangen.
Tomaten pürieren und den Saft durch ein Passiertuch oder feines Sieb drücken. Aus den angegebenen Zutaten, Tomatensaft, Bohnenkrautöl und –blättchen eine Vinaigrette rühren.
Kirschtomaten überbrühen, häuten, halbieren und zur Vinaigrette geben. Vinaigrette mit den Schneidebohnen mischen und anrichten.
Bratkartoffelsalat
Kartoffeln gut abbürsten, halbieren und in Salzwasser je nach Größe ca. 10 Minuten kochen. Anschließend abgießen und kurz ausdampfen lassen. 5 bis 6 etwas größere Kartoffeln für die Vinaigrette bereitlegen.
Kartoffelhälften (oder Scheiben) in einer großen Pfanne mit der Schnittfläche nach unten im Rapsöl langsam und bei schwacher Hitze braun braten. Speck zwischen zwei Lagen Backpapier auf ein Backblech legen und mit einem Gitter beschweren. Im vorgeheizten Backofen bei 160 °C Umluft ca. 14 Minuten knusprig backen. Gurken der Länge nach in dünne Scheiben hobeln.
Für die Creme-Vinaigrette die beiseitegelegten Kartoffeln schälen und mit der Brühe mixen. Restliche Zutaten für die Vinaigrette unterrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Petersilienzweige in heißem Fett kurz frittieren und auf Küchenpapier abtropfen lassen.
Aus der Creme-Vinaigrette einen Spiegel auf eine Platte streichen und darauf die Kartoffeln mit der Schnittfläche nach oben, Gurkenscheiben und den Speck anrichten. Mit frittierter Petersilie und Meerrettich bestreuen.
(Für 6 bis 8 Portionen)
Der Salat von roh gehobeltem und gebratenem Blumenkohl
Menge | Zutat |
---|---|
2 | Orangen |
4 EL | Walnüsse |
1 | Blumenkohl |
2 bis 3 EL | Butter |
Salz, Pfeffer | |
1 Bund | Schnittlauch |
Vinaigrette |
|
1 | Schalotte (fein gehackt, kurz blanchiert) |
40 ml | Helle Sojasauce |
3 bis 4 EL | Xanthan-Mix (1 g Xanthan auf 100 ml Wasser) |
50 ml | Walnussöl |
50 ml | Rapsöl |
Zucker |
Der Rote-Bete-Salat
Menge | Zutat |
---|---|
800 g | Rote Bete |
Reichlich | Grobes Meersalz |
150 g | Saure Sahne |
1 TL | Wasabipaste (Tube) |
Zitronensaft | |
Vinaigrette |
|
1 | Schalotte (fein gehackt, kurz blanchiert) |
4 EL | Rotweinessig |
4 EL | Rapsöl |
Salz, Pfeffer, Zucker | |
Kümmelkaramell |
|
50 ml | Wasser |
150 g | Zucker |
1 TL | Kümmel |
Der Bohnensalat mit Tomaten-Vinaigrette
Menge | Zutat |
---|---|
400 g | Schneidebohnen |
Meersalz | |
2 | Bohnenkrautzweige (Blättchen abgezupft) |
60 ml | Olivenöl |
12 | Kirschtomaten |
Vinaigrette |
|
2 | Tomaten |
1 | Schalotte (fein gehackt, kurz blanchiert) |
40 ml | Tomatenessig |
40 ml | Helle Sojasauce |
40 ml | Rapsöl |
3 bis 4 EL | Xanthan-Mix |
Zucker |
Der Bratkartoffelsalat
Menge | Zutat |
---|---|
1 kg | Kleine Kartoffeln (Drillinge, La Ratte oder Bamberger Hörnchen) |
Meersalz | |
2 EL | Rapsöl |
12 Scheiben | Frühstücksspeck |
2 | Gewürzgurken |
4 Zweige | Glatte Petersilie |
Öl zum Frittieren | |
1 EL | Geriebener Meerrettich |
Creme-Vinaigrette |
|
5 bis 6 | Gekochte Kartoffeln |
150 bis 200 ml | Kräftige Brühe (lauwarm) |
1 EL | Senf |
1 TL | Geriebener Meerrettich |
50 ml | Weißweinessig |
50 ml | Gurkensud |
2 EL | Rapsöl |
1 Zweig | Glatte Petersilie (in Streifen geschnitten) |
2 bis 3 EL | Schalotten (fein gehackt, kurz blanchiert) |
Salz, Pfeffer |