Gefüllte Gemüse

Gefüllte Gemüse

30. Oktober 2016

Mit großer Freude habe ich kürzlich in dem gigantischen Meisterwerk „Jerusalem – Das Kochbuch“ von Ottolenghi und Tamimi ein komplettes Kapitel über „Gefülltes“ gelesen. Übertitelt mit dem treffenden Satz „Gefülltes in Hülle und Fülle“. Besonders schön fand ich es zu lesen, dass man sich in früheren Zeiten gemeinsam dem arbeitsintensiven Befüllen von Gemüsen gewidmet hat. Gewissermaßen Gemüsefüllen als gesellige, gemeinschaftliche Arbeit. Das brachte mich auf den herzerwärmenden Gedanken, diese Tradition für Familienfeste aufleben zu lassen.

Ich behaupte jetzt einfach einmal ungeprüft, dass es keine Länderküche auf der Welt gibt, in der nicht „gefüllt“ wird. Das „Füllen“ scheint den Menschen mehr oder weniger in die Gene getackert zu sein. Wie sonst könnte man sich dieses Phänomen erklären? Einige Gedanken zum „Befüllen“ im Allgemeinen.

Höhlenforschung

Zunächst einmal wird natürlich eine ganze Reihe unterschiedlicher Gemüse befüllt. Hierzu gibt es verschiedene Methoden. Eine der beliebtesten ist sicherlich das „Aushöhlen“ und spätere Füllen von Gemüse, wobei die ausgehöhlten Bestandteile selbstverständlich weiterverwendet werden. Entweder wandern sie mit in die Füllungen oder sie werden separat verarbeitet, zum Beispiel für eine leckere Suppe. Man befüllt jedoch auch gerne durch „Einwickeln“ in Gemüseblätter aller Art. Man denke hier an Wirsing, Weißkohl, Spitzkohl, Mangold und vieles mehr. Zum Beispiel gefüllt mit leckerem Gehacktem. Wohlfühlgerichte aus der Kindheit, die nicht wegzudenken sind.

Zucchini

Füllen rund um die Welt

Besonders attraktiv sind gefüllte Gemüse durch ihre Vielfalt, weil man sie bodenständig und rustikal zubereiten kann. Oder man wählt kulinarisch anspruchsvollere Rezepturen. So lässt sich Mangold hervorragend mit einer edlen Fischfarce füllen. Weitere raffinierte Farcen ergeben sich neben dem erwähnten Fisch selbstverständlich auch aus Geflügel jeder Art, Wild oder Lamm. Möglicherweise ganz edel verfeinert mit Morcheln, Steinpilzen oder – für alle, die Superlative mögen – mit Trüffel (zu besonderen Anlässen). Im Alltag bewirken getrocknete Steinpilze an dieser Stelle auch Wunder.

Gefüllt werden aber nicht nur Gemüse, sondern auch „Teige“ aller Art. Man denke an die unendlich vielen Teigtäschchen in vielfältigen Formen, die rund um den Erdball hergestellt und verspeist werden. Von Italien über Russland, die Türkei, die arabischen Länder, bis hin zu China und Indonesien oder Indien liebt man sie und bereitet sie seit Generationen zu.

Schlagen wir einmal den Bogen zu unserem schönen Land. Denn besonders hier wird in der Tat leidenschaftlich gefüllt. Die bereits erwähnten Kohlrouladen sind gewissermaßen Kulturgut. Schon in meiner Kindheit waren gefüllte Paprikaschoten schwer in Mode. Wir füllen quer durch alle Bundesländern Klöße oder Knödel, je nachdem, ob wir uns eher im Norden oder im Süden umschauen. Wir füllen Pfannkuchen und überbacken sie gelegentlich. Wir füllen Teige. Ob Strudelteig, Blätterteig, Filoteig um nur einige Beispiele zu nennen. Ob salzig oder süß. Wir stellen ganze Strudel, Strudelpäckchen, Strudelschnecken und vieles mehr daraus her. Vergessen wir um Himmels Willen die „Maultäschle“ nicht!

Kartoffeln

Füllen, bis der Arzt kommt

Mit den gefüllten Fleischspezialitäten möchte ich jetzt nicht anfangen. Das Füllen von Rouladen (ein weiteres deutsches Kulturgut), Rollbraten, allerlei Geflügel bis hin zur Ente oder einer „ganzen Gans“ ist ein Kapitel für sich. Wir wollen an dieser Stelle beim Gemüse verweilen.

Der Füll-Wahnsinn greift jedoch noch weiter um sich. Wir befüllen gekochte Eier und im Winter gerne Bratäpfel … Stopp: Jetzt ist es aber genug!

Ich möchte gerne auf den eingangs erwähnten Gedanken des Gemeinschafts-Befüllens zurückkommen. Da ich dieses Rezept erstmals in der Vorweihnachtszeit ausprobierte, habe ich seinerzeit als Beispiel eine neue weihnachtliche Tradition im Lande ausgerufen.

Auberginen

Füllen unterm Weihnachtsengel

Folgendes Szenario: Die ganze Familie trifft sich am Nachmittag des Heiligen Abend zum gemeinsamen Gemüsefüllen. Alle haben etwas Sinnvolles zu tun, die Kleinen werden auch einbezogen und können auf diese Weise ihre Aufregung etwas  abreagieren. Man trinkt zwischendurch ein Glas Wein, summt meinetwegen das eine oder andere Weihnachtsliedchen und alle sind entspannt. Kein Stress, keine Hektik, alles ist harmonisch und der Weihnachtsengel ruft laut und unermüdlich „Frieden!“.

Nach und nach werden die Auflaufformen oder Backbleche mit den Gemüsen befüllt und später gebacken, und es duftet im ganzen Haus verführerisch. Zwischendurch hat man Zeit für das eine oder andere Gesellschaftsspiel. Man plaudert und hat Zeit für die wichtigsten Menschen an Weihnachten: die Kinder. Und noch eins obendrauf: Spät am Abend, nach dem Weihnachtsspaziergang, der Christmette oder was auch immer, schmecken die übrig gebliebenen Gemüse auch kalt köstlich. Klingt das nicht verführerisch?

Ich stelle diesmal gefüllte Artischocken mit Appenzeller und Perlzwiebeln, gefüllte Zucchini und Auberginen mit Minze, Ziegenfrischkäse und Pinienkernen so wie gefüllte Kartoffeln mit Petersilie und Taleggio vor. Dazu habe ich in diesem Falle einen frischen Rucola-Salat und einen Hirsesalat gereicht. Außerdem eine kalte Tomaten-Sauce und einen Joghurt-Gurken-Dip. Probiert es aus!

  1. Auberginen der Länge nach halbieren und Fruchtfleisch von oben einritzen. Mit Olivenöl bestreichen und im Backofen garen. Abkühlen lassen und Fruchtfleisch herausschaben. Beiseite stellen.
  2. Zucchini der Länge nach halbieren und mit dem Kugelausstecher aushöhlen. In Salzwasser blanchieren und abschrecken. Fruchtfleisch beiseite stellen.
  3. Kartoffeln schälen, quer halbieren und blanchieren. Mit einem Kugelausstecher aushöhlen. Das Innere der Kartoffel hacken. Beiseite stellen.
  4. Steinpilze einweichen. Abtropfen lassen und fein hacken.
  5. Schinken und Appenzeller in feine Würfelchen hacken.
  6. Artischocken putzen und Böden in Salzwasser garen. Abkühlen lassen.
  7. Schalotten und Knoblauch sowie die Pilze fein hacken und in Olivenöl dünsten. Mit Wermut ablöschen.
  8. Das Innere der Zucchini in Olivenöl angehen lassen. Ebenso die gehackten Kartoffeln. Beiseite stellen.
  9. Hühnchenbrust in Würfelchen schneiden und kurz in einer Pfanne mit Olivenöl anbraten. Salzen und pfeffern.
  10. Alles mit Ei und Eigelb, gehackten Kräutern und Parmesankäse vermengen. Mit den Gewürzen und Zitronenabrieb würzen.

Füll-Varianten

  1. Auberginen und Zucchini von innen mit Chilisalz würzen.
  2. Für die Auberginenfüllung das Innere der Aubergine mit der Masse, Walnüssen und Ziegenfrischkäse vermengen. Aubergine befüllen. Mit  Appenzeller-Würfeln belegen.
  3. Für die Zucchiniefüllung das Innere der Zucchini verwenden und die Masse mit Pinienkernen anreichern. Mit Appenzeller-Würfeln belegen.
  4. Kartoffeln mit einem Teil der Masse, dem Inneren der Kartoffel und zerzupften Taleggio befüllen. Etwas gezupften Taleggio obendrauf geben.
  5. Für die Füllung der Artischocken ebenfalls einen Teil der Grundmasse nehmen. Dazu kommen gehackte Artischockenböden, gehackte Perlzwiebeln,  feinste Würfelchen vom Appenzeller und Crème Fraîche. Mit Abrieb von Zitrone und Chilisalz würzen.
  6. Gemüse in eine Auflaufform setzen, mit Hühnerbrühe und Zitronensaft angießen. Butterflöckchen auf den Gemüsen verteilen und backen.

Die Auberginen werden der Länge nach halbiert, und das Fruchtfleisch wird von oben her eingeritzt. Darauf achten, dass die Schale nicht beschädigt wird. Die Auberginen mit Olivenöl bestreichen und im auf 180 °C vorgeheizten Backofen garen, bis das Fruchtfleisch weich ist, die äußere Hülle jedoch noch eine gewisse Stabilität besitzt. Das dauert ungefähr 20 Minuten. Abkühlen lassen und das Fruchtfleisch herausschaben. Beiseite stellen.

Die Zucchini der Länge nach halbieren und mit dem Kugelausstecher bis auf einen nicht zu dünnen Rand aushöhlen. Kurz in Salzwasser blanchieren und abschrecken. Das Fruchtfleisch beiseite stellen.

Die Kartoffeln schälen und quer (nicht der Länge nach) halbieren und blanchieren. Ungefähr 10 Minuten. Sie sollen noch fest aber nicht mehr roh sein. Dann ebenfalls mit einem Kugelausstecher bis auf einen nicht zu dünnen Rand aushöhlen, und das Innere der Kartoffel hacken. Beiseite stellen.

Die Steinpilze für ungefähr 20 Minuten in lauwarmem Wasser einweichen. Abtropfen lassen und fein hacken. Schinken und Appenzeller in feine Würfelchen hacken.

Die Artischocken putzen und die Böden in Salzwasser mit einem Schuss Weinessig garen. Abkühlen lassen. Diese Aufgabe kann man sehr gut bereits am Vortag erledigen. 2 Artischockenböden werden später fein gehackt und kommen mit in die Füllung.

Die Schalotten und den Knoblauch sowie die frischen und eingeweichten Pilze fein hacken und in etwas Olivenöl dünsten. Mit dem Wermut ablöschen. Das Innere von Zucchini in etwas Olivenöl angehen lassen. Ebenso mit den gehackten Kartoffeln verfahren. Getrennt beiseite stellen. Die Hühnchenbrust in sehr feine Würfelchen schneiden und kurz in einer Pfanne mit etwas Olivenöl anbraten. Wirklich nur ganz kurz, damit sie später in der Füllung noch saftig bleiben. Salzen und pfeffern. Alles Mit einem Ei und einem Eigelb, den gehackten Kräutern und dem Parmesankäse vermengen. Mit den Gewürzen und kräftig Zitronenabrieb würzen.

Nun werden die Gemüse mit kleinen Veränderungen der Füllung bestückt:

Die Auberginen und Zucchini von innen kräftig mit Chilisalz würzen. Für die Auberginenfüllung das Innere der Aubergine mit der vorbereiteten Masse, den Walnüssen und 1 EL Ziegenfrischkäse vermengen. Die Aubergine damit befüllen. Mit einigen Appenzeller-Würfelchen belegen.

Ebenso mit der Zucchini verfahren, dabei das Innere der Zucchini verwenden und die Masse mit den Pinienkernen anreichern. Mit einigen Appenzeller-Würfelchen belegen.

Die Kartoffeln mit einem Teil der Masse, dem Inneren der Kartoffel und ungefähr einem gehäuften Esslöffel zerzupften Taleggio befüllen. Etwas gezupften Taleggio auch obendrauf geben.

Für die Füllung der Artischocken nimmt man ebenfalls einen kleinen Teil der Grundmasse her. Dazu kommen zwei gehackte Artischockenböden, 2 EL gehackte Perlzwiebeln,  4 EL feinste Würfelchen vom Appenzeller und ein Esslöffel Crème Fraîche. Sollte die Masse zu weich sein, ein oder zwei Esslöffel Semmelbrösel unterheben. Ebenfalls mit Abrieb von der Zitrone sowie kräftig mit Chilisalz würzen.

Die Gemüse in eine Auflaufform oder eine andere ofenfeste, leicht gebutterte Form setzen, und mit der Hühnerbrühe und einem kräftigen Schuss Zitronensaft angießen. Butterflöckchen auf den Gemüsen verteilen und bei 180 °C im Backofen ungefähr 30 Minuten backen. Die Gemüse und der Käse sollen leicht gebräunt sein.

Ich empfehle einen frischen grünen Salat und einen Gurken-Joghurt-Dip oder eine Tomatensauce dazu. Auch einige kurz mit geschmorte Kirschtomaten an der Rispe schmecken gut dazu und peppen das Gericht optisch auf. Das ist aber jedem selbst überlassen.

(Für 2 Personen)

Menge Zutat
1 mittelgroße Aubergine
1 mittelgroße Zucchini
6 mittelgroße Artischocken
4 kleine bis mittelgroße Kartoffeln (vorwiegend festkochend)
120 g braune Champignons
1 Hühnchenbrust
2 etwas dickere Scheiben Knochenschinken
4 cl Weißweinessig
4 cl Noilly Prat
6 gehäufte EL geriebener Parmesan
2 dickere Scheiben Appenzeller (in feinen Würfelchen)
1 Becher Ziegenfrischkäse
2 Eier
1 EL Crème Fraîche
2 fingerdicke Scheiben Taleggio
1 Hand voll getrocknete Steinpilze
½ Bund Minze (fein gehackt)
½ Bund Petersilie (fein gehackt)
2 EL geröstete Pinienkerne
2 EL gehackte Walnüsse
2 EL gehackte Perlzwiebeln
8 EL Olivenöl
2 - 3 EL Butter
2 Schalotten
2 Zehen Knoblauch
1 Bio-Zitrone
  Chilisalz
  Salz
  Muskat
  Pfeffer
100 ml Hühnerbrühe

Diese Seite wurde zuletzt am 16.03.2018 um 20:40 Uhr aktualisiert.

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