Gefüllte Artischockenböden
18. Juni 2017
… dann lernt er in der Bretagne leckere Knospen (oder andere „Früchtchen“ ;) ) kennen! Im Rahmen einer Städtepartnerschaft durfte ich vor Jahren, ich war etwas über zwanzig Jahre alt, mit einem Bus voller fröhlicher und neugieriger Mitreisender auf große Fahrt gehen. Das Nachbarland und seine Menschen besser kennenlernen, die französische Lebensart beschnuppern und natürlich das Französisch verfestigen. Das waren die Ziele. Außerdem noch ganz viel Spaß haben und sich des Lebens erfreuen. Und möglichst natürlich beständige Kontakte knüpfen, aus denen vielleicht sogar Freundschaften entstehen würden. Allgemein gesprochen ging es also um „Horizonterweiterung“.
Viele Impressionen sind mir in Erinnerung. Das Erleben herzlicher Gastfreundschaft in „unserer“ Familie, fröhliche Menschen, eine Bilderbuchlandschaft, weite Küsten. Vor allen Dingen habe ich kulinarische Impressionen mitgebracht, die mir in vielerlei Hinsicht Neuland eröffnet haben. Das waren zunächst einmal eher Kleinigkeiten.
Die Gepflogenheit zum Beispiel, den morgendlichen Milchkaffee statt in Pötten in kleinen Schüsselchen, ähnlich unserer Müslischalen, zu servieren. Schöne fettige Croissants wurden darin hineingetaucht und nach und nach genüsslich verspeist. Eine weitere Variante ging so: Statt der Croissants wurden Hörnchen serviert. Geschmack und Konsistenz muss man sich in etwa vorstellen wie Einback. Diese wurden vor dem Verspeisen ebenfalls eingetaucht, aber in einen Milchkaffee, der zusätzlich mit einem guten Stück Butter beschickt wurde. Die Butter zerlief in dem Kaffee, hinterließ lustige „Butteraugen“ auf der Oberfläche, und das Ganze war einfach köstlich!
Für alle, die morgens gerne etwas Herzhaftes mochten, gab es Käse und die unvermeidliche Paté. Der große rustikale Holztisch in der Küche war stets reichlich gedeckt. „Madame“ war immer sehr aufmerksam und geschäftig. Ich habe mich damals zu meiner größten Überraschung in französischen Käse verliebt. Bis dahin habe ich sämtliche Käse gemieden, die „rochen“. „Münster“ und Konsorten waren für mich „Hardcore“. Mittelalter Gouda war in Ordnung, mehr ging nicht.
Nun machte ich Bekanntschaft mit einem Käse in der Art des „Epoisse“. Nicht ganz so derb und fordernd wie dieser, jedoch durchaus „würzig duftend“. Auch neu war mir die Art, diesen Käse zu verspeisen. Nachdem dem schön durchgereiften Burschen sorgsam der „Deckel“ abgetrennt worden war, lag ein natürliches Schüsselchen mit cremigem, schmelzigem Käse vor einem. Man dippte sich mit einem Stück Baguette etwas davon und es schmeckte einfach wundervoll. Beinahe nach Käsefondue, da dieser Käse mit Marc de Bourgogne behandelt worden war. Man konnte die „alkoholische“ Behandlung noch gut herausschmecken und riechen. Nur dass der Käse im Unterschied zum Fondue oder Raclette nicht erwärmt, sondern einfach zimmerwarm gegessen wurde.
Ich habe zum ersten Mal eine Lammkeule gegessen. Es sei meiner Jugend zuzuschreiben, dass ich damals noch keine Skrupel hatte, ein Babytier zu essen. Sonntags nach dem Hochamt, das alle (bis auf Madame, die in der Küche bleiben musste) gemeinsam besucht hatten, gab es diesen wunderbaren Schmorbraten mit reichlich Sauce, zweierlei Bohnengemüse und Rosmarinkartöffelchen. Zudem lernte ich, dass am Sonntagmorgen Bäckereien und Fleischereien geöffnet waren. Das geht also doch! Eine praktische Angelegenheit, die von allen gerne genutzt wurde, nicht zuletzt um ein ausgiebiges Schwätzchen zu halten. Vor dem Essen gab es natürlich Champagner und zum Essen den unvermeidlichen Rotwein. Soweit war alles sehr harmonisch und komfortabel. Und die Unterhaltung wurde immer lustiger, denn bis das Lamm gegart war, dauerte es etwas länger …
Nun kam eine echte Prüfung auf mich zu. Die Vorspeise wurde aufgetragen. Auf einer überdimensionalen Platte mit Eis wurden frische Austern kredenzt. Unbestritten ein Leckerbissen für den geübten Gourmet und Kenner. Ich hatte bis dahin noch nie eine Auster gesehen, geschweige denn verspeist. Man bemerkte meine offenbar schlecht kaschierte Irritation und reagierte umgehend darauf. Ohne Gewese, ganz dezent.
Meine Irritation führten sie richtigerweise zunächst darauf zurück, dass ich mit den Schalentieren nicht umzugehen wusste. Man zeigte mir ganz entspannt, was zu tun war und sprach mir Mut zu. Wenn man es erst einmal könne, sei es ganz einfach! Ich gab mir Mühe und tat, was getan werden musste. Und habe bis heute das unangenehme und unerwartete Gefühl nicht vergessen, das mir die kalte, glitschige, nach Salz und Zitrone schmeckende Masse beim Verschlucken verursachte. Ich nehme Abstand davon, nun plakative Vergleiche durchzuführen. Man servierte mir übrigens Paté. Die Situation war gerettet.
Für mich war dieser kulinarische Ausflug einfach nur schrecklich und ist es bis heute geblieben. Trotz einiger hartnäckiger Versuche, der Sache näher zu kommen, sind wir bislang keine Freunde geworden, die Austern und ich. Nun haben die gepanzerten Tierchen seit 250 Millionen Jahren überdauert. Und bei mir Banause kommen sie trotz aller Beharrlichkeit nicht an!
Auch zum ersten Mal aß ich Artischocken, die mir bis dato ebenfalls noch völlig fremd waren. Disteln essen, geht das? Ja, und ob. Im Gegensatz zu dem oben geschilderten Vorkommnis war das nun Liebe auf den ersten Blick. Die Artischocken waren liebevoll bearbeitet und hübsch gemacht worden, indem man alle Blättchen stufenartig gekürzt hatte, so dass das entstandene Gebilde wie eine Rosette aussah. Gefüllt waren sie mit einer köstlichen Avocadocreme, die gleichzeitig als Dipp diente. Zum Eintauchen und Abzutzeln der Blättchen wurde zusätzlich noch eine Kräutervinaigrette gereicht. Ein geselliges und köstliches Vergnügen!
Ich komme an Artischocken nicht vorbei. Ob große oder kleine, ob grün oder lila. Ich mag sie im Weinsud gegart, geschmort, gebraten oder roh, ganz dünn gehobelt als erfrischenden Salat. Ich möchte jetzt nichts gegen die eingelegten Artischockenherzen oder –böden aus dem Glas sagen. Für Pizza zum Beispiel verwende ich diese grundsätzlich. Aber eine frisch zubereitete Artischocke ist etwas ganz anderes. Die Mühe des Putzens lohnt sich auf jeden Fall. Wie das genau geht, kann man sich im Internet anschauen. Da möchte ich an dieser Stelle nicht mit einer aufwändigen Beschreibung langweilen. Nur so viel: Ich benutze für diese schweißtreibende Angelegenheit immer ein gewaltiges Brotmesser zum „köpfen“ der Gemüse. Ein glattes Messer ist ungeeignet. Und ganz wichtig sind Einmalhandschuhe. Die Hände werden ansonsten hässlich braun verfärbt und diese Verfärbung überdauert hartnäckig!
- Für den Taboulé-Salat alle Zutaten vermischen und gut durchziehen lassen.
- Für den Ratatouille-Salat Gemüse mit Zwiebeln und Knoblauch in Olivenöl und Zucker anschwitzen.
- Tomate dazugeben, mit Salz und Pfeffer würzen und schmurgeln lassen.
- Nach dem Abkühlen mit Olivenöl und Obstessig abschmecken und Basilikum unterheben.
- Für die Artischockenfüllung alle Abschnitte in Olivenöl schmoren.
- Zwiebelscheiben in Olivenöl und Zucker karamellisieren und bräunen. Sie sollen recht weich sein.
- Kurz vor Ende der Garzeit Frühlingslauch hinzufügen und mit ziehen lassen.
- Die abgekühlten Gemüse mit Salz und Pfeffer sowie Essig anmachen und durchziehen lassen.
Für den Taboulé-Salat alle Zutaten vermischen und gut durchziehen lassen. Mit der Minze und der Petersilie kann man ruhig verschwenderisch umgehen, denn sie machen den Salat sehr frisch.
Für den Ratatouille-Salat die vorbereiteten Gemüse mit Zwiebeln und Knoblauch in etwas Olivenöl und Zucker anschwitzen. Die Tomate dazugeben, mit Salz und Pfeffer würzen und auf kleiner Flamme schmurgeln lassen. Gegebenenfalls einen Schluck Wasser oder Brühe hinzufügen. Wenn das Gemüse die gewünschte Konsistenz hat, den Topf beiseite ziehen und abkühlen lassen. Mit etwas fruchtigem Olivenöl und dem Obstessig abschmecken und das Basilikum unterheben. Später mit Parmesanspänen und Pinienkernen dekorieren.
Für die Artischockenfüllung alle Abschnitte in Olivenöl langsam schmoren. Die Zwiebelscheiben in etwas Olivenöl und Zucker karamellisieren und schön bräunen. Sie sollen recht weich sein. Gegebenenfalls auch hier etwas Flüssigkeit hinzufügen. Kurz vor Ende der Garzeit den Frühlingslauch hinzufügen und mit ziehen lassen. Die abgekühlten Gemüse mit Salz und Pfeffer sowie Essig anmachen und durchziehen lassen.
Außerdem habe ich zusätzlich eine leicht flüssige Crème aus Avocado, Schnittlauch, Zitrone und Crème Fraîche sowie einen köstlichen Dipp aus gehackten, gerösteten Mandeln, Teriyaki-Sauce, Senf und Birnen-Balsamico dazu gereicht. Das muss nicht unbedingt sein, schmeckt aber köstlich.
(Für 2 bis 3 Portionen)
Menge | Zutat |
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6 große | Artischocken |
Taboulé-Salat |
|
½ Tasse | Bulgur (vorgegart, abgekühlt) |
6 bis 8 | Kirschtomaten (geviertelt) |
1 Stiel | Frühlingszwiebel (in feinen Ringen) |
2 EL | schwarze Oliven (in feinen Scheiben) |
1 | rote Chili (gewünschte Menge fein geschnitten) |
3 bis 4 Stiele | Blattpetersilie (gehackt) |
3 bis 4 Stiele | Minze (Blättchen abgezupft und gehackt) |
2 bis 3 EL | Zitrone |
2 EL | Olivenöl |
Salz, Pfeffer | |
Ratatouille-Salat |
|
1 kleine | rote Paprikaschote (fein gewürfelt) |
1 kleine | gelbe Paprikaschote (fein gewürfelt) |
1 halbe | Aubergine (fein gewürfelt) |
1 kleine | Zucchini (fein gewürfelt) |
1 | Schalotte (fein gewürfelt) |
1 | Knoblauchzehe (mit Salz zerdrückt) |
1 | Gartentomate (in kleinen Stücken) |
Einige | Basilikumblättchen (fein gehackt) |
1 EL | Pinienkerne (geröstet) |
2 EL | Parmesan-Späne |
Salz, Pfeffer, Zucker | |
2 EL | mildes Olivenöl |
Geschmorte Artischocken |
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Alle verwertbaren | Artischocken-Abschnitte (Reste vom Putzen) |
1 mittelgroße | rote Zwiebel (in feinen Scheiben) |
2 Stiele | Frühlingslauch (in feinen Ringen) |
2 bis 3 EL | mildes Olivenöl |
1 EL | fruchtiger Essig (z. B. Mirabellen-Essig) |
Salz, Pfeffer, Zucker |