Geflügelbällchen auf geschmortem Coleslaw und Pilzsalat
28. August 2021
Die passende Geschichte zu einem Rezept zu finden, ist bisweilen nicht einfach. Schließlich muss die Schreibende, hat sie sich dies erst einmal zur Aufgabe gemacht, verlässlich einen einführenden Text anbieten. Ihrer Aufgabe und der geweckten Erwartungshaltung hat sie kontinuierlich gerecht zu werden. Geschichten locken Leser und Leserinnen, sollen jedoch nicht frei erfunden sein. Interessierte können sich im besten Fall das Gericht vorstellen. Sollen nachempfinden, warum sie es unbedingt zubereiten und essen möchten. Dabei wirken Fantasie und Imagination unterstützend, um die Erzählung griffig und lebendig wahrzunehmen. Meine Fantasie als Autorin folgt dabei nicht der Absicht zu „täuschen“, sondern vielmehr den Plot auf das Lebhafteste zu gestalten.
Ein Kringel für das Hähnchen
Zur Entstehung der Geflügelbällchen, die ich hier vorstelle: Sie sind aus der Tatsache geboren, dass einige Abschnitte von einer zuvor zurechtportionierten Hähnchenbrust im Kühler lagerten. Mehr als einen Tag sollten sie dort nicht ruhen. Es war also beschlossen, dass am Tag nach der „Tat“ Weiteres aus ihnen geschaffen würde. Der Metzger meines Vertrauens hatte wie zufällig rohes Fleischbrät in der Theke. Er erklärte mir freundlich, dass man Bratwurst nur am Tag der Herstellung roh verzehren dürfe. Vorschrift eben, und an Vorschriften habe man sich zu halten! Der Gesetzgeber stelle nun einmal die Sicherheit des Kunden in den Vordergrund. Was ja im Grunde richtig sei. Die vor uns liegende Bratwurst sah zwar noch recht rosig aus, war jedoch von gestern. Die von vorgestern habe auch nichts mehr in der Auslage zu suchen, denn die hätte er nicht mehr verkaufen dürfen. Der noch rosige Kringel wanderte also in meinen Korb. Sei sein Ziel, als Bratwurst appetitlich goldbraun in einen Schlund zu wandern, käme er seiner Erfüllung nahe. Bei mir war das Brät willkommener Begleiter.
Spitze Form – sanfter Genuss
Ich war weiter zwischen den Regalen unterwegs. Gemüse und Konsorten ziehen mein Interesse stets auf sich. Zarter Spitzkohl ist mir von allen Kohlsorten der liebste. Es sind seine Form, seine zartgrüne Farbe und sein milder Geschmack, die mich faszinieren. Als Salat, roh geknetet, ist er etwas Feines. Kurz blanchiert und gegebenenfalls mit knusprigen Speckwürfelchen oder alternativ mit gerösteten Sonnenblumensamen angereichert, schmeckt er so köstlich wie auch fein. Ein solcher Salat, nimmt man edlere Pinienkerne und eine Kurkuma- oder Koriandermayonnaise hinzu, wird durch die Zugabe von frischen Kräuterblättchen ohne Umschweife zum Begleiter hochkarätiger Speisen. Spitzkohl kurz und stark geröstet, ist meine Empfehlung für die Zubereitung dieses Salats. Die Röstaromen von Kohl sind unschlagbar.
Frische am Boden
Ich sichtete zudem pralle Artischocken, die es jetzt mindestens bis Oktober im Angebot gibt. Und die ab Mitte des Sommers bis zum Herbst immer am frischesten sind. Die Blattspitzen und die Böden sind zwar schnell etwas dunkel, denn die Distel läuft naturgemäß schnell an. Das mindert jedoch nicht ihre Qualität. Sind die Blätter allerdings rissig oder wirken die braunen Stellen stark angetrocknet, ist die Artischocke nicht mehr frisch. Zum Abknabbern taugen ihre Blätter dann auf keinen Fall mehr. Also nur die frischen Exemplare kaufen, oder über den Kaufpreis verhandeln. Zum Herausschneiden der Böden sind auch die etwas überlagerten Früchte noch geeignet.
Begegnungen am Boden
Pilzsalat ist in unserem Kühlschrank beinahe immer auf Vorrat gelagert. Das hat gleich mehrere Gründe. Pilze kennt man meist als Ragout oder in einer Sahnesauce. Wir haben vor vielen Jahren in einem vegetarischen Kochbuch ein Rezept für marinierte Pilze entdeckt und lieben diese Zubereitung. Der Salat kann das ganze Jahr über mit Zuchtpilzen hergestellt werden. Allen voran Champignons, Austern- und Kräuterseitlinge oder Shiitake. Die eingelegten Pilze halten sich im Kühlschrank, durch die säuerliche Marinade konserviert, in einem Weckglas verschlossen, mindestens eine Woche. Der Pilzsalat lässt sich auch aus Edelpilzen herstellen, die wir in unserer Nachbarschaft in Bioqualität bekommen. Und noch ein weiterer Grund: Nicht zuletzt stellen wir unsere marinierten Pilze gerne aus selbst gesammelten Waldpilzen her. Wir sind keine Pilzexperten und kennen nicht sehr viele Arten. Genau ab dem heutigen Datum gehen wir jedoch „in die Pilze“ und suchen nach unseren „Bekannten“. Das Wetter in den letzten Tagen bot ideale Bedingungen für ihr Sprießen! Diejenigen Exemplare, die wir kennen, sammeln wir mit der Gewissheit, das Richtige zu tun. Um die restlichen machen wir einen respektvollen Bogen!
Die Geflügelbällchen
- Hähnchenbrust fein schneiden.
- Mit Brät, Ei, Kräutern und Gewürzen vermengen.
- Klößchen formen, in Grieß wenden.
- Goldbraun braten.
- Lack für die Bällchen leicht einköcheln.
- Mit Speisestärke abbinden.
- Lack auf Bällchen träufeln, mit Mandelblättchen bestreuen.
Der Lack für die Bällchen
- Alle Zutaten (außer der Stärke) aufkochen.
- Einreduzieren und dann mit Stärke abbinden.
Der gebratene Coleslaw
- Spitzkohl und Wurzelgemüse fein schneiden.
- Gemüse kurz und scharf anbraten.
- Abgekühlt mit der Vinaigrette mischen.
- Mayonnaise kräftig würzen und bis zum Servieren kühlen.
Der Pilzsalat im Artischockenboden
- Pilze putzen und mit dem Gewürzsäckchen aufkochen.
- Eine halbe Stunde ziehen lassen.
- Auf einem Sieb abtropfen
- In der vorbereiteten Marinade 24 Stunden ziehen lassen.
- Artischocken putzen.
- Böden garen. Abtropfen lassen.
- Böden mit dem Pilzsalat füllen.
Die Geflügelbällchen
Hähnchenbrust fein schneiden (nicht wolfen). So bleiben die Würfelchen in der Masse später sehr saftig. Mit dem Brät vermengen. Fein geschnittene Kräuter, alle anderen Gewürze sowie reichlich Zitronenabrieb und das Ei miteinander verkneten. Gegebenenfalls, wenn die Masse zu feucht erscheint, Semmelbrösel untermischen und ca. 10 Minuten ziehen lassen. Mit feuchten Händen kleine Klößchen formen. Diese in Grieß wenden und 30 Minuten durchkühlen. Dann in einer Mischung aus brauner Butter und Olivenöl gemütlich Farbe nehmen lassen. Sie sollen innen noch leicht rosa sein. Dafür zur Kontrolle ein Klößchen „opfern“ und umgehend verspeisen.
Abgedeckt beiseitestellen.
Der Lack für die Bällchen
Alle Zutaten bis auf die Speisestärke aufkochen und ca. um ein Drittel einkochen lassen. Mit der Speisestärke abbinden und mit Piment und einigen Spritzern Zitronensaft würzen. Beiseitestellen. Vor dem Beträufeln der Bällchen leicht anwärmen, damit der Lack etwas flüssiger wird. Zuletzt nach Belieben mit den Mandelblättchen bestreuen.
Der gebratene Coleslaw
Die grünen Teile vom Spitzkohl in feine, längliche Streifen schneiden, Strünke dabei großzügig entfernen. Möhre, Pastinake und Sellerie ebenfalls in längliche, sehr feine Streifen schneiden, bzw. mit einer dafür ausgestatteten Mandoline zu „Julienne“-Streifen hobeln. Gemüse kurz und scharf anbraten. Beiseitestellen und abkühlen lassen. 10 Minuten vor dem Servieren in einer Vinaigrette aus Öl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer marinieren.
Die Mayonnaise für den Coleslaw wird separat aus den angegebenen Zutaten gerührt und in eine kleine Squeeze-Flasche gefüllt. Bis zum Servieren kalt stellen. Dann kleine Tupfer um den Salat herum aufsetzen. Das getrennte Anrichten von Salat und Mayo bewirkt, dass man mit weniger Mayo auskommt, die zum Salat sehr frisch schmeckt und zudem wird der knackige Salat nicht von der Mayo aufgeweicht.
Der Pilzsalat im Artischockenboden
Die Pilze je nach Größe halbieren oder vierteln, allerdings in nicht zu kleine Segmente schneiden, da man später noch schmecken soll, welchen Pilz man verspeist. Nelken, Rosmarin, Thymian, Oregano und Zimt in einen Teefilter-Tüte füllen. Dieses mit Küchengarn zubinden. In den Essig-Wasser-Sud geben und die Pilze zunächst 5 Minuten köcheln, von der Herdplatte ziehen und 30 Minuten ziehen lassen. Kräutersäckchen entfernen. Pilze auf einem Sieb abtropfen lassen.
Gehackte frische Kräuter und gerebelten Basilikum mit Öl, Salz und Pfeffer in einer Schüssel vermengen. Pilze unterheben und mindestens 24 Stunden marinieren. Vor dem Servieren noch einige frische, gehackte Kräuter untermischen. Die getrockneten Kräuter verleihen gleichmäßige Würzung, die man bei frischen Kräutern nicht verlässlich erreicht.
Die Artischocken von äußeren, festen Blättern und Stroh befreien. Alle holzigen Teile mit einem scharfen Gemüsemesser abschälen. Böden sofort in gesalzenes Zitronenwasser einlegen. Darin ca. 15 Minuten garen, bis sie nicht mehr al dente sind. Sie sollen weich, jedoch auf keinen Fall zerkocht sein. Auf einem Sieb abtropfen lassen. Den oberen Rand mit etwas Olivenöl bepinseln und in einer blanken Pfanne kurz anrösten, bis goldbraune Bratspuren entstanden sind. Abkühlen lassen.
Zum Anrichten die Artischockenböden mit dem Pilzsalat befüllen. Zum Servieren auf den Teller setzen. Coleslaw daneben verteilen. Bällchen mit dem Lack glasieren, mit Mandelblättchen bestreuen und auf den Kohl setzen. Mayonnaise-Tupfen dekorativ aufbringen. Einige Kräuterblättchen darüber streuen.
(Zutaten für 2 Portionen und etwas für den nächsten Tag)
Die Geflügelbällchen
(ca. 12 Stück)
Menge | Zutat |
---|---|
|
Geflügelbällchen |
1 |
Hähnchenbrust (guter Herkunft) |
1 |
feine Bratwurst (roh) |
1 |
Bio-Ei |
4 EL |
Sahne |
1 TL |
geriebener Ingwer |
1 Stange |
Zitronengras (davon ½ TL Abrieb) |
1 kleine |
Schalotte (fein gewürfelt) |
½ TL |
Harissa-Paste |
4 EL |
gehackte Kräuter (z. B. Petersilie, Koriander) |
1 Prise |
Kreuzkümmel |
1 Prise |
Bockshornklee |
1 |
Bio-Zitrone |
1 EL |
Soja-Sauce |
|
Salz, Pfeffer |
Evtl. |
Semmelbrösel |
2 EL |
Grieß |
2 EL |
braune Butter |
2 EL |
Olivenöl |
Der Lack für die Bällchen
Menge | Zutat |
---|---|
2 EL |
Sojasauce |
2 EL |
Ponzu (säuerliche japanische Würzsauce) |
1 EL |
Honig |
½ Tasse |
Geflügelfond |
1 |
Bio-Zitrone |
½ TL |
Speisestärke (aufgelöst) |
1 Prise |
Piment d’Espelette |
Evtl. zur Dekoration |
geröstete Mandelblättchen |
Der gebratene Coleslaw
Menge | Zutat |
---|---|
½ kleiner |
(junger) Spitzkohl |
1 mittelgroße |
Möhre |
1 mittelgroße |
Pastinake (oder Petersilienwurzel) |
1 Scheibe (ca. 1 cm dick) |
Sellerie |
2 EL |
Olivenöl |
1 |
Zitrone |
2 EL |
neutrales Öl (z. B. Sonnenblumenöl) |
|
Salz, Pfeffer |
|
Die Mayonnaise |
2 EL |
Mayonnaise (beste Qualität oder selbst gerührt) |
2 EL |
Sauerrahm |
Etwas |
Zitronenabrieb |
Etwas |
geriebener Ingwer (nach Geschmack) |
Etwas |
geriebener Knoblauch (nach Geschmack) |
Eine Prise |
Piment d’Espelette |
1 bis 2 Spritzer |
geröstetes Sesamöl |
Der Pilzsalat im Artischockenboden
Menge | Zutat |
---|---|
|
Der Pilzsalat |
2 Hand voll (ca. 500 g) |
gemischte Pilze (z. B. Seitlinge, Steinchampignons, Pfifferlinge) |
120 ml |
weißer, milder Balsamessig |
360 ml |
Wasser |
2 |
Nelken |
Je 1 TL |
Rosmarin, Thymian, Oregano (getrocknet, gerebelt) |
½ Stange |
Zimt |
1 Zehe |
Knoblauch |
1 TL |
Basilikum (getrocknet, gerebelt) |
4 EL |
Olivenöl |
4 EL |
gehackte frische Kräuter (z. B. Petersilie, Koriander und Thymian) |
|
Salz, Pfeffer |
|
Die Artischocken |
2 mittelgroße |
Artischocken |
1 |
Bio-Zitrone |
2 EL |
Olivenöl |
|
Salz, Pfeffer |