Chili con Coffee
2. Juli 2018
Man ist sich nicht einig darüber, wer den Eintopf, den man „Chili“ nennt, erfunden hat. Wie es immer ist, wenn etwas Erfolgsgeschichte schreibt, will ein jeder es gewesen sein! Höchstwahrscheinlich kommt das Gericht aus Mexiko. Schreibt man es der „Tex-Mex-Küche“ zu, liegt man nicht ganz falsch, es sei denn, man möchte den Bezug auf die Amis aus gegebenem (vorübergehendem) Anlass 🤮 derzeit unterlassen. Erstmals in einem Kochbuch aufgetaucht ist „Chili“ 1880. Im damals prosperierenden San Antonio poppten mobile Kochstände auf, in denen die „Chili-Queens“ Hungrige bekochten. Heute würde man von Food-Trucks sprechen.
Glücklich im Knast
Auch erzählt man sich, dass die Insassen von Gefängnissen mit Chili ernährt wurden. Ich denke einmal mit viel Bohnen und eher wenig Fleischeinlage, schätzungsweise auch nicht der besten Herkunft. Vielleicht aber ein Lichtblick im tristen Gefangenendasein, denn Chilis machen glücklich. Die im Capsaicin enthaltene Schärfe löst im Körper eine Art Schmerzempfinden aus. Das Gehirn schüttet, wie bei jedem anderen dem Körper zugefügten Schmerz, Endorphine aus: Glückshormone! Auf den Schmerz folgt postwendend die Belohnung. Einen weiteren Grund kann es gegeben haben, den Gefangenen reichlich Chilifeuer zuzuführen. Denn die Schötchen sind prall voller Vitamine, allen voran Vitamin C, Eisen und Calcium. Mag es nicht die Gesundheit der Gefangenen an sich gewesen sein, die im Vordergrund stand. Fest steht jedoch, dass, wer nicht krank wird, keine Medikamente braucht und keine Kosten und Umstände verursacht.
Erste Wahl vom Walnussbaum
Wie kam ich, die kaum Kaffee trinkt, aber auf die Idee mit dem Kaffee im Chili? Es hat sich so ergeben! Wir wanderten an einem wunderschönen Sommertag durch den Westpfälzer Wald und steuerten auf die avisierte „Einkehr“ zu, die „Reismühle Kaffeemanufaktur“. Eine ehemalige Mühle, die nun eine Kaffeerösterei und ein Restaurant samt Gartenterrasse beherbergt. Man tritt in einen pittoresken Innenhof und wird von einem uralten Walnussbaum begrüßt. Von ihm gut beschirmt lässt es sich an einem warmen Tag wie diesem vortrefflich dort sitzen. Der Baum spendet jedoch nicht nur gute Stimmung und Schatten, sondern beschenkt die Besitzer mit seinen Nüssen. Aus diesen fabriziert die Familie eine fantastische Walnuss-Sahnetorte! Ein Traum, wie bei jeder veritablen Torte, das Zusammenspiel aus wattig-saftigem Boden und fluffig-sahniger Crème. Steht man vor der üppig bestückten Kuchentheke voller selbst gebackener Kreationen, fällt die Auswahl schwer. Zwei Stücke Kuchen zu verputzen, bin ich nicht in der Lage, also entscheide ich mich für den – drücken wir es mit Gastronomie-Vokabular aus – „Signature Cake“ der Manufaktur, die passende Torte zum Hofbaum! Dazu einen köstlichen Latte aus besten Kaffeebohnen, vor Ort geröstet. Der Liebste genießt lieber deftig und kräftigt sich mit einem überbackenen Schafskäse an Salatbouquet und einem kühlen Bierchen.
Duft und Geschmack
Nach dem Essen schauen wir in der Kaffeerösterei vorbei, allein schon der Duft lenkt einen völlig willenlos in Richtung der Jutesäcke voller kolumbianischer Kaffeebohnen. Beim Rösten zusehen können wir leider nicht, denn wir waren nicht zur passenden Zeit vor Ort. Aber im Laden einkaufen, das ging, und diese Chance haben wir genutzt. Wenn ich frisch gerösteten Kaffee rieche, bedaure ich es stets, dass er – an diesem Tag werde ich eines Besseren belehrt – besser duftet, als er schmeckt. Mir missfällt das Bittere am herkömmlichen Kaffee, weil es mir die Zunge pelzig macht und mir auf irgendeine Art und Weise betäubt. Kein Witz, das ist tatsächlich so, weswegen ich einen kräftigen Tee bevorzuge, gegen dessen Gerbsäure ich immun bin.
Eine faire Tasse Kaffee
Mit dem Besitzer des Anwesens kamen wir ins Gespräch und tranken mit ihm einen feinen Arabica-Kaffee. Mit dem Kaffee, den ich bisher kannte, hat der nicht viel zu tun. Selbst als Kaffee-Laie spüre ich sofort, dass ich es hier mit etwas besonders Edlem zu tun habe. Das war der Moment, in dem ich aus meinem „Kaffee-Dornröschen-Schlaf“ erwacht bin. Nicht nur, weil er mir schmeckte, sondern auch, weil ich Wissenswertes über Kaffee erfuhr. Die Kaffeemanufaktur kauft ihren Kaffee im Direktvertrieb, fair gehandelt, bei kleinen Kaffeebauern im kolumbianischen Hochland. Die Leidenschaft zu gutem Kaffee und einem soliden Handwerk gaben den Besitzern den Impuls zur Kaffeerösterei, und dieses solide Handwerk wollten sie mit gutem Gewissen betreiben.
Der Kaffee im Likör
Das vor Jahren erworbene Grundstück war verfallen, hatte jedoch einen Charme, dem man sich nicht entziehen konnte. Nach langer Umbauphase ist ein magischer Ort entstanden, liebevoll und mit viel Gefühl für Architektur neu erschaffen. Die Gasträume im Erdgeschoss sind hell und freundlich, nehmen einen mit offenen Armen auf, und man fühlt sich in der gediegenen, warmen Atmosphäre sofort wohl. Kaum dass man sitzt, wird das Gemüt ruhig. Entspannung macht sich wohltuend breit. Der Hausherr besteht darauf, dass wir seinen Kaffeelikör probieren. Was für ein herrliches Gebräu ist da entstanden! Mild und doch tief nach Kaffee schmeckend. Keinen Hauch bitter. Nur leicht gesüßt und sehr geschmeidig. Der Geschmack und die tiefbraune Farbe beeindruckten mich. Etwas Vergleichbares habe ich nie gekostet und nie hätte ich gedacht, dass mich Kaffee so subtil verführen könnte. Man möchte bleiben und beschließt, wiederzukommen!
Kaffee-Spirit im Topf
Beeindruckt von dem Besuch, will ich mit Kaffee Bestes erreichen. Rösten kann ich nicht, aber kochen. Mag sein, der Aufenthalt wirkt mit seinem „Kaffee-Spirit“ nach. Wie von Zauberhand kam ich auf die Idee mit dem „Chili con Coffee“. Und zwar einmal nicht mit Hackfleisch, sondern mit knusprig angebratenen Würfelchen von saftiger Landpute. Und nach meiner Fasson – die ganze Streiterei um das „wie“ ist mir egal – mit dicken weißen Bohnen, Kidney-Bohnen und mit Mais. Für die Geschmackstiefe, das Umami, habe ich gleich mehrere Geheimwaffen eingesetzt: getrocknete Tomaten, getrocknete Steinpilze, Miso. Mehr Aroma geht nicht. Zur Kühlung empfehle ich eine Guacamole oder eine Gurken-Raita dazu, und zum Aufnehmen der Sauce machen sich gegrillten Maisfladen oder Röstbrot gut.
- Schalotten und Knoblauch fein würfeln,
- Sellerie in Scheibchen schneiden.
- Zusammen in Olivenöl angehen lassen.
- Tomatenmark und Zucker dazugeben, karamellisieren lassen.
- Mit Kaffee ablöschen, kurz einkochen lassen.
- Tomaten, Balsamessig, beide Bohnensorten, Mais, Softtomaten, Pilze und Sojasauce hinzugeben, salzen.
- Leise köcheln lassen.
- Wenn der Eintopf dicklich wird, abschmecken.
- Chilischoten putzen und nach Belieben hinzufügen.
- Mit Kreuzkümmel, Bockshornklee, Pfeffer, Misopaste und kräftig Limettenabrieb würzen.
- Putenschnitzel in Würfelchen schneiden. Mit Stärkemehl rundherum pudern. Kurz stehen lassen.
- In einer Pfanne mit Öl und Butterfett portionsweise kross anbraten und salzen.
- In den Eintopf geben, nicht mehr kochen lassen.
- Als Grünzeug ist Koriander oder Blattpetersilie geeignet.
Schalotten und Knoblauch fein würfeln, den Sellerie in Scheibchen schneiden. Zusammen in etwas Olivenöl angehen lassen. Tomatenmark und Zucker dazugeben, leicht karamellisieren lassen. Zunächst mit 100 ml Kaffee ablöschen, kurz einkochen lassen. Tomaten, Balsamessig, beide Bohnensorten, Mais, Softtomaten, Pilze und Sojasauce hinzugeben, ein wenig salzen, für 20 bis 30 Minuten leise köcheln lassen (höchstens Stufe 4.5). Gar sind die Zutaten ja bereits, es geht also an dieser Stelle um Konsistenz und Geschmack. Wenn der Eintopf nach einer Weile beginnt, dicklich zu werden, abschmecken und prüfen, ob noch etwas Kaffee zum Einsatz kommen soll. Das ist Geschmackssache. Ich mag es gerne kräftig. Chilischoten putzen und nach Belieben hinzufügen. Auch, wenn man es gerne sehr scharf mag, die Kerne entfernen, da sie sich schlecht mitessen lassen. In diesem Falle mit Cayennepfeffer oder Tabasco nachjustieren. Ist der Eintopf beinahe fertig, wird er mit Kreuzkümmel, Bockshornklee, Pfeffer, Misopaste und kräftig mit Limettenabrieb gewürzt. Den Salzgehalt nochmals überprüfen. Eintopf warmhalten.
Die Putenschnitzel in 1 cm große Würfelchen schneiden. Mit dem Stärkemehl rundherum gleichmäßig pudern, so werden sie besonders knusprig. Kurz stehen lassen. In der heißen Pfanne mit Öl und Butterfett portionsweise kross anbraten und salzen. In den Eintopf geben, nicht mehr kochen lassen. Als Grünzeug ist Koriander oder Blattpetersilie geeignet. Wer es raffiniert mag, nimmt Liebstöckel und einige Sellerieblätter.
(Zutaten für zwei Portionen)
Menge | Zutat |
---|---|
350 g |
Putenschnitzel |
2 EL |
Stärkemehl |
4 EL |
Öl (zum Anbraten) |
1 EL |
Butterschmalz |
200 g |
weiße Riesenbohnen (Dose) |
200 g |
Kidneybohnen (Dose) |
150 g |
Mais (Dose) |
2 bis 3 Stangen |
Staudensellerie |
2 große |
Schalotten |
1 mittelgroße |
Knoblauchzehe |
1 EL |
Tomatenmark |
Einige |
Chilischoten (Schärfe nach Geschmack) |
1 Dose |
stückige Tomaten |
120 bis 140 ml |
starker Kaffee |
4 cl |
Balsamessig (gute Qualität) |
2 cl |
Sojasauce |
Einige Stücke |
getrocknete Steinpilze (eingeweicht, gehackt) |
4 |
Softtomaten (gehackt) |
1 |
Bio-Limette |
1 EL |
dunkle Misopaste |
½ TL |
Kreuzkümmel |
½ TL |
Bockshornklee |
|
Salz, Pfeffer, Zucker |