Bunter Blumenkohl vom Blech

Bunter Blumenkohl vom Blech

24. April 2018

Yotam Ottolenghi wird hoch bejubelt und als „einer der Köche unserer Zeit“ bezeichnet. Er betreibt in London angesagte Restaurants, darunter das „NOPI“. Das gleichnamige Kochbuch nenne ich mein Eigen und habe mich für „Blumenkohl vom Blech mit Sultaninen und Kapern“ entschieden, denn außer dem allgegenwärtigen Spargel nimmt Ende April, Anfang Mai auch der Blumenkohl an Fahrt auf! Ich habe Hähnchen-Sesamsticks zusätzlich spendiert und war von Einfachheit und Raffinesse der Rezeptur überwältigt!

Ich schreibe selten eine Kochbuch-Rezension, denn ich möchte weder kritisieren noch hypen, sondern lasse mich auf ein Buch dann ein, wenn es mich überzeugt. Das „NOPI“-Kochbuch und das in ihm beschriebene Restaurantkonzept allerdings haben mich ohne Wenn und Aber überzeugt. In der Einleitung führt Ottolenghi aus, dass dem Konzept zum Restaurant der Wunsch zugrunde lag, ein „erwachsenes“ Restaurant zu haben:

Es sollte eine ganztägig geöffnete Brasserie entstehen, ein richtiges West-End-Etablissement, das die Art von Speisen bietet […] für eine Klientel, die sich wirklich etwas aus gutem Essen machte, in einem ernst zu nehmenden Restaurant, das nicht steif und förmlich sein sollte.

Diese klare Ansage hat mein Interesse geweckt! Typische Gerichte des NOPI sind: „Rindfleischkroketten“, „Schweinebäckchen“, „Hähnchen-Pastilla“. All diese Gerichte finden sich seit Jahren auch in meinem Repertoire und bedeuten für mich kulinarische Bodenständigkeit. Fleischgerichte gewinnen jedoch keineswegs Überhand, und ich konzentriere mich zunächst auf Gemüsegerichte. Die bei Ottolenghi unter anderem auch in seinem  „Jerusalem“-Kochbuch breiten Raum einnehmen.

Zitronen, Limetten und Knoblauch

Planung ist alles

Das Buch beschreibt reale Restaurantküche:

Viele Bestandteile werden nacheinander vorbereitet und im allerletzten Moment auf dem Teller zu einer Komposition zusammengefügt.

Das bedeutet bei geschickter Planung und der Bereitstellung einer kompletten „Mise en Place“, dass keine Hektik aufkommt.

Wir haben versucht, die Gerichte des NOPI für den Hausgebrauch zu modifizieren und zu vereinfachen, ohne sie im Kern zu verändern. Es geht darum, ein Maß an Komplexität zu wahren, um Speisen gerecht zu werden, die nun mal komplex sind, und gleichzeitig dem Laien das Gefühl zu vermitteln, dass die Realisierung unserer Rezepte auch zu Hause ein lohnendes Unterfangen ist.

Mit der „Mise en Place“ halte ich es immer schon, denn das eigentliche Kochen ist für mich ein Genuss. Genuss benötigt in meiner Welt Muße! Und die geliebte Muße empfinde ich gerade dabei, stundenlang zu schnibbeln und erwartungsfroh zig kleine Edelstahlschüsseln zu befüllen.

Kräftemessen für eine Mitte

Ottolenghi räumt durchaus dem Menschlichen Platz ein. Das schenkt dem Buch Wärme. Es geht um die Freundschaft der beiden Autoren, die gemeinsam in Jerusalem verbrachte Kindheit und das Aufeinanderprallen komplett unterschiedlicher weltanschaulicher und kulinarischer Welten. Vom Zusammenraufen, Entwickeln, Verwerfen und nochmal Entwickeln von Kompositionen der verschiedenen Küchen kann man lesen. Es geht um einen beständigen Prozess des Tauziehens und Einigens. Und dass genau das die Freundschaft ausmacht, und ein solcher Schaffensprozess ein Team zusammenwachsen lässt: „Ständiges Armdrücken um den vernünftigen Mittelweg.“

Ich empfinde das NOPI als authentisches Buch, das Wissen und Hintergrund vermittelt, ohne belehrend und überbeanspruchend zu sein. Die Aufmachung ist ästhetisch ansprechend. Ein optisch klarer und damit äußerst ansprechend gestalteter Einband und wertiger Goldschnitt passen aus meiner Sicht perfekt. Der äußere Eindruck findet im Inneren seine Entsprechung. Das Buch überzeugt mit seinen raffinierten, zum Teil aufwändigen, jedoch keineswegs komplizierten Rezepten. Kombinationen und Gewürze, wie „Sumach“ und „Zaatar“ sind teilweise ungewohnt, die Ergebnisse meistens verblüffend. Die Umsetzung der Rezepte ist schrittweise und gut nachvollziehbar beschrieben. Charmanterweise wird für unterschiedlich ambitionierte Köche auch Raum für Abkürzungen oder Ausweichmanöver gegeben:

Zögern Sie nicht, unsere Abkürzungen, Fertigprodukte oder Ersatzlösungen zu wählen; wir selbst tun es ständig, wenn wir zu Hause kochen. Die meisten Gerichte sind so facettenreich, dass sie wenigstens eine oder zwei dieser Maßnahmen locker verkraften können.

Diese Art von Gelassenheit lässt mich schmunzeln, denke ich an die leicht apodiktische Herangehensweise bei manchen anderen Autoren.

Bunter Blumenkohl

Zum Ausklang ein virtueller Werbe-Flyer

Ich treibe die Beschreibung meines heutigen Tellers spaßeshalber einmal auf die Spitze:

Gebackener Blumenkohl überzeugt mit noch leichtem Biss und herrlich nussigen Aromen. Die bunten Röschen in strahlendem Weiß, leuchtendem Grün und sonnigem Gelb verführen das Auge. Extravagant ist die Kombination von süßsauer eingelegten Sultaninen und salzig-säuerlichen Kapern. Die Kapern kommen in zwei Konsistenzen zum Einsatz und fungieren knusprig frittiert als Topping. Hähnchensticks präsentieren sich innen butterzart und außen knusprig und kross. Sie ruhen auf einem pikant abgeschmeckten Frischkäsebett. In Butter geschmorte Brokkolisprossen werden mit Yuzu fruchtig-pfiffig, zitronig aber nicht sauer. Golden geröstete Pinienkerne veredeln die Kombination. Hier steht nichts, was nicht stimmt. Versprochen!

Das Gemüse und der Dip

  1. Backofen vorheizen.
  2. Blumenkohlröschen mit Olivenöl, Salz und schwarzem Pfeffer vermengen.
  3. Auf einem Backblech verteilen und rösten, bis sie weich und goldbraun sind. Herausnehmen und abkühlen lassen.
  4. Wasser in einem Topf zum Kochen bringen.
  5. Holzige Stiele der Brokkolisprossen wegschneiden.
  6. Brokkolisprossen blanchieren, bis sie zart sind. Abgießen, kalt abschrecken und abtropfen lassen.
  7. Die Hälfte der Kapern fein hacken und mit Ricotta, Crème-Fraîche,  Olivenöl, Salz und schwarzem Pfeffer verrühren. Bis zur Verwendung in den Kühlschrank stellen.
  8. Sultaninen mit Essig und Wasser in einen Topf geben. Zum Kochen bringen und köcheln lassen, bis die Flüssigkeit verkocht ist und die Sultaninen aufgequollen sind. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
  9. Restlichen Essig, Senf, Salz und schwarzen Pfeffer in einer Schüssel verrühren. Anschließend 2 Olivenöl und etwas Wasser zugeben und Dressing glatt rühren. Bis zum Servieren bereitstellen.
  10. Einen kleinen Topf mit Sonnenblumenöl füllen und erhitzen.
  11. Ungehackte Kapern hineingeben und braten, bis sie goldbraun und knusprig sind.
  12. Mit einer Schaumkelle herausheben und auf Küchenpapier abtropfen lassen.

Die Hähnchensticks

  1. Hähnchenbrust abwaschen und trocken tupfen. Länglich in Portionsgröße bringen.
  2. Panierstation aufbauen.
  3. Hähnchenstücke salzen und pfeffern. In Stärke wenden, im Ei wenden, in Sesamsaat wälzen.
  4. Bei mäßiger Hitze knusprig braten.
  5. Sticks auf einen Teller mit Küchenkrepp geben und im Backofen nachziehen lassen. 
Herrlich bunter und aromatischer Blumenkohl vom Blech wird kombiniert mit der Süße von Sultaninen und der spritzig-salzigen Säure von Kapern. Brokkolisprossen mit Yuzu schenken zusätzliche Frische. Hähnchensticks in Sesampanade sind mit ihrer Knusprigkeit ein wundervoller Gegenpart. Frittierte Kapern und geröstete Pinienkerne verleihen Klasse!

Vorlage ist „Gemischter Blumenkohl mit Sultaninen, Ricotta und Kapern“, NOPI Das Kochbuch S. 76

Anmerkung: Den Romanesco habe ich durch Brokkolisprossen ersetzt und Blumenkohl in drei Farben genommen. Den Dip habe ich hälftig mit Ricotta und Crème-Fraîche hergestellt, das gibt mehr Frische.

Das Gemüse und der Dip

Backofen auf 220 °C vorheizen. Die Blumenkohlröschen mit 2 EL des Olivenöls, ½ TL Salz und einer kräftigen Prise schwarzem Pfeffer vermengen, auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilen und etwa 25 Minuten im Ofen rösten, bis sie weich und goldbraun sind. Herausnehmen und abkühlen lassen.

In einem mittelgroßen Topf Wasser mit 1 bis 2 TL Salz zum Kochen bringen. Vom unteren Ende der Brokkolisprossen die holzigen Stielanteile wegschneiden. Die Brokkolisprossen ca. 4 bis 5 Minuten blanchieren, bis sie zart sind. In ein Sieb abgießen, unter fließendem Wasser kalt abschrecken und abtropfen lassen.

Tipp von mir: Mit einem Löffel Butter und etwas Zitronensaft in einer kleinen Pfanne kurz nachziehen lassen. Das gibt extra Aroma!

Die Hälfte der Kapern fein hacken und in einer kleinen Schüssel mit dem Ricotta, der Crème-Fraîche,  1 EL Olivenöl, 1 Prise Salz und 1 Prise schwarzem Pfeffer gründlich verrühren. Bis zur Verwendung in den Kühlschrank stellen.

Tipp von mir: Etwas Zitronenabrieb gibt Pfiff!

Die Sultaninen mit ⅔ des Essigs und 20 ml Wasser in einen kleinen Topf geben. Bei mäßiger Hitze zum Kochen bringen und etwa 8 Minuten köcheln lassen, bis die Flüssigkeit verkocht ist und die Sultaninen aufgequollen sind. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen.

Den restlichen Essig, den Senf, ½ TL Salz und 1 kräftige Prise schwarzen Pfeffer in einer kleinen Schüssel sorgfältig verrühren. Anschließend 2 bis 3 EL Olivenöl und etwas Wasser zugeben und das Dressing glatt rühren. Bis zum Servieren bereitstellen.

Einen kleinen Topf ½ cm hoch mit Sonnenblumenöl füllen und bei mäßiger bis hoher Temperatur erhitzen. Sobald es heiß ist, die restlichen ungehackten Kapern hineingeben und 1 Minute braten, bis sie sich wie Blüten öffnen und goldbraun und knusprig sind. Mit einer Schaumkelle herausheben und auf Küchenpapier abtropfen lassen (das Öl lässt sich wiederverwenden).

Die Ricottacrème auf zwei Tellern verteilen, Blumenkohl und Brokkoli darauf anrichten und mit dem Senfdressing überziehen. Den Salat mit den Pinienkernen, Sultaninen sowie den gebratenen Kapern bestreuen und servieren.

Die Hähnchensticks

Die Hähnchenbrust abwaschen und gut trocken tupfen. Länglich in Portionsgröße bringen. Die Panierstation aufbauen: ein Teller mit Stärkemehl, ein tiefer Teller mit verquirltem Ei, ein Teller mit der Sesamsaat. Die Hähnchenstücke salzen und pfeffern. In der Stärke wenden, im Ei wenden, zuletzt in der Sesamsaat wälzen. In der Butter und dem Öl (man kann auch Butterschmalz nehmen) bei mäßiger Hitze knusprig braten. Der Sesam soll leicht bräunen, jedoch keineswegs zu dunkel werden. Die Sticks auf einen Teller mit Küchenkrepp geben und im Backofen bei 80 °C einige Minuten nachziehen lassen. Damit man sicher ist, dass das Hühnchenfleisch durchgegart ist, schneidet man sich am besten einen Stick probehalber auf. Zu dem Gemüse auf die Teller drapieren. Eventuell einen Teil der Ricottacreme als Bett für die Sticks nehmen.

(Zutaten für 2 Personen)

Das Gemüse und der Dip

Menge Zutat

2 Packungen

Mini-Blumenkohl in drei Farben (z. B. weiß, grün, gelb oder lila), in kleine Röschen zerteilt

4 bis 6

Brokkolisprossen

20 bis 25 ml

Olivenöl

40 g

Kapern (abgespült und trocken getupft)

70 g

Ricotta

70 g

Crème Fraîche

50 g

Sultaninen

30 bis 35 ml

Moscatel-Essig (oder anderer Traubenessig)

15 g

körniger Senf

etwa 40 ml

Sonnenblumenöl (zum Braten)

40 g

Pinienkerne (geröstet)

 

grobes Meersalz

 

schwarzer Pfeffer

Die Hähnchensticks

Menge Zutat

2 mittelgroße

Hähnchenbrüste (beste Qualität)

2 EL

Stärkemehl

1 Prise

Kreuzkümmel

2 EL

helle Sesamsaat

2 El

schwarze Sesamsaat

1

Ei

1 EL

Butter

2 EL

Pflanzenöl

 

Salz, Pfeffer

Literatur

Titel: NOPI - Das Kochbuch: orientalisch · asiatisch · raffiniert
Autoren: Yotam Ottolenghi. Ramael Scully
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Dorling Kindersley, München

Diese Seite wurde zuletzt am 24.05.2021 um 18:51 Uhr aktualisiert.

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