Bohnensüppchen mit Earl-Grey

Suppe aus grünen Bohnen

5. Oktober 2018

Eine Suppe aus grünen Bohnen kommt in der Regel rustikal daher, vor allen Dingen, wenn sie als gehaltvoller Eintopf zubereitet wird. Dagegen ist überhaupt nichts zu sagen, denn ich bin ein großer Freund der traditionsreichen Hausmannsküche. Dennoch kann ich es nicht lassen, solche Rezepturen schicker und leichter zu interpretieren. Heute mache ich die Gartenbohne „salonfähig“, denn warum soll sie nicht einmal in einem edlen Fond als Süppchen zu einem feinen Menü ihren Auftritt erhalten? Also bekommt sie ihn, und ich zeige, wozu sie in der Lage ist. Bei mir avanciert sie mit Earl-Grey-Bohnenkraut-Tee, einem Hauch Angostura-Bitter und Miso zum Sterne-Sternchen!

Ich finde, grüne Bohnen haben weit Besseres verdient, als mit Speck umwickelt, ein Dasein als Beilage zu fristen. Nicht, dass gegen die Päckchen aus den feinen Keniaböhnchen etwas einzuwenden wäre, aber die gemeine Buschbohne oder Stangenbohne ist auch nicht zu verachten. Ich würde sagen, sie hat mehr Charakter und ist von robusterer Natur. Zudem beweist letztere beim Climbing in schwindelnde Höhen Sportsgeist und Unerschrockenheit. Pünktlich um sechs Uhr abends senkt sie ihre Blätter ab und geht schlafen. Bis exakt um sechs Uhr morgens sammelt sie Kraft. Dann richten sich ihre Blätter wieder auf, sie dehnt kurz ihre Fiedergelenke und klettert, was das Zeug hält, höher und höher. Immer schön links herum, quasi linksdrehend. So schnell sie kann, jedoch gerade so schnell, dass ihr vom Drehen nicht schwindlig wird. So viel Disziplin verdient unseren Respekt und in Folge dessen unsere Zuwendung.

Grüne Bohnen

Sie ist anspruchslos, die „Phaseolus vulgaris“, und hat von April bis Oktober im Freiland Saison. Bis Dezember bekommt man regionale Ware, die unter Glas oder Folie gezogen wird. Auf importierte Bohnen, die lange Anreisewege benötigen, sollte man also verzichten. Zudem lassen sich die Bohnen wunderbar einfrieren, und wenn man unbedingt welche zur Unzeit zubereiten möchte, greift man auf Tiefkühlware zurück. Aber auch hier bitte auf die Herkunft achten, damit nicht etwa gefrorene Bohnen-Quader im Froster landen, die über die Ozeane geschippert wurden. Die Gartenbohne ist ein uraltes Kulturgewächs. Ich habe nachgelesen: Man vermutet, dass sie bereits 6.000 vor Christus in Peru angebaut wurde. Sie hat also Vieles überdauert, und heute werden bis zu Fünfhundert unterschiedliche Sorten angebaut. Sie ist gesund, kalorienarm, hat hochwertiges Eiweiß, und sie ist zudem kostengünstig zu haben. Also ran an den Alleskönner Bohne! Aber halt, eines darf nicht unerwähnt bleiben: Bohnen sind roh giftig. Der Verzehr roher Bohnen führt zu Übelkeit und Krämpfen mit den entsprechenden unappetitlichen Folgen. Die Unheil bringende Eiweißverbindung heißt „Phasin“ und verschwindet durch das Kochen. Entwarnung also!

Bohnensuppe - der Klassiker

Ich habe mehrere Grüne-Bohnen-Leibgerichte: Allen voran die saarländische „Bibbelsches-Bohnesupp“, ein Eintopf oder eine Suppe, die mit Sauer- oder Süßrahm angereichert und wahlweise mit Zwetschgenkuchen oder Kartoffel-Puffern gereicht wird. Oder beidem, wie bei mir recht häufig (hier ein Beispiel dafür: die „klassische“ Bohnensuppe). Ganz weit vorne steht Bohnensalat mit einem Schmand-Zwiebel-Dressing, unbedingt einen Tag durchgezogen. Dann gibt es noch ein Schmorbohnengericht, das – ich könnte es schwören – meine Mutter erfunden hat. Einer meiner wirklich absoluten Favoriten: Bohnen und Möhren werden mit Zwiebelchen und viel Petersilie langsam in Butter geschmort, bis sie gar, schrumpelig, gebräunt und köstlich sind! Ach ja, und „Saure Bohnen“, fermentierte Bohnen, die vor Vitamin C strotzen und die ich klassisch mit Dörrfleisch und einer Mehlschwitze zubereite. Dazu cremiges Kartoffelpüree oder ein burschikoser Kartoffelstampf und ein Stückchen Kassler oder eine Bratwurst: Hausmannskost vom Feinsten!

Bohnensuppe - so findet man sie nicht alle Tage

Heute möchte ich, wie schon erwähnt, die Grüne Bohne zu höheren kulinarischen Weihen führen. Mein schickes, feines Süppchen braucht als Basis einen kräftigen Gemüsefond. Der ist nicht aufwändig herzustellen, man muss ihm allerdings etwas Zeit schenken. Edel wird er durch Zugabe von getrockneten Steinpilzen und Tomaten und neben vielen weiteren Aromagebern, durch Miso. Miso liebe ich über alles, weil es ein Zauberkünstler ist. Nichts, was man mit Miso nicht veredeln könnte. Nichts, was so viel der fünften Geschmacksdimension „Umami“ mitbringt. Der Fond wird aromatisiert mit einer Cuvée aus Bohnenkraut- und Earl-Grey-Tee, auf den Punkt nach dem persönlichen Gusto austariert. Pfiff gibt der Brühe ein winziger Spritzer Angostura-Bitter, der hervorragend zum leicht kratzigen Bohnenkraut und dem mit Bergamotte aromatisierten Tee passt. Vollendet wird die dann goldene Brühe mit Curcuma und Safran!  Wo die Brühe nun schon so ausgeklügelt ist, sollte man sich mit der Einlage etwas Mühe geben. Aus Kartoffeln und Möhren werden kleine Kügelchen ausgestochen und die Bohnen werden der Abwechslung halber unterschiedlich geschnitten: Länglich, schräg und einfach quer. Dieses Süppchen wird einen filigranen Auftritt hinlegen, der jeden Gast vom Hocker reißt: Garantiert!

Äh, zumindest jeden Gast, der Earl-Grey mag. 🙄 Vorher fragen nicht vergessen! 🤨

  1. Für die Gemüsebrühe Zwiebel halbieren und auf Alufolie dunkelbraun anrösten.
  2. Gemüse grob zerkleinern und mit den Zwiebelhälften und allen Aromaten und Miso-Paste in Wasser köcheln lassen.
  3. Aus Kartoffeln und Möhren kleine Kugeln herausbohren. Gemüsereste in den Fond geben.
  4. Bohnen für drei Varianten unterschiedlich schneiden.
  5. Bohnen blanchieren und kalt abschrecken.
  6. Kartoffel- und Möhrenkugeln ebenfalls blanchieren.
  7. Aus frischem Bohnenkraut und Earl-Grey jeweils einen Tee brauen und nach Geschmack zusammengießen.
  8. Im Tee Safranfäden auflösen.
  9. Gemüsebrühe absieben und mit Eischnee klären. Durch ein Tuch passieren.
  10. Brühe und Tee in einen Topf geben und warmhalten.
  11. Dosierung des Tees erfolgt mit Fingerspitzengefühl.
  12. Einlagen hineingeben und kurz erwärmen.

Für die Gemüsebrühe die Zwiebel halbieren und auf Alufolie in einem Töpfchen dunkelbraun anrösten, das gibt eine schöne Farbe im Fond. Das Gemüse grob zerkleinern und mit den Zwiebelhälften und allen Aromaten einschließlich der Miso-Paste in leicht gesalzenem Wasser köcheln lassen, bis die Gemüse ihre Aromen abgegeben haben. Das dauert bei gemütlicher Hitze maximal eine Stunde.

Aus den Kartoffeln und Möhren mit einem Parisienne-Ausstecher kleine Kugeln herausbohren. Die Gemüsereste in den Fond geben. Die Bohnen für drei Varianten unterschiedlich schneiden: in eher schräge längere Streifen, schräge kürzere Streifen und quer in dünne Scheiben. Das bringt Abwechslung und Spannung in die Suppenschüsselchen. Die Bohnen blanchieren und kalt abschrecken. Sie sollen nicht zerfallen, dürfen aber auch nicht mehr „quietschen“. Kartoffel- und Möhrenkugeln ebenfalls blanchieren.

Während die Brühe köchelt, aus frischem Bohnenkraut und Earl-Grey jeweils einen kräftigen Tee brauen. Die beiden Aromen ergänzen sich sehr gut, müssen jedoch gut austariert sein, damit keines der beiden zu stark in den Vordergrund tritt. Um auf Nummer sicher zu gehen, werden die beiden Tees getrennt aufgegossen und anschließend schluckweise zusammengefügt. So hat man eine gute Kontrolle über das Mischverhältnis. In dem Tee die Safranfäden auflösen.

Die Gemüsebrühe absieben und mit zwei steif geschlagenen Eischnee klären. Durch ein Tuch passieren. Die Brühe und den Tee zusammen in einen Topf geben und warmhalten. Die Dosierung des Tees erfolgt mit Fingerspitzengefühl, entsprechend dem eigenen Geschmack. Man sollte mehrere Kostproben nehmen. Nun die Einlagen hineingeben und kurz erwärmen. Dann in flachen Schalen oder tiefen Tellern servieren, damit man die goldene Brühe und die bunten Einlagen schön sehen kann.

Zum Schluss noch einen „Faden“ Öl darüber träufeln. „Filo d’oro“, der goldene Faden, wie die Italiener es poetisch ausdrücken.

Menge Zutat

 

Der Fond

2

Möhren

1 Stange

Lauch

¼

Knollensellerie

2

Pastinaken (oder Petersilienwurzeln)

1

Zwiebel

1

Tomate

4 bis 6 Streifen

getrocknete Steinpilze

4

getrocknete Tomaten

1 TL

Tomatenmark

1 Prise

Zucker

2 Zacken

Sternanis

2 TL

helle Misopaste (Asiamarkt oder Bio-Laden)

2

Nelken

6 bis 8

Pimentbeeren (angedrückt)

6 bis 8

Pfefferkörner

 

Salz

2

Eier (zum Klären)

 

Der Earl-Grey-Bohnenkraut-Tee (getrennt aufgießen, später nach Gusto mischen)

1 Tasse

Earl-Grey-Tee (kräftig gebrüht)

1 Tasse

Tee aus frischem Bohnenkraut und etwas frischem Majoran (kräftig gebrüht)

 

Die Einlage und das Finish

500 g

flache Stangenbohnen

2 dicke

Möhren

3 bis 4 mitteldicke

Kartoffeln (vorwiegend festkochend)

Eine Messerspitze

Safranfäden

½ TL

Curcuma

Einige Spritzer

Angostura-Bitter (vorsichtig dosiert)

Einige Spritzer

Sherry-Essig

 

Salz

Außerdem

fruchtiges, mildes Olivenöl (zum Beträufeln)

 

Tipp

Anstatt einer Fleischeinlage in der „schicken“ Suppe kann man auch gleichermaßen schicke karamellisierte Schalotten, gefüllt mit Brät, dazu reichen. 

Diese Seite wurde zuletzt am 05.10.2018 um 22:18 Uhr aktualisiert.

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