Blätterteigpastetchen mit Ente in scharfer Erdnussbutter-Sauce

Blätterteigpastetchen mit Ente in scharfer Erdnussbutter-Sauce

22. Januar 2017

Hurra! Ich habe ein neues Kochbuch. Und zwar eines, das sich „von“ schreibt, das man einfach besitzen muss. Auch wenn die Stapel schon stattlich in die Höhe ragen! „Geschmacksgeheimnisse“ von Sternekoch Alexander Herrmann ist innovativ und inspirierend. Intelligent, klar, strukturiert und mutet somit an wie der Koch selber. Er ist trotz Sternerestaurant und langjähriger Karriere als Fernsehkoch und Juror bei großen Shows wie „The Taste“ erfrischend sympathisch und unaufgeregt geblieben. Und nun schreibt er nach den „Küchen IQs“ ein weiteres geniales Buch!

Mit viel Fachwissen und pfiffigen Kniffen werden die verwendeten Lebensmittel in Bestform gebracht. Es geht um verschiedene Garmethoden und ihre Auswirkungen, um Aromenkombinationen, geschmackliche Harmonie aber auch um Texturen und Spannung in einem Gericht. Eine Mischung aus Koch- und Lehrbuch (aber keines mit erhobenem Zeigefinger!), das mich außerordentlich überrascht hat. Man denkt immer, über Kochen und Essen ist schon alles gesagt und geschrieben worden. Seit ich dieses Buch von vorne bis hinten verschlungen habe, weiß ich, dass ich bisher einiges noch nicht wusste. Obwohl ich mich mit meinem Kochwissen nicht verstecken muss. Ich klebe mir bei  neuen Kochbüchern, die ich immer zuerst komplett durchlese, auf meinen Favoritenseiten „Post-its“ ein. Als ich mit diesem Kochbuch durch war, sah es aus wie ein Zettelwald. Ich bin ehrlich von einem „Wow, lecker! Das muss ich nachkochen!“ ins nächste gefallen. Und ich neige nicht zur Überdrehtheit. Im Gegenteil, ich bin von Natur aus eher kritisch, oder sagen wir einmal skeptisch.

Küchengeheimnisse weiter erzählen

Besonders hervorzuheben sind intelligent zusammengestellte Themengruppen. Wie zum Beispiel die Befassung mit „gekneteten“ Salaten. Aus verschiedenen Kohlsorten aber auch aus Fenchel oder Wurzelgemüsen. Köstliche Rohkost-Variationen, die mit fruchtigen Elementen wie zum Beispiel Apfel oder Mango und in „nussiger“ Begleitung modern und anmutig daherkommen. Oder Knaller wie zweimal im Ofen gegarte rote Bete auf Meerrettich-Lassi mit grünem Apfel. Sie schmecken in der Tat komplett anders, als wenn sie auf konventionelle Weise gegart werden. Verblüffend auch, wie man mit Xanthan Vinaigrette geschmeidig binden kann und noch verblüffender der Effekt von Dashi-Fond, mit dem man alle möglichen Speisen geschmacklich zum Explodieren bringen kann. Ein Ansatz für Tomatenessig reift auch schon in meinem Kühlschrank heran!

Würziges vom Markt

Am letzten Wochenende nachgekocht habe ich „Spice-Market-Frikassee“, allerdings erschien mir meine Version mit Ente anstelle von Hühnchen winterlicher. Zur Rezeptidee schreibt Alexander Herrmann:

Dieses Frikassee ist nach einem Restaurant benannt, dem „Spice Market“ in New York. Dort bekam ich 2005 zum ersten Mal geschmortes und gezupftes Keulenfleisch serviert – eine ganz wichtige Inspiration für mich. Seitdem steht es auch bei  mir im Bistro auf der Speisekarte. Welche Aromen in dem original Spice-Market-Frikassee verwendet wurden, weiß ich nicht mehr – diese Rezeptur erinnert mich einfach daran.

Das Besondere an Alexander Herrmanns Vorgehensweise für Frikassee-Fleisch ist, die Geflügelteile mit Knochen und Haut zu verwenden und sie zunächst kräftig anzubraten. Sie dann im Ofen, zusammen mit Wurzelgemüse, Wein und Brühe zu schmoren, bis sie butterzart sind. Bei ihm wird das abgekühlte Fleisch nicht geschnitten, sondern zerzupft. Würfelchen sind meiner Meinung nach aber auch eine Option. Aus dem Bratfond entsteht eine herrliche Sauce, die durch Erdnussbutter noch ein extra an Samtigkeit erhält und durch Chili – wie der Name schon andeutet – eine schöne, jedoch nicht dominierende Schärfe erhält. Abgerundet wird sie mit Orangenfilets, die dem Ganzen noch fruchtige Spritzigkeit verleihen.

Ein Pasteten-„Experiment“

Ich hatte die Idee, das Frikassee ganz „old fashioned“ in Pastetchen zu servieren. Und so stellten wir uns der Herausforderung, selber Blätterteigpastetchen herzustellen. Ich möchte an dieser Stelle betonen, man kann sich dieses Treiben sparen und sich die Pastetchen beim Bäcker des Vertrauens kaufen. Dennoch möchte ich den Leser an dieser amüsanten Episode teilhaben lassen. Der Liebste und ich, wir sind beide nicht gänzlich ungeschickt im Backen, haben dennoch gemeinsam eine Weile an den tückischen Behältnissen herumgewerkelt. Es war unser „erstes Mal“. In den Foren und Clips, die ich mir im Internet darüber angeschaut hatte, hieß es vollmundig, es sei komplett easy. Einfach den Teig ausrollen, Kreise ausstechen, stapeln und backen. Pustekuchen!

Pastetenherstellung

Die ersten sind komplett missraten. Sie sind gewissermaßen explodiert und anschließend wie ein auf einer Sandbank gestrandetes Schiff seitlich umgekippt. Wir mutmaßten, der Ofen sei wohl zu heiß gewesen. Nächster Versuch. Diesmal mit einem Trick: Auf den obersten Ring eines jeden Teilchens wurde mit Eigelb ein zurecht geschnittenes Stückchen Backpapier geklebt. Wir konnten nicht sagen wieso, aber es funktionierte einigermaßen. Möglicherweise, weil sich im Inneren Dampf gebildet hat, der zu einem gleichmäßigeren Hochwachsen beigetragen hat. Zumindest sind die Pasteten nicht gekippt. Schief wurden sie aber doch. Wir haben den Schluss gezogen, dass die unteren Kreise, die als Böden dienten, dünner ausgerollt werden müssten, denn auch diese Böden sind regelrecht aufgepoppt und haben annähernd das Innere der Pasteten ausgefüllt. Einem anderen Vorschlag folgend, hatten wir ein Exemplar probeweise innen mit einem Servierring als Hülse ausgestattet. Umgefallen ist es auch und sah aus wie ein gekentertes Schiff mit Riesenkamin. Außerdem ist der Ring trotz Einfetten kleben geblieben und konnte nur durch Zerstören des Gebildes befreit werden. Die Backpapiermethode mit dem dünneren Ausrollen der einzelnen Lagen hat schließlich zum Erfolg geführt. Auf den Fotos könnt ihr die geschlagene Schlacht verfolgen.

Pastetenherstelleung
Blätterteigpasteten: Titanic oder der schiefe Turm zu Pisa

Wer sich auch einmal an selbstgemachten Pastetchen versuchen möchte, sollte sich für TK-Blätterteig entscheiden. Er ist von der Struktur her stabiler als derjenige aus dem Kühlregal, lässt sich besser verarbeiten und das Gebäck ist stabiler. Zum Vergleich hatten wir uns noch industriell hergestellte Pasteten besorgt. Die sind von Geschmack und Konsistenz aber total abgefallen. Trotz Wahl einer angesehen Marke war die Zutatenliste auf der Packung schockierend. Da war vieles drin, nur keine Butter! Ich empfehle, die Pastetchen in einer guten Bäckerei zu kaufen, am besten vorzubestellen. Außer Mehl, Butter und Salz sollte nicht viel anderes im Blätterteig sein.

Zu den Pastetchen habe ich noch zwei Salate aus dem Buch zubereitet. Einmal den „Salat aus rohgehobeltem und gebratenem Blumenkohl“ mit Orangenfilets und gerösteten Walnüssen. Und einmal den „Bohnensalat mit Tomaten-Vinaigrette“. Beide Salate waren köstlich! Die Pastetchen funktionieren aber auch mit einem knackigen Blattsalat und vertragen, möchte man sie als Hauptgericht servieren, einem duftigen Basmatireis als Beilage. Wer sich für diese Variante entscheidet, hört nach der Zutatentabelle und dem Rezeptteil für das Frikassee einfach auf, weiter zu lesen. Oder liest der Freude halber doch weiter und probiert diese Salate einmal separat!

Spice-Market-Frikassee

  1. Hähnchenkeulen salzen, im Öl rundum, besonders auf der Haut anbraten.
  2. Gemüse putzen und in Stücke schneiden. Zu den Keulen in den Bräter geben und andünsten.
  3. Mit Wein ablöschen und etwas einkochen. Brühe angießen, bis Fleisch und Gemüse bedeckt sind. Lorbeer und Speck dazugeben und erneut aufkochen.
  4. Bräter verschließen und Hähnchenkeulen im Backofen garen.
  5. Keulen aus dem Bräter nehmen und abkühlen lassen. Speck und Lorbeer entfernen.
  6. Schmorsud durch ein Sieb gießen, das Gemüse ausdrücken. Mit Chili, Frühlingszwiebeln, Erdnussbutter und Sahne verrühren, aufkochen und mit Mehlbutter binden.
  7. Orangenfilets und Ingwer unterrühren und abschmecken.
  8. Fleisch in die Sauce geben und ziehen lassen. Zum Schluss Koriandergrün unterheben.

Salat von roh gehobeltem und gebratenem Blumenkohl

  1. Orangenfilets herauslösen und Saft auffangen.
  2. Orangenfilets im Backofen trocknen lassen.
  3. Walnüsse im Backofen rösten und grob zerstoßen.
  4. Blumenkohl in Röschen teilen. Große Röschen in hauchdünne Scheiben hobeln. Kleine Röschen in Butter braten. Salzen und pfeffern.
  5. Vom Schnittlauch Spitzen abschneiden, den Rest in Röllchen schneiden.
  6. Aus den Zutaten, Orangensaft und Schnittlauchröllchen eine Vinaigrette rühren. Über den rohen und gebratenen Blumenkohl geben.
  7. Salat mit Orangenfilets und Walnüssen mischen und mit Schnittlauchspitzen bestreuen.

Bohnensalat mit Tomaten-Vinaigrette

  1. Bohnen waschen und längs in dünne Streifen hobeln. Blanchieren und in Eiswasser abschrecken. Abtropfen lassen.
  2. Bohnenkrautblättchen abzupfen und beiseite stellen.
  3. Bohnenkrautzweige in Olivenöl erwärmen und Aroma ziehen lassen. In ein Sieb gießen und Öl auffangen.
  4. Tomaten pürieren und Saft durch ein Passiertuch oder feines Sieb drücken.
  5. Aus den Zutaten, Tomatensaft, Bohnenkrautöl und –blättchen eine Vinaigrette rühren.
  6. Kirschtomaten überbrühen, häuten, halbieren und zur Vinaigrette geben.
  7. Vinaigrette mit den Bohnen mischen und anrichten.

Spice-Market-Frikassee

Anmerkung: Statt 4 Hähnchenkeulen habe ich 2 Entenkeulen genommen, was die Garzeit etwas verlängert hat.
In einer Einleitung vorneweg wird das Basisrezept für „geschmort & gezupft“ (Alexander Herrmann, Geschmacksgeheimnisse - Seite 134) wie folgt beschrieben:

Hähnchenkeulen salzen, im Öl rundum, besonders auf der Haut, kräftig braun anbraten, damit ordentlich Röststoffe entstehen. Das Gemüse putzen und in Stücke schneiden. Dann zu den Keulen in den Bräter geben und andünsten.
Mit Wein ablöschen und etwas einkochen. So viel Brühe angießen, bis Fleisch und Gemüse gerade eben bedeckt sind. Lorbeer und Speck dazugeben und erneut aufkochen. Den Bräter verschließen und die Hähnchenkeulen im vorgeheizten Backofen bei 180 °C Umluft 30 Minuten garen. Dann die Temperatur auf 140 °C herunterschalten und weitere 30 Minuten garen.
Die Keulen aus dem Bräter nehmen und abkühlen lassen. Speck und Lorbeer entfernen. Den Schmorsud durch ein Sieb gießen, das Gemüse ausdrücken.

…  Nun geht es mit der Rezeptur für „Spice-Market-Frikassee“ (Seite 138) weiter. Die Geflügelkeulen sind bereits fertig!

[...] Den Schmorsud mit Chili, Frühlingszwiebeln, Erdnussbutter und etwas Sahne verrühren, aufkochen und mit der Mehlbutter binden.
Orangenfilets und Ingwer unterrühren und mit Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken. Gezupftes Fleisch in die Sauce geben und 20 Minuten ziehen lassen. Zum Schluss das Koriandergrün unterheben.

Salat von roh gehobeltem und gebratenem Blumenkohl

Orangen so schälen, dass die weiße Haut komplett entfernt wird. Die Filets herauslösen und den Saft dabei auffangen (80 ml). Orangenfilets bei 120 °C Umluft im vorgeheizten Backofen 15 Minuten trocknen lassen.
Walnüsse bei 120 °C im Backofen 10 Minuten rösten und grob zerstoßen. Inzwischen den Blumenkohl in Röschen teilen. Große Röschen in hauchdünne Scheiben hobeln. Kleine Röschen in Butter braten, bis sie Farbe angenommen haben und die Butter leicht gebräunt ist. Salzen und pfeffern.
Vom Schnittlauch 3 cm lange Spitzen abschneiden, den Rest in Röllchen schneiden. Aus den angegebenen Zutaten, dem aufgefangenen Orangensaft und den Schnittlauchröllchen eine Vinaigrette rühren.
Über den rohen und gebratenen Blumenkohl geben. Salat mit Orangenfilets und Walnüssen mischen und mit Schnittlauchspitzen bestreuen.

Anmerkung: Verblüffend ist der Effekt, wenn die Orangenfilets im Backofen leicht getrocknet werden. Sie werden deutlich intensiver vom Geschmack und bekommen eine wunderschöne Konsistenz!

Bohnensalat mit Tomaten-Vinaigrette

Anmerkung: Da ich keine grünen Bohnen im Haus hatte, habe ich stattdessen Erbsenschoten genommen. Unten kommt aber dennoch das Original-Rezept aus dem Buch.

Bohnen waschen und mit einem Sparschäler längs in dünne, spaghettiähnliche Streifen hobeln. In kochendem Salzwasser 1 Minute blanchieren und in Eiswasser abschrecken. Abtropfen lassen.
Die Bohnenkrautzweige in Olivenöl erwärmen und Aroma ziehen lassen. In ein Sieb gießen und das Öl auffangen.
Tomaten pürieren und den Saft durch ein Passiertuch oder feines Sieb drücken.
Aus den angegebenen Zutaten, Tomatensaft, Bohnenkrautöl und –blättchen eine Vinaigrette rühren.
Kirschtomaten überbrühen, häuten, halbieren und zur Vinaigrette geben. Vinaigrette mit den Schneidebohnen mischen und anrichten.

Spice-Market-Frikassée

(Für 6 Portionen)

Menge Zutat
4 Hähnchenkeulen mit Haut (à 250 g), alternativ 2 Entenkeulen
  Meersalz
2 EL Rapsöl
200 g weiße Zwiebeln
200 g Weißes vom Lauch
150 g Knollensellerie
500 ml Weißwein
ca. 800 ml Hühnerbrühe
1 Lorbeerblatt
1 Scheibe durchwachsener Speck
1 bis 2 Chilischoten (entkernt, in Ringe geschnitten)
1 Bund Frühlingszwiebeln (in Ringe geschnitten)
2 bis 3 EL Erdnussbutter
50 bis 100 g Sahne
50 g Mehlbutter
2 Bio-Orangen (Filets)
1 TL Ingwer (fein geschnitten)
  Pfeffer
  Zucker
½ Bund Koriandergrün (gehackt)

Außerdem 6 Blätterteigpastetchen

Salat von roh gehobeltem und gebratenem Blumenkohl

Menge Zutat
2 Orangen
4 EL Walnüsse
1 Blumenkohl
2 bis 3 EL Butter
  Meersalz
  Pfeffer
1 Bund Schnittlauch
 

Für die Vinaigrette

1 Schalotte (10 Sekunden blanchiert, abgetropft)
40 ml helle Sojasauce
3 bis 4 EL Xanthan-Mix (Mix: 500 ml Wasser, 5 g Xanthan)
50 ml Walnussöl
50 ml Rapsöl
  Zucker

Bohnensalat mit Tomaten-Vinaigrette

Menge Zutat
400 g Schneidebohnen
  Meersalz
2 Bohnenkrautzweige (Blättchen abgezupft)
60 ml Olivenöl
12 Kirschtomaten
 

Für die Vinaigrette

2 Tomaten
1 Schalotte (10 Sekunden blanchiert, abgetropft)
40 ml Tomatenessig
40 ml helle Sojasauce
40 ml Rapsöl
3 bis 4 EL Xanthan-Mix (Mix: 500 ml Wasser, 5 ml Xanthan)
  Zucker

Literatur

Titel: Geschmacksgeheimnisse
Autor: Alexander Hermann
Erscheinungsjahr: 2016
Verlag: Dorling Kindersley, München

Diese Seite wurde zuletzt am 10.11.2019 um 18:48 Uhr aktualisiert.

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