Bärlauch-Käsespätzle alla Primavera

4. Mai 2021
Es macht mir Freude, traditionelle Gerichte umzuschreiben, und in diesem Fall grüßt der Frühling zum Abschluss noch einmal mit aller Kraft und Bravour! Eigentlich mag ich Käsespätzle nicht wirklich, weil mir bleischwere Gerichte eher im Magen liegen. Spätzle sind für mich unberechenbar 🙄. Das liegt bereits schon an der Optik der Protagonisten: Spätzle sind unregelmäßig geformt und in der Konsistenz nicht mit Pasta „al dente“ zu vergleichen. Es gibt dünne und dickere Stellen, entsprechend ist das Mundgefühl. Vergleicht man den einen mit dem nächsten Gabelbissen, ist kein Verlass auf ein durchgängiges Ergebnis. Die „geschabten“ Exemplare, fallen je nach handwerklicher Fertigkeit demgemäß deutlich unterschiedlich aus. Die über den Hobel „geschobenen“ Knöpfle aus dem Schlitten fallen pro Exemplar von tropfenförmiger Üppigkeit am Kopf bis hin zu dünner „Spienzigkeit“ am auslaufenden Ende aus. Ich habe es gerne berechenbar: Die Nudel so und so dick, die Kochzeit so und so lange, plus Erfahrungswert. Das Ergebnis soll verlässlich und perfekt sein. Was für mich eben Perfektion so bedeutet 😉. In einem leichten Gericht wie diesem hier kann ich mich jedoch auch für die Schwabennudel erwärmen!
Gedanken über Spatzen und Käse
Dass die Spatzen oder Knöpfe im Original nun noch im Ofen zwischen Käseraspeln und fettigen Zwiebeln nachgaren müssen, macht das Ergebnis nicht unbedingt berechenbarer. Der Käse an sich ist auch eine abzuwägende Variable in meiner kulinarischen Dimension, denn kräftig duftender Bergkäse ist für mich eine sparsam zu verwendende Komponente, die eher zum Parfümieren gedacht ist, als dass sie sich zur Hauptzutat aufschwingt. Vor jedwedem Käsefondue beispielsweise nehme ich Reißaus! Im Graubündner Skiurlaub setzte ich mich eine Nacht lang zwischen Bettkante und Bad kämpferisch damit auseinander und beschloss, dass wir keine Freunde werden würden. Einige Würfel Bergkäse ja, kräftiges Brot dazu auch, etwas Pickles gerne, am Morgen einen „Schümli“, abends gerne einen „Chrüter“ zum Besänftigen, so soll es mir recht sein in der Dosage. Alles andere ist mir zu viel!

Abschiedsessen
Der Liebste steht auf „Kässpatzen“. Was kein Wunder ist, denn er liebt Spätzle, Röstzwiebeln und geschmolzenen Käse! Also wollte ich uns am ersten Mai-Wochenende beide gleichermaßen beglücken und ersann mir dieses besondere Käse-Spätzle-Gericht auf leichte Art. Der Frühling verabschiedet sich nun in Richtung Sommer, nicht ohne noch einmal mit dem einen oder anderen Blättchen Bärlauch zu winken. Reichlich haben wir ihn genossen, wie jedes Jahr. Einige Gläschen Pesto werden noch überdauern, die letzten Blättchen mixe ich mit Eiern und mache Spätzle daraus. Wie oben beschrieben mag ich keine Knöpfle, und des Schabens vom Brett bin ich nicht mächtig. Das Üben lohnt sich nicht, denn ich werde es mit keiner Daueranwendung oder Meisterschaft aufnehmen.
Meine Kartoffelpresse allerdings hat einen Einsatz, der es mir erlaubt, relativ gleichmäßig dünne Nudelwürmchen zu erzeugen. Direkt ins gesalzene, knapp siedende Wasser werden sie gepresst, indem man das Gerät über dem Wasserbad beherzt nach oben schwenkt und dann einen abrupten Stopp einlegt. So entstehen vorzeigbare Spätzlefäden.
Fantasie schießt ins Buchsbaum-Kraut
Meine Fantasie griff sich nun Raum, als ich die raupenartigen, leuchtend grünen Gebilde sah. Geschockt entdeckte ich des Morgens auf dem Balkon die ersten Zünsler an meinen geliebten Buchsbäumen herumturnen. Wer sie nicht kennt, bleibt von meinem ausschweifenden Vergleich unbehelligt. Wer sie kennt und verabscheut, wird den Gedanken, sie abzukochen, nachvollziehen können. Unappetitlich sind Anblick und Gedanke jedoch unbedingt 🤮! Jedes Ding des Universums mag seinen Sinn haben. Den Zünslern habe ich noch keinen zuordnen können. Bis es mir dämmert, verdränge ich Gedanken an ihn, helfe meinen geliebten Bäumchen und widme mich konzentriert den Käse-Spätzlen.

Meine Bärlauchspätzle punkten zunächst durch ihr blendend-leuchtendes Erscheinungsbild. Zudem schmecken sie hervorragend, und das Allerbeste: Sie lassen sich einfrieren, so dass man den sich zur Neige gehenden Frühling noch einige Zeit bewahren kann. Knusprig frittierte Zwiebelringe gehören, wie beim Original, unbedingt dazu, bei mir allerdings nicht ausufernd untergearbeitet, sondern als Topping eingesetzt. Von Spätzle, Käse und Zwiebel nehme ich nicht zu viel, sondern setze auf köstliche Leichtigkeit. Samtener Spargel verleiht eine neue Dimension, die durch in Nussbutter gebräunte Mandeln auf die Spitze getrieben wird. Das Spargelgemüse belastet nicht und lässt dem Magen noch etwas Platz zum Durchatmen! Süßsaure Radieschen-Frühlingslauch-Salsa bringt Knackigkeit und Erfrischung und regt zudem die Verdauung an! Eine herrliche Kombination, von der ich nicht genug bekommen kann. Nachdem der Liebste zum Nachfassen pilgert, während mich so langsam der Sandmann abholt, denke ich, ich habe seinen Geschmack getroffen. Am Magenbitter hat er sich, wenn ich es am nächsten Morgen recht sehe, jedenfalls nicht bedient! 😉
- Eier, Kräuter und Wasser in einen Mixbecher geben. Gut aufmixen. Salzen, pfeffern, Muskat würzen.
- Masse in eine flache Schüssel geben und Mehl unterschlagen. Ruhen lassen, dann nochmals aufschlagen.
- Masse mittels einer Presse in leicht siedendes, Wasser drücken. Ziehen lassen, dann herausheben und in kaltes Wasser geben.
- Vor dem Servieren Spätzle mit etwas Wasser erhitzen, Butter und Käse unterheben.
- Spargel schälen, Spitzen schräg abschneiden. In gesalzenem und gezuckertem Wasser mit Butter und Zitrone garen, abgießen.
- Radieschen in Stifte schneiden. Frühlingslauch in feine Scheiben schneiden.
- Radieschen und Frühlingslauch mit Dressing vermischen, kühlen.
- Vor dem Servieren das Grüne vom Frühlingslauch unterheben.
- Zwiebeln schälen und in feine Scheiben hobeln. In Mehl und Paprikapulver wälzen, kräftig abklopfen.
- Einmal frittieren, auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Erneut frittieren, bis die Zwiebelringe gebräunt und knusprig sind.
- Abtropfen lassen, erst vor dem Servieren salzen!
- Mandelblättchen in Butter bräunen lassen. Warm halten.
Eier, grob gehackte Kräuter und einen kleinen Schuss Wasser in einen Mixbecher geben. Gut aufmixen, bis eine leuchtend grüne Masse entstanden ist. Salzen, pfeffern und mit Muskat würzen. In eine flache Schüssel geben und so lange das Mehl mit Hilfe eines Rührlöffels unterschlagen, bis eine zähe, glänzende Masse entsteht, die Blasen wirft. Ca. 20 Minuten ruhen lassen, dann nochmals aufschlagen.
Mit einem geeigneten Hilfsgerät, z. B. einer Kartoffelpresse mit Spätzle-Einsatz die Masse portionsweise in leicht siedendes, kräftig gesalzenes Wasser drücken. Wenn die Spätzle aufsteigen, noch eine Minute ziehen lassen, dann mit dem Schaumlöffel herausheben und in ebenfalls kräftig gesalzenes kaltes Wasser geben. Das Salz bewirkt, dass sie nicht auslaugen. Nach und nach so verfahren, bis der Teig aufgebraucht ist. Zwei Portionen lassen sich locker in zwei Arbeitsschritten herstellen. Vor dem Servieren Spätzle mit einigen Esslöffeln gesalzenem Wasser vorsichtig erhitzen, einen Stich Butter und Käse unterheben, und das Ganze wenden, bis es appetitliche Fäden zieht. Etwas von dem Parmesan zum Bestreuen zurückbehalten.
Den Spargel schälen, Spitzen schräg abschneiden. Restliche Stangen in zwei bis drei Abschnitte teilen. Spargel in gesalzenem und gezuckertem Wasser mit etwas Butter und zwei Scheiben Zitrone nach Gusto garen, abgießen. Sud und Stücke von den Stangen für ein Ragout oder eine Suppe aufbewahren. Köpfe später in ein wenig Fond Temperatur nehmen lassen. Zum Anrichten kreisförmig um die Spätzle anlegen (s. u.).
Radieschen in feine Scheiben, dann in Stifte schneiden. Das Helle vom Frühlingslauch in feine Scheiben schneiden. Die dünnen Stellen vom Grünen ebenfalls fein schneiden und für später zurückbehalten. Radieschen und Frühlingslauch mit Dressing vermischen, kühlen. Vor dem Servieren das Grüne vom Frühlingslauch unterheben.
Zwiebeln schälen und in feine Scheiben hobeln. In Mehl und Paprikapulver wälzen, kräftig abklopfen. In ca. 170 °C heißen Öl mitsamt Butterschmalz einmal frittieren, bis die Ringe goldbraun sind. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Nach ca. 10 Minuten erneut frittieren, bis die Zwiebelringe gebräunt und sehr knusprig sind. Abtropfen lassen, erst vor dem Servieren salzen!
Mandelblättchen bei moderater Hitze in der Butter bräunen lassen. Warm halten. Später als Topping mit der Butter über den Spargel geben.
Zum Anrichten die Käsespätzle mittig auf den Tellern verteilen. Spargelköpfe kreisförmig anlegen. Etwas geriebenen Parmesan darüber streuen. Röstzwiebeln in die Mitte platzieren. Salsa zwischen den Spargel setzen. Geröstete Mandeln mit der Butter dazwischen in Position bringen. Zwiebeltürmchen mit Thymian, gegebenenfalls Thymianblüten oder anderen jahreszeitlichen Blüten garnieren.
(Zutaten für 2 Portionen)
Menge | Zutat |
---|---|
2 |
Eier |
100 g |
Dinkelmehl (fein gemahlen) |
1 Hand voll |
Bärlauch |
6 bis 8 Stiele |
glatte Petersilie |
1 kleiner Schuss |
Wasser |
|
Salz, Pfeffer, Muskat |
1 Bund |
weißer Spargel |
1 EL |
Butter |
1 |
Bio-Zitrone (2 Scheiben) |
|
Salz, Zucker |
8 große |
Radieschen |
4 Stiele |
Frühlingslauch |
4 EL Dressing |
Honig, Essig, etwas Senf, Öl, Salz und Pfeffer |
4 EL |
geriebener Käse (z. B. Emmentaler) |
2 EL |
geriebenen Parmesan |
1 |
weiße Zwiebel |
1 |
rote Zwiebel |
1 EL |
Mehl |
1 TL |
Paprika edelsüß |
1 Tasse |
Frittieröl (z. B. Erdnussöl) |
1 EL |
Butterschmalz |
4 EL |
Mandelblättchen |
2 EL |
Butter |