Bouillabaisse

Bouillabaisse

12. April 2017

Länder mit Küsten haben Rezepturen für Fischsuppe. Seit Generationen gibt man die Rezepte weiter. Neben Fisch und Meeresfrüchten ist immer auch Gemüse im Spiel. Es gibt die traditionelle Suppe gebunden oder klar, als Vorspeise oder Hauptgericht. Die Franzosen lieben ihre „Bouillabaisse“ mit würziger „Rouille“. In München habe ich eine etwas ausgezehrte Variante kennen gelernt. Mag sein, dass sie wegen der fernen Küste schwächelte!

Der Name „Bouillabaisse“ klingt für mich vielversprechend. Ich sehe Südfrankreich vor mir, die Provence, Marseille, das als Wiege der Fischsuppe gilt. Blaues Meer, blauer Himmel, Schiffe mit blütenweißen Segeln. Ich sehe mich in einem Hafenrestaurant sitzen, ein Glas Pastis vor mir. Es duftet nach Fisch, Tang und Salzwasser. Überall sind fröhliche Menschen. Laut, gestikulierend, gut gelaunt und braun gebrannt. Das Leben pulsiert. Auch in der bayerischen Landeshauptstadt pulsiert das Leben, allerdings auf seine eigene Art. So richtig locker geht es da nicht zu, obwohl man sich allenthalben überbordend grüßt und das Busserln beinahe wie ein Volkssport daherkommt. Die Münchner muten bisweilen standesbewusst bis krampfig an. Zur Schau getragene „Krachlederne“ zeigen, wer dazugehört! „Schuhbecks Fischsuppe“ haben wir unter weiß-blauer Flagge verspeist. Busserl gab es reichlich dazu, nicht für uns, sondern für die „Klientel“ auf dem Platzl. Röstbrot und Rouille gab es auch nicht. Die Fischsuppe hieß wohl nicht „Bouillabaisse“, weil sie keine Bouillabaisse war!

Fischladen am Viktualienmarkt

Von Beizen und Platzlhirschen

In München verweilten wir schon des Öfteren. Neben den vielen Spitzenrestaurants und dem kultigen „Tantris“ haben es mir die Brauereigaststätten angetan, gleichsam als Kontrastprogramm. Gemütlich und pittoresk ist das „Augustiner Braustübchen“, rummelig und weitläufig das „Hofbräuhaus“. Genau nach meinem Geschmack ist „Der Pschorr“: hell, weitläufig, gediegen, modern. Jedes dieser vielen Gasthäuser hat seinen eigenen Charme. Lebhaftes Treiben herrscht dort schon am Vormittag, denn schließlich müssen „Weißwurscht und Brezn“ ja irgendwie hinuntergespült werden. Von allein rutscht es nicht! Beileibe, ein Cappuccino dazu würde einfach nicht passen! Eine „Maß“ geht also in Ordnung. Vielleicht geht es in München deswegen insgesamt so unaufgeregt zu. Mich allerdings, würde der Liter Gebrautes am Morgen aus der Fasson bringen 🙄.

Bis dahin war ich noch nicht in einem von Alfons Schuhbecks Restaurants. Weil mich die Kritiken zu „Fine Dining im Boettners“ und den „Südtiroler Stuben“ nicht überzeugt hatten, hatte ich uns einen Tisch im „Orlando“ geordert. Da müsste man nicht gleich so viel Geld anlegen! Es gibt ja durchaus Sternehäuser, die „nebenan“, im Zweitrestaurant, eine eher Massen verträgliche doch sehr gute Küche präsentieren. Ich habe mich immer gefragt, wie denn die Konzepte definiert wurden, denn ich bin nicht nur leidenschaftliche Köchin, sondern auch ausgebildete Betriebswirtin, die es mit den Rätseln und Windungen der Kalkulationen hat. Zu gerne wüsste ich, warum so manches Konzept aufgeht und andere wiederum nicht. Ein solides Management gehört nicht zu den Disziplinen der Magie, so viel ist sicher!

Nun also machten wir uns auf Richtung „Platzl“, wo Schuhbeck inzwischen ein kleines Imperium aufgebaut hat. Nicht nur in verschiedenen Ebenen der Kulinarik essen kann der Kunde von hier und aus aller Welt. Er kann auch Eis goutieren oder Gewürze, Tee und Ingwerwasser in Flaschen erstehen. Wir standen schließlich dem altehrwürdigen Orlandohaus gegenüber. Schon von weitem sah man das Strahlen der riesigen Lüster im Inneren des Restaurants. Ich war gespannt. Das Erscheinungsbild des „Orlando“ ist pompös. Pracht, der Üppigkeit vergangener Zeit nachempfunden, wird in fast schon überbordender Fülle zelebriert. Es gibt reichlich Stuck, Marmor und Gold, dazu feudale Blumenarrangements. Hier folgte das Konzept der Raumausstattung eindeutig einem abgewandelten Stil des „Barock“. Ich glaube sogar, dass der Hausherr selbst bei der Herrichtung nicht untätig war, denn man weiß, dass er es „opulent“ liebt. Er selbst spricht von „Palazzo-Atmosphäre“ im „Orlando“. Für meinen Geschmack war das Ambiente allerdings „vui zvui“, also zu viel der Opulenz!

Restaurant Orlando, München
Schuhbecks Orlando

Zwar hatte ich nicht die naive Vorstellung, der viel beschäftige Fernsehkoch sei noch in einer seiner Küchen zu finden, denn die diversen Betriebe am „Platzl“ und die vielen Auftritte in Medien und Öffentlichkeit fordern auf jeden Fall reichlich Präsenz. Ich hatte gehört, dass der „Meister“ sich gerne dennoch persönlich vor Ort sehen lässt. Und so war es in diesem Fall! In makellos weißer Kochjacke durchquerte er ruhig und selbstbewusst, freundlich grüßend, das Lokal. Kurz nur war der Auftritt, denn umgehend entschwand er und „schritt“ quer übers „Platzl“, hinüber zu seinen gehobenen Restaurants. Dort findet sich die zahlungskräftige Klientel ein, und es gibt Gäste, die gebührend zu begrüßen sind. Unbehelligt kam der angesehene Koch allerdings nicht auf die andere Seite. Ein paar Fotos, ein paar Selfies, ein paar „Bussl“ mussten sein. Geduldig und freundlich lächelte Schuhbeck – sich seiner Prominenz bewusst – das Kameralächeln, das lange geübt ist, und stets korrekt sitzt. Ich fragte mich, ob er wohl so ein „bisserl brotzert“ ist. Das ist „boarisch“ und meint: ein wenig eitel 😉.

Eine körperlose Fischsuppe

Gespeist habe ich „Schuhbecks Fischsuppe“, die „nett“ war. Um es ernüchternd mit Worten auszudrücken, die er gerne in den Mund nimmt: „Da fehlt der Körper, die Persönlichkeit. Da fehlt Kraft!“ Ich könnte es nicht besser beschreiben. Die Suppe bewegte sich in dieser auf Sicherheit ausgerichteten kulinarischen Mitte, wo niemand richtig glücklich, aber auch nicht richtig unglücklich ist. Geschäftig im Sinne von geschäftstüchtig geht es im „Orlando“ zu. Das Essen ist in Ordnung, aber nicht mehr. Die Bedienung flott, aber unpersönlich. Das Gesamtambiente vermittelt den Eindruck einer Kulisse, die bespielt wird, um Gäste mit mäßigem kulinarischem Anspruch und wenig Muße zügig durchzuschleusen. Das Konzept mag in sich schlüssig sein, denn Schuhbecks Gastronomie ist das, was man als „breit aufgestellt“ bezeichnet. Ich scheue mich fast, das Wort „lieblos“ in den Mund zu nehmen, und sage daher, dass ich schon sehr viele, weitaus bessere Fischsuppen gegessen habe! Meine eigene Bouillabaisse gehört dazu!

Die Fischsuppe

  1. Algen und getrocknete Pilze 30 Minuten einweichen.
  2. Schalotten und Gemüse schneiden. Anbraten und karamellisieren.
  3. Mit Wein und Pastis ablöschen. Einreduzieren.
  4. Mit Brühe aufgießen. Gewürze und Kräuter hinzufügen. 30 Minuten köcheln.
  5. Champignons und Vanille hinzufügen. Weitere 30 Minuten köcheln.
  6. Fisch und Garnelen anbraten, in Brühe garziehen lassen. Muscheln in Brühe garen.
  7. Feste Bestandteile auf vorgewärmte Teller geben, am Tisch mit heißer Brühe aufgießen.

Die Rouille

  1. Paprika in Streifen schneiden und weich dünsten.
  2. Kartoffeln weichkochen, ausdünsten lassen, durch die Presse drücken.
  3. Alle Zutaten für die Mayonnaise cremig aufmixen.
  4. Kartoffeln einarbeiten. Würzen. Kaltstellen.
Diese Bouillabaisse hat den besonderen Geschmackstiefgang. Doppelte Gemüsebrühe schenkt Kraft. Algen bringen mehr Meer ins Spiel und Parmesan-Rinde und Pilze sorgen für „Umami“. Orange, Vanille und Piment d’Espelette verleihen ihr Raffinesse!

Die Fischsuppe

Algen und getrocknete Pilze eine halbe Stunde in lauwarmem Wasser einweichen. Das Einweichwasser der Algen zwischendurch einmal wechseln. Das Algenwasser wegschütten, das Einweichwasser der Pilze mit verwenden. Algen zu einem Bündel binden. Schalotten in feine Würfelchen schneiden. Lauch der Länge nach halbieren. Das Grün entfernen, übrige Stange in Ringe schneiden. Stangensellerie, Knollensellerie und Möhren in gleichmäßige, nicht zu kleine Stücke schneiden. Fenchel achteln und in Segmente schneiden. Schalotten und Gemüse im Olivenöl anschwitzen, leicht zuckern und mit dem Tomatenmark karamellisieren. Mit dem Pastis ablöschen, kurz einkochen. Mit Weißwein ablöschen und auf ein Drittel reduzieren. Knoblauch sehr fein schneiden. Knoblauch, Tomaten, Lorbeerblätter, Pfeffersäckchen, Algen, Thymianbündel, Parmesanrinde und eingeweichte Pilze hinzufügen. Mit der Gemüsebrühe auffüllen. Unbedingt Brühe statt Wasser verwenden, so wird der Geschmack der Suppe sehr intensiv! Nun alles 1 Stunde auf kleiner Flamme simmern lassen, den Topfdeckel leicht geöffnet. Nach 30 Minuten Champignons, Safran und die halbe Vanillestange dazu geben.

Lorbeerblätter, Thymian, Algen und Pfeffersäckchen entfernen. Vanillestange entfernen, abwaschen, trocknen lassen, weiterverwenden. Mit Piment d’Espelette und evtl. Salz abschmecken. Vor dem Servieren Orangenschale hineinreiben. Wer den Anisgeschmack mag, parfümiert zum Schluss noch mit einem Spritzer Pastis.

Tipp: Weil ich keinen zu starken Fischgeschmack in der Suppe mag, verwende ich Gemüsebrühe. Wer es jedoch kräftiger liebt, der nimmt einen Fischfond!

Den Fisch langsam im Kühlschrank auftauen. In noch leicht gefrorenem Zustand in mundgerechte Stücke schneiden. Auf Küchenkrepp zu Ende auftauen. Kurz vor dem Servieren in etwas Olivenöl angehen lassen. Mit Chilisalz würzen und in etwas von der Brühe durchziehen lassen und warmhalten. Währenddessen die Miesmuscheln nach Packungsanweisung garen. Die Garnelen mit heißem Wasser überbrühen, 1 Minute ziehen lassen, über einem Sieb abgießen. Auf Küchenkrepp abtrocknen und in Olivenöl anbraten. Fisch und Garnelen sollen innen noch glasig sein. Fisch, Garnelen, Muscheln und Gemüse mit einem Schaumlöffel in vorgewärmten tiefen Tellern anrichten und mit etwas Fenchelgrün garnieren. Einen Teil von der heißen Brühe in ein Kännchen abpassieren und beim Servieren direkt am Tisch angießen.

Die Rouille

Für die Rouille die Paprika vierteln, entkernen, schälen, in Streifen schneiden und in ganz wenig Olivenöl weich dünsten, salzen. Die ausgedampften Kartoffeln durch die Kartoffelpresse drücken. Chilischoten, Knoblauch, etwas Salz, aufgelösten Safran, Ei, Senf und die Öle in einen Mixbecher geben und eine Mayonnaise hochziehen. Die Kartoffel und einige EL Gemüsebrühe nach und nach unterarbeiten. Etwas Abrieb von Orange und Zitrone hinzugeben. Bis zur Verwendung kalt aufbewahren.

(Für 8 bis 10 Portionen)

Die Fischsuppe

Menge Zutat

2

Kabeljaufilets

2

Seelachsfilets

2

Zanderfilets (ohne Haut)

½ Packung

Miesmuscheln oder gemischte Muscheln (TK)

½ Packung

Garnelen (TK)

2 große

Schalotten

1 Stange

Lauch

4 Stiele

Stangensellerie

½

Knollensellerie

4 mittelgroße

Möhren

2 mittelgroße

Fenchel

2 EL

Tomatenmark

4 EL

Olivenöl

8 cl

Pastis

150 ml

trockener Weißwein

1 Dose

stückige Tomaten

2,5 l

Gemüsebrühe

200 g

Steinchampignons

2

Knoblauchzehen

1 Hand voll

getrocknete Algen (z. B. Wakame)

1 Hand voll

getrocknete Pilze

1 Stück

Parmesanrinde

½ Döschen

Safranfäden (gemörsert, in Wasser aufgelöst)

4

frische Lorbeerblätter

2 EL

schwarze Pfefferkörner (in einem Teebeutel)

½

Vanillestange

10 Stiele

Thymian (zusammengebunden)

1

Bio-Orange

 

Piment d’Espelette, Salz

Die Rouille

Menge Zutat

150 g

Kartoffeln (geschält, gewürfelt, gegart)

1

rote Paprika

2

Knoblauchzehen (fein gewürfelt)

1

Chilischote (ohne Kerne, fein gewürfelt)

75 ml

mildes Olivenöl

75 ml

Rapsöl

1

Ei

2 TL

Dijonsenf

1

Bio-Orange

1

Bio-Zitrone

½ Döschen

Safranfäden (gemörsert, in Wasser aufgelöst)

 

Café de Paris-Gewürz (nach Geschmack)

 

Chilisalz

Diese Seite wurde zuletzt am 22.08.2021 um 14:08 Uhr aktualisiert.

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